Lehre weiter auszuführen, daß es eben so nöthig sey, die Töchter in der Wahl ihrer Gespielinnen gehörig anzuführen, als sie vor den Anschlägen der Manns- personen zu bewahren.
Jnzwischen sage ich dieß nicht zur Verkleine- rung der Fräulein Howe. Sie hat das durch den Ehrgeiz erhalten, was ihre Freundinn durch gute Grundsätze erlanget hat. - - Gott möchte dem schö- nen Geschlechte gnädig seyn: wenn es den Ehrgeiz nicht hätte! - - - Dennoch bin ich versichert, daß die Fräulein Howe ihre größten Vortheile dem Umgange und Briefwechsel mit der Fräulein Har- lowe zu danken hat. Wenn wir aber diese beyden Frauenzimmer aus dem Spiele lassen: so trage ich kein Bedenken zu behaupten; und ich, Bruder, sollte doch wohl etwas von der Sache verstehen; daß mehr Mägdchen durch Personen von ihrem eignen Geschlechte, Mägde und Gespielinnen zusammen genommen, verderbet, oder wenigstens zum Verder- ben vorbereitet sind, als eigentlich durch die An- schläge und Betrügereyen der Mannspersonen zu ihrem Falle gekommen.
Allein es ist noch Zeit genug, wenn ich alt und zum Vergnügen untüchtig bin, über dieß Haupt- stück mehr zu sagen.
Mit der Vergleichung dieser beyden Frauen- zimmer will ich mich weitläuftiger abgeben; weil ich Vergnügen daran finde: wenn ich sie beyde be- kommen habe - - Jch hoffe, du wirst zugestehen, daß dieser Brief von dem ungestümen Mägdchen mir vollkommene Sicherheit gebe, es zu versuchen.
Jch wende mich wieder zu dem Jnhalt dessel- ben, wovon ich noch etwas weniges beleuchten will, meine Rache, die ich so nahe im Gesichte habe, zu rechtfertigen.
Was die Frau Townsend, was ihr männliches Herz, ihre zween Brüder und derselben Schiffsvolk
be-
L l 5
Lehre weiter auszufuͤhren, daß es eben ſo noͤthig ſey, die Toͤchter in der Wahl ihrer Geſpielinnen gehoͤrig anzufuͤhren, als ſie vor den Anſchlaͤgen der Manns- perſonen zu bewahren.
Jnzwiſchen ſage ich dieß nicht zur Verkleine- rung der Fraͤulein Howe. Sie hat das durch den Ehrgeiz erhalten, was ihre Freundinn durch gute Grundſaͤtze erlanget hat. ‒ ‒ Gott moͤchte dem ſchoͤ- nen Geſchlechte gnaͤdig ſeyn: wenn es den Ehrgeiz nicht haͤtte! ‒ ‒ ‒ Dennoch bin ich verſichert, daß die Fraͤulein Howe ihre groͤßten Vortheile dem Umgange und Briefwechſel mit der Fraͤulein Har- lowe zu danken hat. Wenn wir aber dieſe beyden Frauenzimmer aus dem Spiele laſſen: ſo trage ich kein Bedenken zu behaupten; und ich, Bruder, ſollte doch wohl etwas von der Sache verſtehen; daß mehr Maͤgdchen durch Perſonen von ihrem eignen Geſchlechte, Maͤgde und Geſpielinnen zuſammen genommen, verderbet, oder wenigſtens zum Verder- ben vorbereitet ſind, als eigentlich durch die An- ſchlaͤge und Betruͤgereyen der Mannsperſonen zu ihrem Falle gekommen.
Allein es iſt noch Zeit genug, wenn ich alt und zum Vergnuͤgen untuͤchtig bin, uͤber dieß Haupt- ſtuͤck mehr zu ſagen.
Mit der Vergleichung dieſer beyden Frauen- zimmer will ich mich weitlaͤuftiger abgeben; weil ich Vergnuͤgen daran finde: wenn ich ſie beyde be- kommen habe ‒ ‒ Jch hoffe, du wirſt zugeſtehen, daß dieſer Brief von dem ungeſtuͤmen Maͤgdchen mir vollkommene Sicherheit gebe, es zu verſuchen.
Jch wende mich wieder zu dem Jnhalt deſſel- ben, wovon ich noch etwas weniges beleuchten will, meine Rache, die ich ſo nahe im Geſichte habe, zu rechtfertigen.
