Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



den sie in ihrer Gewalt hat, zum Himmel auf;
wie die armen und unglücklichen Catalonier bey
einer Gelegenheit, welche der ärgsten unter mei-
nen Handlungen nichts nachgiebt, den Frie-
densvertrag mit den Engländern in die Höhe
hielten.

Sie schien im Begriff, vom Himmel Rache
über mich zu rufen: als zu gutem Glück der
Gott der Ruhe, aus Mitleiden gegen ihren zit-
ternden Lovelace, seinen Stab über ihre halb über-
schwemmte Augen bewegte, und die kläglich aus-
rufende Schöne zum Schlafen brachte, ehe sie
mit ihrem vorgesetzten Fluch halb fertig werden
konnte.

Du wirst leicht aus dem, was ich geschrie-
ben habe, muthmaßen, daß ein wenig Kunst ge-
brauchet ist. Es ist aber in einer edlen Absicht
geschehen; wo du mir dieß Wort bey einer sol-
chen Gelegenheit erlauben willst: in der Absicht,
daß die allzu lebhafte Empfindung geschwächet
werden möchte, welche sie, der Wahrscheinlichkeit
nach, von dem, was sie leiden sollte, haben wür-
de. Jch habe sonst niemals eine solche List nö-
thig gefunden, und hätte auch itzo nicht daran
gedacht, wenn Frau Sinclair mir nicht den Vor-
schlag gethan hätte. Dieser habe ich die Besor-
gung überlassen. Aber ich habe seit der Zeit
nichts gethan, als beständig auf sie geflucht, wenn
die ungebührliche Menge des ihr beygebrachten
Mittels ihren schönen Verstand auf ewig bene-
belt haben sollte.

Daher
Fünfter Theil. Q q



den ſie in ihrer Gewalt hat, zum Himmel auf;
wie die armen und ungluͤcklichen Catalonier bey
einer Gelegenheit, welche der aͤrgſten unter mei-
nen Handlungen nichts nachgiebt, den Frie-
densvertrag mit den Englaͤndern in die Hoͤhe
hielten.

Sie ſchien im Begriff, vom Himmel Rache
uͤber mich zu rufen: als zu gutem Gluͤck der
Gott der Ruhe, aus Mitleiden gegen ihren zit-
ternden Lovelace, ſeinen Stab uͤber ihre halb uͤber-
ſchwemmte Augen bewegte, und die klaͤglich aus-
rufende Schoͤne zum Schlafen brachte, ehe ſie
mit ihrem vorgeſetzten Fluch halb fertig werden
konnte.

Du wirſt leicht aus dem, was ich geſchrie-
ben habe, muthmaßen, daß ein wenig Kunſt ge-
brauchet iſt. Es iſt aber in einer edlen Abſicht
geſchehen; wo du mir dieß Wort bey einer ſol-
chen Gelegenheit erlauben willſt: in der Abſicht,
daß die allzu lebhafte Empfindung geſchwaͤchet
werden moͤchte, welche ſie, der Wahrſcheinlichkeit
nach, von dem, was ſie leiden ſollte, haben wuͤr-
de. Jch habe ſonſt niemals eine ſolche Liſt noͤ-
thig gefunden, und haͤtte auch itzo nicht daran
gedacht, wenn Frau Sinclair mir nicht den Vor-
ſchlag gethan haͤtte. Dieſer habe ich die Beſor-
gung uͤberlaſſen. Aber ich habe ſeit der Zeit
nichts gethan, als beſtaͤndig auf ſie geflucht, wenn
die ungebuͤhrliche Menge des ihr beygebrachten
Mittels ihren ſchoͤnen Verſtand auf ewig bene-
belt haben ſollte.

