Dieß sey dem Himmel gedanket! dachte ich. Nun kann ich mich zur Stadt begeben, in Hoff- nung, bey meiner Rückkehr dich, Allerliebste, da wiederzufinden, wo ich dich verlassen werde.
Jedoch ich will darauf nicht gänzlich trauen: weil sie vielleicht Ursachen finden kann, ihre Gesinnung in meiner Abwesenheit zu ändern. Men Kerl, der in dem Hause ist, und durch der Fr. Bevis gütige Kundschaft alle ihre Tritte und Schritte erfahren wird, soll daher meinen Andre- as und ein Pferd in Bereitschaft haben, mir also- bald von ihren Anschlägen Nachricht zu geben, und noch dazu, sie mag gehen, wohin sie will, ei- ner von ihrem Gefolge seyn, ob gleich, wo es mög- lich ist, ohne ihr Wissen.
Dieß war alles, worzu ich die unerbittliche Schöne bringen konnte. Soll ich mich darüber freuen oder betrüben?
Jch muß mich darüber freuen: wie ich glau- be. Gleichwohl ist mein Ehrgeiz verzweiselt gedemüthiget, wenn ich denken muß, daß ich die Zuneigung dieser Harlowischen Tochter so wenig gewonnen hatte.
Sage mir nur nicht, daß Tugend und gute Grundsätze ihr bey dieser Gelegenheit zur Leitung dienen. - - Es ist Ehrgeiz, ein größerer Ehr- geiz, als ich selbst habe, der sie regieret. Liebe hat sie gar nicht: das siehst du wohl. Sie hat auch niemals Liebe gehabt: wenigstens nicht in einem höhern Grad. Die Liebe ist noch niemals unter der Herrschaft der Klugheit, oder irgend
einer
Dieß ſey dem Himmel gedanket! dachte ich. Nun kann ich mich zur Stadt begeben, in Hoff- nung, bey meiner Ruͤckkehr dich, Allerliebſte, da wiederzufinden, wo ich dich verlaſſen werde.
Jedoch ich will darauf nicht gaͤnzlich trauen: weil ſie vielleicht Urſachen finden kann, ihre Geſinnung in meiner Abweſenheit zu aͤndern. Men Kerl, der in dem Hauſe iſt, und durch der Fr. Bevis guͤtige Kundſchaft alle ihre Tritte und Schritte erfahren wird, ſoll daher meinen Andre- as und ein Pferd in Bereitſchaft haben, mir alſo- bald von ihren Anſchlaͤgen Nachricht zu geben, und noch dazu, ſie mag gehen, wohin ſie will, ei- ner von ihrem Gefolge ſeyn, ob gleich, wo es moͤg- lich iſt, ohne ihr Wiſſen.
Dieß war alles, worzu ich die unerbittliche Schoͤne bringen konnte. Soll ich mich daruͤber freuen oder betruͤben?
Jch muß mich daruͤber freuen: wie ich glau- be. Gleichwohl iſt mein Ehrgeiz verzweiſelt gedemuͤthiget, wenn ich denken muß, daß ich die Zuneigung dieſer Harlowiſchen Tochter ſo wenig gewonnen hatte.
Sage mir nur nicht, daß Tugend und gute Grundſaͤtze ihr bey dieſer Gelegenheit zur Leitung dienen. ‒ ‒ Es iſt Ehrgeiz, ein groͤßerer Ehr- geiz, als ich ſelbſt habe, der ſie regieret. Liebe hat ſie gar nicht: das ſiehſt du wohl. Sie hat auch niemals Liebe gehabt: wenigſtens nicht in einem hoͤhern Grad. Die Liebe iſt noch niemals unter der Herrſchaft der Klugheit, oder irgend
einer
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Dieß ſey dem Himmel gedanket! dachte ich.
Nun kann ich mich zur Stadt begeben, in Hoff-
nung, bey meiner Ruͤckkehr dich, Allerliebſte, da
wiederzufinden, wo ich dich verlaſſen werde.
Jedoch ich will darauf nicht gaͤnzlich trauen:
weil ſie vielleicht Urſachen finden kann, ihre
Geſinnung in meiner Abweſenheit zu aͤndern.
Men Kerl, der in dem Hauſe iſt, und durch der
Fr. Bevis guͤtige Kundſchaft alle ihre Tritte und
Schritte erfahren wird, ſoll daher meinen Andre-
as und ein Pferd in Bereitſchaft haben, mir alſo-
bald von ihren Anſchlaͤgen Nachricht zu geben,
und noch dazu, ſie mag gehen, wohin ſie will, ei-
ner von ihrem Gefolge ſeyn, ob gleich, wo es moͤg-
lich iſt, ohne ihr Wiſſen.
Dieß war alles, worzu ich die unerbittliche
Schoͤne bringen konnte. Soll ich mich daruͤber
freuen oder betruͤben?
Jch muß mich daruͤber freuen: wie ich glau-
be. Gleichwohl iſt mein Ehrgeiz verzweiſelt
gedemuͤthiget, wenn ich denken muß, daß ich die
Zuneigung dieſer Harlowiſchen Tochter ſo wenig
gewonnen hatte.
Sage mir nur nicht, daß Tugend und gute
Grundſaͤtze ihr bey dieſer Gelegenheit zur Leitung
dienen. ‒ ‒ Es iſt Ehrgeiz, ein groͤßerer Ehr-
geiz, als ich ſelbſt habe, der ſie regieret. Liebe
hat ſie gar nicht: das ſiehſt du wohl. Sie hat
auch niemals Liebe gehabt: wenigſtens nicht in
einem hoͤhern Grad. Die Liebe iſt noch niemals
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/552>, abgerufen am 23.11.2024.
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