zeigte. Jch bildete mir ein, daß sie nicht wüßte, wie sie ungeschickt seyn sollte.
Als wir in dem Garten waren: so schüttete ich mein ganzes Herze vor ihren aufmerksamen Ohren aus, und bat sie, mir ihre Gunst wieder zuzuwenden.
Sie vermeldete mir aber, daß sie ihrer künf- tigen Lebensart wegen schon ihre Maaßregeln ge- nommen hätte. So schändlich ihr auch von mir begegnet wäre: so wäre das doch nicht allein der Grund, warum sie mir meine Bitte abschlüge; sondern sie wäre bey der reiflichsten Ueberlegung völlig überzeuget, daß sie weder mit mir glück- lich seyn, noch mich glücklich machen könnte. Also empfahl sie mir, um unserer beyden willen, nicht mehr an sie zu gedenken.
Jch stellte ihr dagegen vor, der Capitain wäre eiligst, und gewissermaßen wie mit der Post, hinunter geritten, meine Wünsche bey ihrem On- kel zu beschleunigen. Die Lady Elisabeth und Fräulein Montague würden ohne Zweifel schon in der Stadt angekommen seyn. Jch wollte morgen ganz frühe von hier gehen, um ihnen meine Aufwartung zu machen. Beyde verehr- ten sie. Beyde trügen ein sehnliches Verlangen, sie zu sprechen. Beyde wollten sie schlechter- dings sprechen. - - Sie wollten sich ihre Gesell- schaft nach Oxfordschire nicht abschlagen lassen. Wohin könnte sie wohl besser gehen, um von den Beleidigungen ihres Bruders frey zu seyn? - - Wohin besser, um nichts von irgend sonst
jemand
zeigte. Jch bildete mir ein, daß ſie nicht wuͤßte, wie ſie ungeſchickt ſeyn ſollte.
Als wir in dem Garten waren: ſo ſchuͤttete ich mein ganzes Herze vor ihren aufmerkſamen Ohren aus, und bat ſie, mir ihre Gunſt wieder zuzuwenden.
Sie vermeldete mir aber, daß ſie ihrer kuͤnf- tigen Lebensart wegen ſchon ihre Maaßregeln ge- nommen haͤtte. So ſchaͤndlich ihr auch von mir begegnet waͤre: ſo waͤre das doch nicht allein der Grund, warum ſie mir meine Bitte abſchluͤge; ſondern ſie waͤre bey der reiflichſten Ueberlegung voͤllig uͤberzeuget, daß ſie weder mit mir gluͤck- lich ſeyn, noch mich gluͤcklich machen koͤnnte. Alſo empfahl ſie mir, um unſerer beyden willen, nicht mehr an ſie zu gedenken.
Jch ſtellte ihr dagegen vor, der Capitain waͤre eiligſt, und gewiſſermaßen wie mit der Poſt, hinunter geritten, meine Wuͤnſche bey ihrem On- kel zu beſchleunigen. Die Lady Eliſabeth und Fraͤulein Montague wuͤrden ohne Zweifel ſchon in der Stadt angekommen ſeyn. Jch wollte morgen ganz fruͤhe von hier gehen, um ihnen meine Aufwartung zu machen. Beyde verehr- ten ſie. Beyde truͤgen ein ſehnliches Verlangen, ſie zu ſprechen. Beyde wollten ſie ſchlechter- dings ſprechen. ‒ ‒ Sie wollten ſich ihre Geſell- ſchaft nach Oxfordſchire nicht abſchlagen laſſen. Wohin koͤnnte ſie wohl beſſer gehen, um von den Beleidigungen ihres Bruders frey zu ſeyn? ‒ ‒ Wohin beſſer, um nichts von irgend ſonſt
jemand
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0550"n="544"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
zeigte. Jch bildete mir ein, daß ſie nicht wuͤßte,<lb/>
wie ſie ungeſchickt ſeyn ſollte.</p><lb/><p>Als wir in dem Garten waren: ſo ſchuͤttete<lb/>
