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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

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ein Waarenlager brächte, das mir selbst zuge-
hörte?

Unterdessen ist dieß meine vornehmste Hoffnung,
worüber ich frohlocke, daß eben zu der Zeit, wenn
diese Lumpenhunde zu Hampstead seyn und uns
suchen werden, meine liebe Fräulein Harlowe und
ich in der Stadt einander in den Armen fest und
ruhig schlafen wollen. So, stelle ich mir vor, ist
es von dem Schicksal beschlossen. - - Sey stille,
Bösewicht, bis die Zeit kommt. - - Mein Herz,
Bruder, mein Herz meyne ich. Das pochet allemal,
wenn ich dergleichen Hoffnung auch nur in der größ-
ten Entfernung ansehe.

Es scheint, daß die niederträchtige Bosheit
dieses scheinbaren Ungeheuers;
sie meynt mich, Bru-
der; Hickmannen bey ihr in Gunst gebracht habe.
So habe ich doch etwas Gutes gethan. Allein wem
es widerfahren sey, das kann ich nicht sagen. Denn
dieser arme Knabe wird durch die Erfüllung seiner
eignen Wünsche gestrafet werden; wie es uns allen
vielfältig ergehet: wenn ich zulassen sollte, daß er
die männliche Heldinn bekäme. Sie kann auch bey
ihm nicht glücklich seyn, wie ich es ansehe: wo er
sich nach ihrem Willen regieren lassen und selbst kei-
nen Willen haben sollte. Es hat noch niemals ein
Weib, welches die Herrschaft gehabt, ihre Gren-
zen gewußt. Macht und Gewalt machen eine solche
Person übermüthig. Sie schätzet den Mann geringe,
den sie regieren kann. Sie wird es machen, wie
Alexander, der darüber weinte, daß er nicht mehrere
Welten zu bezwingen hätte. Sie wird neue Mittel
suchen, ihre Gewalt auszuüben: bis sie sich selbst zur
Last, ihrem Manne zur Schande, und allen, die um
sie sind, zur Qvaal werden wird.

Allein dieser ehrliche Mann hat, dem Ansehen
nach, mit thränenden Augen und fußfälliger Demuth
die ungestüme Fräulein um die Erlaubniß gebeten,

in



ein Waarenlager braͤchte, das mir ſelbſt zuge-
hoͤrte?

Unterdeſſen iſt dieß meine vornehmſte Hoffnung,
woruͤber ich frohlocke, daß eben zu der Zeit, wenn
dieſe Lumpenhunde zu Hampſtead ſeyn und uns
ſuchen werden, meine liebe Fraͤulein Harlowe und
ich in der Stadt einander in den Armen feſt und
ruhig ſchlafen wollen. So, ſtelle ich mir vor, iſt
es von dem Schickſal beſchloſſen. ‒ ‒ Sey ſtille,
Boͤſewicht, bis die Zeit kommt. ‒ ‒ Mein Herz,
Bruder, mein Herz meyne ich. Das pochet allemal,
wenn ich dergleichen Hoffnung auch nur in der groͤß-
ten Entfernung anſehe.

Es ſcheint, daß die niedertraͤchtige Bosheit
dieſes ſcheinbaren Ungeheuers;
ſie meynt mich, Bru-
der; Hickmannen bey ihr in Gunſt gebracht habe.
So habe ich doch etwas Gutes gethan. Allein wem
es widerfahren ſey, das kann ich nicht ſagen. Denn
dieſer arme Knabe wird durch die Erfuͤllung ſeiner
eignen Wuͤnſche geſtrafet werden; wie es uns allen
vielfaͤltig ergehet: wenn ich zulaſſen ſollte, daß er
die maͤnnliche Heldinn bekaͤme. Sie kann auch bey
ihm nicht gluͤcklich ſeyn, wie ich es anſehe: wo er
ſich nach ihrem Willen regieren laſſen und ſelbſt kei-
nen Willen haben ſollte. Es hat noch niemals ein
Weib, welches die Herrſchaft gehabt, ihre Gren-
zen gewußt. Macht und Gewalt machen eine ſolche
Perſon uͤbermuͤthig. Sie ſchaͤtzet den Mann geringe,
den ſie regieren kann. Sie wird es machen, wie
Alexander, der daruͤber weinte, daß er nicht mehrere
Welten zu bezwingen haͤtte. Sie wird neue Mittel
ſuchen, ihre Gewalt auszuuͤben: bis ſie ſich ſelbſt zur
Laſt, ihrem Manne zur Schande, und allen, die um
ſie ſind, zur Qvaal werden wird.

Allein dieſer ehrliche Mann hat, dem Anſehen
nach, mit thraͤnenden Augen und fußfaͤlliger Demuth
die ungeſtuͤme Fraͤulein um die Erlaubniß gebeten,

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[539/0545] ein Waarenlager braͤchte, das mir ſelbſt zuge- hoͤrte? Unterdeſſen iſt dieß meine vornehmſte Hoffnung, woruͤber ich frohlocke, daß eben zu der Zeit, wenn dieſe Lumpenhunde zu Hampſtead ſeyn und uns ſuchen werden, meine liebe Fraͤulein Harlowe und ich in der Stadt einander in den Armen feſt und ruhig ſchlafen wollen. So, ſtelle ich mir vor, iſt es von dem Schickſal beſchloſſen. ‒ ‒ Sey ſtille, Boͤſewicht, bis die Zeit kommt. ‒ ‒ Mein Herz, Bruder, mein Herz meyne ich. Das pochet allemal, wenn ich dergleichen Hoffnung auch nur in der groͤß- ten Entfernung anſehe. Es ſcheint, daß die niedertraͤchtige Bosheit dieſes ſcheinbaren Ungeheuers; ſie meynt mich, Bru- der; Hickmannen bey ihr in Gunſt gebracht habe. So habe ich doch etwas Gutes gethan. Allein wem es widerfahren ſey, das kann ich nicht ſagen. Denn dieſer arme Knabe wird durch die Erfuͤllung ſeiner eignen Wuͤnſche geſtrafet werden; wie es uns allen vielfaͤltig ergehet: wenn ich zulaſſen ſollte, daß er die maͤnnliche Heldinn bekaͤme. Sie kann auch bey ihm nicht gluͤcklich ſeyn, wie ich es anſehe: wo er ſich nach ihrem Willen regieren laſſen und ſelbſt kei- nen Willen haben ſollte. Es hat noch niemals ein Weib, welches die Herrſchaft gehabt, ihre Gren- zen gewußt. Macht und Gewalt machen eine ſolche Perſon uͤbermuͤthig. Sie ſchaͤtzet den Mann geringe, den ſie regieren kann. Sie wird es machen, wie Alexander, der daruͤber weinte, daß er nicht mehrere Welten zu bezwingen haͤtte. Sie wird neue Mittel ſuchen, ihre Gewalt auszuuͤben: bis ſie ſich ſelbſt zur Laſt, ihrem Manne zur Schande, und allen, die um ſie ſind, zur Qvaal werden wird. Allein dieſer ehrliche Mann hat, dem Anſehen nach, mit thraͤnenden Augen und fußfaͤlliger Demuth die ungeſtuͤme Fraͤulein um die Erlaubniß gebeten, in

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/545>, abgerufen am 23.11.2024.