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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

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Jch will ihr Beschützer seyn, mein liebster
Engel! - - Aber sie sind in der That unfreund-
lich hart gegen die arme Fr. Sinclair! Jn der
That, sie sind es! - - Sie ist eine Frau von gu-
tem Herkommen und die Witwe eines angeseh-
nen Mannes. Ob sie gleich in solchen Umstän-
den von ihm gelassen ist, daß sie genöthigt wird,
Zimmer zu vermiethen: so würde sie es doch für
schändlich halten, mit Wissen und Willen eine
Niederträchtigkeit zu begehen.

Das hoffe ich - - es mag so seyn - - ich
kann mich irren - - Aber - - Aber es ist doch
kein Verbrechen, meines Crachtens, keine Verrä-
therey, wenn ich sage, daß mir ihr Haus nicht
gesällt.

Der alte Drache spreitzte sich inzwischen ge-
gen sie und setzte ihre Hände wiederum frech in
die Seite. Jhre Augenbraunen stunden in die
Höhe, wie die Bürsten auf einem Schweinsrü-
cken. Sie rümpfte ihre kurze Nase: und ver-
steckte dadurch ihre durchforschenden Augen mehr,
als auf die Hälfte. Jhr Mund war ungestaltet
verzogen. Sie bließ ihre dicken Lippen auf:
als wenn sie mit Blasebälgen Wind und Lerm
in ihren pferdmäßigen Naselöchern machen woll-
te. Jhr Kinn war lang gezogen, und ragte bey
ihrer Gemüthsbewegung weiter, als sonst ordent-
lich, hervor.

Sie ging mit einem zweymal wiederholten
Ho! Madame, auf die erschrockne Schöne zu:
und diese ergriff vor Schrecken meinen Ermel.

Jch


Jch will ihr Beſchuͤtzer ſeyn, mein liebſter
Engel! ‒ ‒ Aber ſie ſind in der That unfreund-
lich hart gegen die arme Fr. Sinclair! Jn der
That, ſie ſind es! ‒ ‒ Sie iſt eine Frau von gu-
tem Herkommen und die Witwe eines angeſeh-
nen Mannes. Ob ſie gleich in ſolchen Umſtaͤn-
den von ihm gelaſſen iſt, daß ſie genoͤthigt wird,
Zimmer zu vermiethen: ſo wuͤrde ſie es doch fuͤr
ſchaͤndlich halten, mit Wiſſen und Willen eine
Niedertraͤchtigkeit zu begehen.

Das hoffe ich ‒ ‒ es mag ſo ſeyn ‒ ‒ ich
kann mich irren ‒ ‒ Aber ‒ ‒ Aber es iſt doch
kein Verbrechen, meines Crachtens, keine Verraͤ-
therey, wenn ich ſage, daß mir ihr Haus nicht
geſaͤllt.

Der alte Drache ſpreitzte ſich inzwiſchen ge-
gen ſie und ſetzte ihre Haͤnde wiederum frech in
die Seite. Jhre Augenbraunen ſtunden in die
Hoͤhe, wie die Buͤrſten auf einem Schweinsruͤ-
cken. Sie ruͤmpfte ihre kurze Naſe: und ver-
ſteckte dadurch ihre durchforſchenden Augen mehr,
als auf die Haͤlfte. Jhr Mund war ungeſtaltet
verzogen. Sie bließ ihre dicken Lippen auf:
als wenn ſie mit Blaſebaͤlgen Wind und Lerm
in ihren pferdmaͤßigen Naſeloͤchern machen woll-
te. Jhr Kinn war lang gezogen, und ragte bey
ihrer Gemuͤthsbewegung weiter, als ſonſt ordent-
lich, hervor.

Sie ging mit einem zweymal wiederholten
Ho! Madame, auf die erſchrockne Schoͤne zu:
und dieſe ergriff vor Schrecken meinen Ermel.

Jch
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[594/0600] Jch will ihr Beſchuͤtzer ſeyn, mein liebſter Engel! ‒ ‒ Aber ſie ſind in der That unfreund- lich hart gegen die arme Fr. Sinclair! Jn der That, ſie ſind es! ‒ ‒ Sie iſt eine Frau von gu- tem Herkommen und die Witwe eines angeſeh- nen Mannes. Ob ſie gleich in ſolchen Umſtaͤn- den von ihm gelaſſen iſt, daß ſie genoͤthigt wird, Zimmer zu vermiethen: ſo wuͤrde ſie es doch fuͤr ſchaͤndlich halten, mit Wiſſen und Willen eine Niedertraͤchtigkeit zu begehen. Das hoffe ich ‒ ‒ es mag ſo ſeyn ‒ ‒ ich kann mich irren ‒ ‒ Aber ‒ ‒ Aber es iſt doch kein Verbrechen, meines Crachtens, keine Verraͤ- therey, wenn ich ſage, daß mir ihr Haus nicht geſaͤllt. Der alte Drache ſpreitzte ſich inzwiſchen ge- gen ſie und ſetzte ihre Haͤnde wiederum frech in die Seite. Jhre Augenbraunen ſtunden in die Hoͤhe, wie die Buͤrſten auf einem Schweinsruͤ- cken. Sie ruͤmpfte ihre kurze Naſe: und ver- ſteckte dadurch ihre durchforſchenden Augen mehr, als auf die Haͤlfte. Jhr Mund war ungeſtaltet verzogen. Sie bließ ihre dicken Lippen auf: als wenn ſie mit Blaſebaͤlgen Wind und Lerm in ihren pferdmaͤßigen Naſeloͤchern machen woll- te. Jhr Kinn war lang gezogen, und ragte bey ihrer Gemuͤthsbewegung weiter, als ſonſt ordent- lich, hervor. Sie ging mit einem zweymal wiederholten Ho! Madame, auf die erſchrockne Schoͤne zu: und dieſe ergriff vor Schrecken meinen Ermel. Jch

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/600>, abgerufen am 23.11.2024.