ich mein ganzes Herze vor ihren aufmerkſamen<lb/>
Ohren aus, und bat ſie, mir ihre Gunſt wieder<lb/>
zuzuwenden.</p><lb/><p>Sie vermeldete mir aber, daß ſie ihrer kuͤnf-<lb/>
tigen Lebensart wegen ſchon ihre Maaßregeln ge-<lb/>
nommen haͤtte. So ſchaͤndlich ihr auch von mir<lb/>
begegnet waͤre: ſo waͤre das doch nicht allein der<lb/>
Grund, warum ſie mir meine Bitte abſchluͤge;<lb/>ſondern ſie waͤre bey der reiflichſten Ueberlegung<lb/>
voͤllig uͤberzeuget, daß ſie weder mit mir gluͤck-<lb/>
lich ſeyn, noch mich gluͤcklich machen koͤnnte.<lb/>
Alſo empfahl ſie mir, um unſerer beyden willen,<lb/>
nicht mehr an ſie zu gedenken.</p><lb/><p>Jch ſtellte ihr dagegen vor, der Capitain<lb/>
waͤre eiligſt, und gewiſſermaßen wie mit der Poſt,<lb/>
hinunter geritten, meine Wuͤnſche bey ihrem On-<lb/>
kel zu beſchleunigen. Die Lady Eliſabeth und<lb/>
Fraͤulein Montague wuͤrden ohne Zweifel ſchon<lb/>
in der Stadt angekommen ſeyn. Jch wollte<lb/>
morgen ganz fruͤhe von hier gehen, um ihnen<lb/>
meine Aufwartung zu machen. Beyde verehr-<lb/>
ten ſie. Beyde truͤgen ein ſehnliches Verlangen,<lb/>ſie zu ſprechen. Beyde <hirendition="#fr">wollten</hi>ſie ſchlechter-<lb/>
dings ſprechen. ‒‒ Sie wollten ſich ihre Geſell-<lb/>ſchaft nach Oxfordſchire nicht abſchlagen laſſen.<lb/>
Wohin koͤnnte ſie wohl beſſer gehen, um von<lb/>
den Beleidigungen ihres Bruders frey zu ſeyn?<lb/>‒‒ Wohin beſſer, um nichts von irgend ſonſt<lb/><fwplace="bottom"type="catch">jemand</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[544/0550]
zeigte. Jch bildete mir ein, daß ſie nicht wuͤßte,
wie ſie ungeſchickt ſeyn ſollte.
Als wir in dem Garten waren: ſo ſchuͤttete
ich mein ganzes Herze vor ihren aufmerkſamen
Ohren aus, und bat ſie, mir ihre Gunſt wieder
zuzuwenden.
Sie vermeldete mir aber, daß ſie ihrer kuͤnf-
tigen Lebensart wegen ſchon ihre Maaßregeln ge-
nommen haͤtte. So ſchaͤndlich ihr auch von mir
begegnet waͤre: ſo waͤre das doch nicht allein der
Grund, warum ſie mir meine Bitte abſchluͤge;
ſondern ſie waͤre bey der reiflichſten Ueberlegung
voͤllig uͤberzeuget, daß ſie weder mit mir gluͤck-
lich ſeyn, noch mich gluͤcklich machen koͤnnte.
Alſo empfahl ſie mir, um unſerer beyden willen,
nicht mehr an ſie zu gedenken.
Jch ſtellte ihr dagegen vor, der Capitain
waͤre eiligſt, und gewiſſermaßen wie mit der Poſt,
hinunter geritten, meine Wuͤnſche bey ihrem On-
kel zu beſchleunigen. Die Lady Eliſabeth und
Fraͤulein Montague wuͤrden ohne Zweifel ſchon
in der Stadt angekommen ſeyn. Jch wollte
morgen ganz fruͤhe von hier gehen, um ihnen
meine Aufwartung zu machen. Beyde verehr-
ten ſie. Beyde truͤgen ein ſehnliches Verlangen,
ſie zu ſprechen. Beyde wollten ſie ſchlechter-
dings ſprechen. ‒ ‒ Sie wollten ſich ihre Geſell-
ſchaft nach Oxfordſchire nicht abſchlagen laſſen.
Wohin koͤnnte ſie wohl beſſer gehen, um von
den Beleidigungen ihres Bruders frey zu ſeyn?
‒ ‒ Wohin beſſer, um nichts von irgend ſonſt
jemand
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/550>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.