Was die Frau Townſend, was ihr maͤnnliches Herz, ihre zween Bruͤder und derſelben Schiffsvolk
be-
L l 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0543"n="537"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
Lehre weiter auszufuͤhren, daß es eben ſo noͤthig ſey,<lb/>
die Toͤchter in der Wahl ihrer Geſpielinnen gehoͤrig<lb/>
anzufuͤhren, als ſie vor den Anſchlaͤgen der Manns-<lb/>
perſonen zu bewahren.</p><lb/><p>Jnzwiſchen ſage ich dieß nicht zur Verkleine-<lb/>
rung der Fraͤulein Howe. Sie hat das durch den<lb/><hirendition="#fr">Ehrgeiz</hi> erhalten, was ihre Freundinn durch <hirendition="#fr">gute<lb/>
Grundſaͤtze</hi> erlanget hat. ‒‒ Gott moͤchte dem ſchoͤ-<lb/>
nen Geſchlechte gnaͤdig ſeyn: wenn es den Ehrgeiz<lb/>
nicht haͤtte! ‒‒‒ Dennoch bin ich verſichert, daß<lb/>
die Fraͤulein Howe ihre groͤßten Vortheile dem<lb/>
Umgange und Briefwechſel mit der Fraͤulein Har-<lb/>
lowe zu danken hat. Wenn wir aber dieſe beyden<lb/>
Frauenzimmer aus dem Spiele laſſen: ſo trage ich<lb/>
kein Bedenken zu behaupten; und ich, Bruder, ſollte<lb/>
doch wohl etwas von der Sache verſtehen; daß<lb/>
mehr Maͤgdchen durch Perſonen von ihrem eignen<lb/>
Geſchlechte, Maͤgde und Geſpielinnen zuſammen<lb/>
genommen, verderbet, oder wenigſtens zum Verder-<lb/>
ben <hirendition="#fr">vorbereitet</hi>ſind, als <hirendition="#fr">eigentlich</hi> durch die An-<lb/>ſchlaͤge und Betruͤgereyen der Mannsperſonen zu<lb/>
ihrem Falle gekommen.</p><lb/><p>Allein es iſt noch Zeit genug, wenn ich alt<lb/>
und zum Vergnuͤgen untuͤchtig bin, uͤber dieß Haupt-<lb/>ſtuͤck mehr zu ſagen.</p><lb/><p>Mit der Vergleichung dieſer beyden Frauen-<lb/>
zimmer will ich mich weitlaͤuftiger abgeben; weil<lb/>
ich Vergnuͤgen daran finde: wenn ich <hirendition="#fr">ſie beyde be-<lb/>
kommen habe</hi>‒‒ Jch hoffe, du wirſt zugeſtehen,<lb/>
daß dieſer Brief von dem ungeſtuͤmen Maͤgdchen<lb/>
mir vollkommene Sicherheit gebe, es zu verſuchen.</p><lb/><p>Jch wende mich wieder zu dem Jnhalt deſſel-<lb/>
ben, wovon ich noch etwas weniges beleuchten will,<lb/>
meine Rache, die ich ſo nahe im Geſichte habe, zu<lb/>
rechtfertigen.</p><lb/><p>Was die Frau Townſend, was ihr maͤnnliches<lb/>
Herz, ihre zween Bruͤder und derſelben Schiffsvolk<lb/><fwplace="bottom"type="sig">L l 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">be-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[537/0543]
Lehre weiter auszufuͤhren, daß es eben ſo noͤthig ſey,
die Toͤchter in der Wahl ihrer Geſpielinnen gehoͤrig
anzufuͤhren, als ſie vor den Anſchlaͤgen der Manns-
perſonen zu bewahren.
Jnzwiſchen ſage ich dieß nicht zur Verkleine-
rung der Fraͤulein Howe. Sie hat das durch den
Ehrgeiz erhalten, was ihre Freundinn durch gute
Grundſaͤtze erlanget hat. ‒ ‒ Gott moͤchte dem ſchoͤ-
nen Geſchlechte gnaͤdig ſeyn: wenn es den Ehrgeiz
nicht haͤtte! ‒ ‒ ‒ Dennoch bin ich verſichert, daß
die Fraͤulein Howe ihre groͤßten Vortheile dem
Umgange und Briefwechſel mit der Fraͤulein Har-
lowe zu danken hat. Wenn wir aber dieſe beyden
Frauenzimmer aus dem Spiele laſſen: ſo trage ich
kein Bedenken zu behaupten; und ich, Bruder, ſollte
doch wohl etwas von der Sache verſtehen; daß
mehr Maͤgdchen durch Perſonen von ihrem eignen
Geſchlechte, Maͤgde und Geſpielinnen zuſammen
genommen, verderbet, oder wenigſtens zum Verder-
ben vorbereitet ſind, als eigentlich durch die An-
ſchlaͤge und Betruͤgereyen der Mannsperſonen zu
ihrem Falle gekommen.
Allein es iſt noch Zeit genug, wenn ich alt
und zum Vergnuͤgen untuͤchtig bin, uͤber dieß Haupt-
ſtuͤck mehr zu ſagen.
Mit der Vergleichung dieſer beyden Frauen-
zimmer will ich mich weitlaͤuftiger abgeben; weil
ich Vergnuͤgen daran finde: wenn ich ſie beyde be-
kommen habe ‒ ‒ Jch hoffe, du wirſt zugeſtehen,
daß dieſer Brief von dem ungeſtuͤmen Maͤgdchen
mir vollkommene Sicherheit gebe, es zu verſuchen.
Jch wende mich wieder zu dem Jnhalt deſſel-
ben, wovon ich noch etwas weniges beleuchten will,
meine Rache, die ich ſo nahe im Geſichte habe, zu
rechtfertigen.
Was die Frau Townſend, was ihr maͤnnliches
Herz, ihre zween Bruͤder und derſelben Schiffsvolk
be-
L l 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/543>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.