Weil ich niemals einen so ringenden Wi- derstand angetroffen habe: so ward ich stutzig. - Jch ward verwirret - - Jedoch woher sollte ich wissen, daß es so seyn würde, bis ich es versuchte? - - Und wie konnte ich zurück ziehen; da ich so weit gegangen war: wenn auch die Weibsleute mich nicht aufgehetzet, und aus Umständen, da- von sie besser zu urtheilen wissen wollten, Klei- nigkeiten gemacht hätten.
Jndessen hub ich sie auf einen Stuhl, und sagte ihr mit solchen Worten, die von einer ver- wirrten Leidenschaft zeugeten, daß alle ihre Furcht unnöthig wäre. Jch wunderte mich darüber; bat sie, ruhig zu seyn; bat sie, daß sie sich auf meine Treue und Ehre verlassen möchte, und er- neuerte alle meine alten Gelübde, stieß auch noch neue dazu heraus.
Endlich sprach sie mit einem herzbrechenden Seufzer: Jch sehe, ich sehe, Herr Lovelace - - sie redete nur gebrochen - - ich sehe - - ich se- he - - daß ich doch zuletzt - - zuletzt - - ver- lohren - - verlohren bin - - wo ihr Mitleiden - - Lassen sie mich ihr Mitleiden erbitten! - - Und so sank ihr Kopf mit einem Seufzer, der bis zu meinem Herzen ging, auf ihre Brust herun- ter: nicht anders als eine Lilie mit einem halbge- brochnen Stengel, wenn ihr der Kopf von dem Morgenthau überladen und zu schwer ist.
Jch sagte alles, was ich nur erdenken konnte, ihr die Furcht zu benehmen, wenn sie ein wenig zu sich selbst gekommen war.
Warum,
Weil ich niemals einen ſo ringenden Wi- derſtand angetroffen habe: ſo ward ich ſtutzig. ‒ Jch ward verwirret ‒ ‒ Jedoch woher ſollte ich wiſſen, daß es ſo ſeyn wuͤrde, bis ich es verſuchte? ‒ ‒ Und wie konnte ich zuruͤck ziehen; da ich ſo weit gegangen war: wenn auch die Weibsleute mich nicht aufgehetzet, und aus Umſtaͤnden, da- von ſie beſſer zu urtheilen wiſſen wollten, Klei- nigkeiten gemacht haͤtten.
Jndeſſen hub ich ſie auf einen Stuhl, und ſagte ihr mit ſolchen Worten, die von einer ver- wirrten Leidenſchaft zeugeten, daß alle ihre Furcht unnoͤthig waͤre. Jch wunderte mich daruͤber; bat ſie, ruhig zu ſeyn; bat ſie, daß ſie ſich auf meine Treue und Ehre verlaſſen moͤchte, und er- neuerte alle meine alten Geluͤbde, ſtieß auch noch neue dazu heraus.
Endlich ſprach ſie mit einem herzbrechenden Seufzer: Jch ſehe, ich ſehe, Herr Lovelace ‒ ‒ ſie redete nur gebrochen ‒ ‒ ich ſehe ‒ ‒ ich ſe- he ‒ ‒ daß ich doch zuletzt ‒ ‒ zuletzt ‒ ‒ ver- lohren ‒ ‒ verlohren bin ‒ ‒ wo ihr Mitleiden ‒ ‒ Laſſen ſie mich ihr Mitleiden erbitten! ‒ ‒ Und ſo ſank ihr Kopf mit einem Seufzer, der bis zu meinem Herzen ging, auf ihre Bruſt herun- ter: nicht anders als eine Lilie mit einem halbge- brochnen Stengel, wenn ihr der Kopf von dem Morgenthau uͤberladen und zu ſchwer iſt.
Jch ſagte alles, was ich nur erdenken konnte, ihr die Furcht zu benehmen, wenn ſie ein wenig zu ſich ſelbſt gekommen war.
Warum,
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Weil ich niemals einen ſo ringenden Wi-
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Jch ward verwirret ‒ ‒ Jedoch woher ſollte ich
wiſſen, daß es ſo ſeyn wuͤrde, bis ich es verſuchte?
‒ ‒ Und wie konnte ich zuruͤck ziehen; da ich ſo
weit gegangen war: wenn auch die Weibsleute
mich nicht aufgehetzet, und aus Umſtaͤnden, da-
von ſie beſſer zu urtheilen wiſſen wollten, Klei-
nigkeiten gemacht haͤtten.
Jndeſſen hub ich ſie auf einen Stuhl, und
ſagte ihr mit ſolchen Worten, die von einer ver-
wirrten Leidenſchaft zeugeten, daß alle ihre Furcht
unnoͤthig waͤre. Jch wunderte mich daruͤber;
bat ſie, ruhig zu ſeyn; bat ſie, daß ſie ſich auf
meine Treue und Ehre verlaſſen moͤchte, und er-
neuerte alle meine alten Geluͤbde, ſtieß auch noch
neue dazu heraus.
Endlich ſprach ſie mit einem herzbrechenden
Seufzer: Jch ſehe, ich ſehe, Herr Lovelace ‒ ‒
ſie redete nur gebrochen ‒ ‒ ich ſehe ‒ ‒ ich ſe-
he ‒ ‒ daß ich doch zuletzt ‒ ‒ zuletzt ‒ ‒ ver-
lohren ‒ ‒ verlohren bin ‒ ‒ wo ihr Mitleiden
‒ ‒ Laſſen ſie mich ihr Mitleiden erbitten! ‒ ‒
Und ſo ſank ihr Kopf mit einem Seufzer, der bis
zu meinem Herzen ging, auf ihre Bruſt herun-
ter: nicht anders als eine Lilie mit einem halbge-
brochnen Stengel, wenn ihr der Kopf von dem
Morgenthau uͤberladen und zu ſchwer iſt.
Jch ſagte alles, was ich nur erdenken konnte,
ihr die Furcht zu benehmen, wenn ſie ein wenig
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Warum,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/594>, abgerufen am 23.11.2024.
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