Daher
Fuͤnfter Theil. Q q
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0615" n="609"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
den &#x017F;ie in ihrer Gewalt hat, zum Himmel auf;<lb/>
wie die armen und unglu&#x0364;cklichen Catalonier bey<lb/>
einer Gelegenheit, welche der a&#x0364;rg&#x017F;ten unter mei-<lb/>
nen Handlungen nichts nachgiebt, den Frie-<lb/>
densvertrag mit den Engla&#x0364;ndern in die Ho&#x0364;he<lb/>
hielten.</p><lb/>
          <p>Sie &#x017F;chien im Begriff, vom Himmel Rache<lb/>
u&#x0364;ber mich zu rufen: als zu gutem Glu&#x0364;ck der<lb/>
Gott der Ruhe, aus Mitleiden gegen ihren zit-<lb/>
ternden Lovelace, &#x017F;einen Stab u&#x0364;ber ihre halb u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;chwemmte Augen bewegte, und die kla&#x0364;glich aus-<lb/>
rufende Scho&#x0364;ne zum Schlafen brachte, ehe &#x017F;ie<lb/>
mit ihrem vorge&#x017F;etzten Fluch halb fertig werden<lb/>
konnte.</p><lb/>
          <p>Du wir&#x017F;t leicht aus dem, was ich ge&#x017F;chrie-<lb/>
ben habe, muthmaßen, daß ein <hi rendition="#fr">wenig</hi> Kun&#x017F;t ge-<lb/>
brauchet i&#x017F;t. Es i&#x017F;t aber in einer <hi rendition="#fr">edlen</hi> Ab&#x017F;icht<lb/>
ge&#x017F;chehen; wo du mir dieß Wort bey einer &#x017F;ol-<lb/>
chen Gelegenheit erlauben will&#x017F;t: in der Ab&#x017F;icht,<lb/>
daß die allzu lebhafte Empfindung ge&#x017F;chwa&#x0364;chet<lb/>
werden mo&#x0364;chte, welche &#x017F;ie, der Wahr&#x017F;cheinlichkeit<lb/>
nach, von dem, was &#x017F;ie leiden &#x017F;ollte, haben wu&#x0364;r-<lb/>
de. Jch habe &#x017F;on&#x017F;t niemals eine &#x017F;olche Li&#x017F;t no&#x0364;-<lb/>
thig gefunden, und ha&#x0364;tte auch itzo nicht daran<lb/>
gedacht, wenn Frau Sinclair mir nicht den Vor-<lb/>
&#x017F;chlag gethan ha&#x0364;tte. Die&#x017F;er habe ich die Be&#x017F;or-<lb/>
gung u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en. Aber ich habe &#x017F;eit der Zeit<lb/>
nichts gethan, als be&#x017F;ta&#x0364;ndig auf &#x017F;ie geflucht, wenn<lb/>
die ungebu&#x0364;hrliche Menge des ihr beygebrachten<lb/>
Mittels ihren &#x017F;cho&#x0364;nen Ver&#x017F;tand auf ewig bene-<lb/>
belt haben &#x017F;ollte.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Fu&#x0364;nfter Theil.</hi> Q q</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Daher</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[609/0615] den ſie in ihrer Gewalt hat, zum Himmel auf; wie die armen und ungluͤcklichen Catalonier bey einer Gelegenheit, welche der aͤrgſten unter mei- nen Handlungen nichts nachgiebt, den Frie- densvertrag mit den Englaͤndern in die Hoͤhe hielten. Sie ſchien im Begriff, vom Himmel Rache uͤber mich zu rufen: als zu gutem Gluͤck der Gott der Ruhe, aus Mitleiden gegen ihren zit- ternden Lovelace, ſeinen Stab uͤber ihre halb uͤber- ſchwemmte Augen bewegte, und die klaͤglich aus- rufende Schoͤne zum Schlafen brachte, ehe ſie mit ihrem vorgeſetzten Fluch halb fertig werden konnte. Du wirſt leicht aus dem, was ich geſchrie- ben habe, muthmaßen, daß ein wenig Kunſt ge- brauchet iſt. Es iſt aber in einer edlen Abſicht geſchehen; wo du mir dieß Wort bey einer ſol- chen Gelegenheit erlauben willſt: in der Abſicht, daß die allzu lebhafte Empfindung geſchwaͤchet werden moͤchte, welche ſie, der Wahrſcheinlichkeit nach, von dem, was ſie leiden ſollte, haben wuͤr- de. Jch habe ſonſt niemals eine ſolche Liſt noͤ- thig gefunden, und haͤtte auch itzo nicht daran gedacht, wenn Frau Sinclair mir nicht den Vor- ſchlag gethan haͤtte. Dieſer habe ich die Beſor- gung uͤberlaſſen. Aber ich habe ſeit der Zeit nichts gethan, als beſtaͤndig auf ſie geflucht, wenn die ungebuͤhrliche Menge des ihr beygebrachten Mittels ihren ſchoͤnen Verſtand auf ewig bene- belt haben ſollte. Daher Fuͤnfter Theil. Q q

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/615
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 609. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/615>, abgerufen am 27.11.2024.