Jch besorgte, sie möchte in Ohnmacht fallen, und sagte daher der Fr. Sinclair mit einem un- willigen Blick, daß diese Zimmer mir gehörten, und ich also nicht absehen könnte, was sie haben wollte, wenn sie horchte, was zwischen mir und meiner Gemahlinn vorginge, oder gar ungebeten herein käme; noch viel weniger aber, warum sie sich ein so gewaltiges und heftiges Ansehen gäbe.
Man kann mir wohl einen Vorwurf daraus machen, daß ich es gelitten habe, daß sie sich der- gleichen Ansehen gäbe: allein sie kam wenigstens ohne mein Geheiß herein.
Das alte Weib warf sich in einen Stuhl und fing an zu heulen und zu schreyen, daß ihr die Wangen davon aufliefen. Unterdessen, da ich sie zufrieden sprach und die Fräulein mit ihr wie- der auszusöhnen suchte, verlief die Zeit so, daß es nicht weit von ein Uhr war.
Auf die Art wurden ihr theils durch Schre- cken, theils durch die späte Zeit, theils durch das, was hierauf erfolgte, die Gedanken benommen, zu der Fr. Leeson, oder irgend sonst wohin, zu geben.
Der
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Jch beſorgte, ſie moͤchte in Ohnmacht fallen, und ſagte daher der Fr. Sinclair mit einem un- willigen Blick, daß dieſe Zimmer mir gehoͤrten, und ich alſo nicht abſehen koͤnnte, was ſie haben wollte, wenn ſie horchte, was zwiſchen mir und meiner Gemahlinn vorginge, oder gar ungebeten herein kaͤme; noch viel weniger aber, warum ſie ſich ein ſo gewaltiges und heftiges Anſehen gaͤbe.
Man kann mir wohl einen Vorwurf daraus machen, daß ich es gelitten habe, daß ſie ſich der- gleichen Anſehen gaͤbe: allein ſie kam wenigſtens ohne mein Geheiß herein.
Das alte Weib warf ſich in einen Stuhl und fing an zu heulen und zu ſchreyen, daß ihr die Wangen davon aufliefen. Unterdeſſen, da ich ſie zufrieden ſprach und die Fraͤulein mit ihr wie- der auszuſoͤhnen ſuchte, verlief die Zeit ſo, daß es nicht weit von ein Uhr war.
Auf die Art wurden ihr theils durch Schre- cken, theils durch die ſpaͤte Zeit, theils durch das, was hierauf erfolgte, die Gedanken benommen, zu der Fr. Leeſon, oder irgend ſonſt wohin, zu geben.
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Jch beſorgte, ſie moͤchte in Ohnmacht fallen,
und ſagte daher der Fr. Sinclair mit einem un-
willigen Blick, daß dieſe Zimmer mir gehoͤrten,
und ich alſo nicht abſehen koͤnnte, was ſie haben
wollte, wenn ſie horchte, was zwiſchen mir und
meiner Gemahlinn vorginge, oder gar ungebeten
herein kaͤme; noch viel weniger aber, warum ſie
ſich ein ſo gewaltiges und heftiges Anſehen
gaͤbe.
Man kann mir wohl einen Vorwurf daraus
machen, daß ich es gelitten habe, daß ſie ſich der-
gleichen Anſehen gaͤbe: allein ſie kam wenigſtens
ohne mein Geheiß herein.
Das alte Weib warf ſich in einen Stuhl und
fing an zu heulen und zu ſchreyen, daß ihr die
Wangen davon aufliefen. Unterdeſſen, da ich
ſie zufrieden ſprach und die Fraͤulein mit ihr wie-
der auszuſoͤhnen ſuchte, verlief die Zeit ſo, daß es
nicht weit von ein Uhr war.
Auf die Art wurden ihr theils durch Schre-
cken, theils durch die ſpaͤte Zeit, theils durch das,
was hierauf erfolgte, die Gedanken benommen,
zu der Fr. Leeſon, oder irgend ſonſt wohin,
zu geben.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/601>, abgerufen am 23.11.2024.
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