Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



daß sie die Füße vor Schmerzen, und weil das
Ruhebette vermuthlich zu kurz wäre, hinauf ge-
zogen hätte. - - So so, daran hätte er nicht ge-
dacht - - Jhre rothe Farbe wäre ihrer Betrüb-
niß und den Kopfschmerzen zuzuschreiben - -
Ja, das könnte wohl seyn - - Es wäre ihm in-
zwischen herzlich lieb, daß er den Brief der Fr.
Harriot selbst in die Hände gegeben hätte: und
das würde er der Fräulein Howe sagen.

Er verlangte die Frau noch einmal zu spre-
chen, als er wegging, und wollte sich nicht abwei-
sen lassen. Die Witwe setzte sich daher in die
Höhe, zog das Schnupftuch über das Gesicht,
und lehnte sich mit dem Kopfe an das Tafel-
werk.

Er fragte, ob sie etwas besunderes zu be-
stellen hätte.

Nein: sie befände sich so schlecht, daß sie nicht
schreiben könnte; und dieß wäre ein großer Kum-
mer für sie.

Hiernächst erkundigte er sich, ob er den fol-
genden Tag wieder nachfragen sollte: denn er
wollte nach London gehen, da er so nahe wäre;
und würde die Nacht über bey einen Vetter blei-
ben, der in einer Gasse, Fetter-Lane genannt,
wohnete.

Nein: sie wollte so bald, als sie im Stande
wäre, schreiben, und den Brief mir der Post
senden.

Wo sie denn nichts durch ihn zu überschi-
cken hätte: so möchte er vielleicht einen oder ein

paar
K k 2



daß ſie die Fuͤße vor Schmerzen, und weil das
Ruhebette vermuthlich zu kurz waͤre, hinauf ge-
zogen haͤtte. ‒ ‒ So ſo, daran haͤtte er nicht ge-
dacht ‒ ‒ Jhre rothe Farbe waͤre ihrer Betruͤb-
niß und den Kopfſchmerzen zuzuſchreiben ‒ ‒
Ja, das koͤnnte wohl ſeyn ‒ ‒ Es waͤre ihm in-
zwiſchen herzlich lieb, daß er den Brief der Fr.
Harriot ſelbſt in die Haͤnde gegeben haͤtte: und
das wuͤrde er der Fraͤulein Howe ſagen.

Er verlangte die Frau noch einmal zu ſpre-
chen, als er wegging, und wollte ſich nicht abwei-
ſen laſſen. Die Witwe ſetzte ſich daher in die
Hoͤhe, zog das Schnupftuch uͤber das Geſicht,
und lehnte ſich mit dem Kopfe an das Tafel-
werk.

Er fragte, ob ſie etwas beſunderes zu be-
ſtellen haͤtte.

Nein: ſie befaͤnde ſich ſo ſchlecht, daß ſie nicht
ſchreiben koͤnnte; und dieß waͤre ein großer Kum-
mer fuͤr ſie.

Hiernaͤchſt erkundigte er ſich, ob er den fol-
genden Tag wieder nachfragen ſollte: denn er
wollte nach London gehen, da er ſo nahe waͤre;
und wuͤrde die Nacht uͤber bey einen Vetter blei-
ben, der in einer Gaſſe, Fetter-Lane genannt,
wohnete.

Nein: ſie wollte ſo bald, als ſie im Stande
waͤre, ſchreiben, und den Brief mir der Poſt
ſenden.

Wo ſie denn nichts durch ihn zu uͤberſchi-
cken haͤtte: ſo moͤchte er vielleicht einen oder ein

paar
K k 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0521" n="515"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
daß &#x017F;ie die Fu&#x0364;ße vor Schmerzen, und weil das<lb/>
Ruhebette vermuthlich zu kurz wa&#x0364;re, hinauf ge-<lb/>
zogen ha&#x0364;tte. &#x2012; &#x2012; So &#x017F;o, daran ha&#x0364;tte er nicht ge-<lb/>
dacht &#x2012; &#x2012; Jhre rothe Farbe wa&#x0364;re ihrer Betru&#x0364;b-<lb/>
niß und den Kopf&#x017F;chmerzen zuzu&#x017F;chreiben &#x2012; &#x2012;<lb/>
Ja, das ko&#x0364;nnte wohl &#x017F;eyn &#x2012; &#x2012; Es wa&#x0364;re ihm in-<lb/>
zwi&#x017F;chen herzlich lieb, daß er den Brief der Fr.<lb/>
Harriot &#x017F;elb&#x017F;t in die Ha&#x0364;nde gegeben ha&#x0364;tte: und<lb/>
das wu&#x0364;rde er der Fra&#x0364;ulein Howe &#x017F;agen.</p><lb/>
          <p>Er verlangte die Frau noch einmal zu &#x017F;pre-<lb/>
chen, als er wegging, und wollte &#x017F;ich nicht abwei-<lb/>
&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en. Die Witwe &#x017F;etzte &#x017F;ich daher in die<lb/>
Ho&#x0364;he, zog das Schnupftuch u&#x0364;ber das Ge&#x017F;icht,<lb/>
und lehnte &#x017F;ich mit dem Kopfe an das Tafel-<lb/>
werk.</p><lb/>
          <p>Er fragte, ob &#x017F;ie etwas <hi rendition="#fr">be&#x017F;underes</hi> zu be-<lb/>
&#x017F;tellen ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Nein: &#x017F;ie befa&#x0364;nde &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;chlecht, daß &#x017F;ie nicht<lb/>
&#x017F;chreiben ko&#x0364;nnte; und dieß wa&#x0364;re ein großer Kum-<lb/>
mer fu&#x0364;r &#x017F;ie.</p><lb/>
          <p>Hierna&#x0364;ch&#x017F;t erkundigte er &#x017F;ich, ob er den fol-<lb/>
genden Tag wieder nachfragen &#x017F;ollte: denn er<lb/>
wollte nach London gehen, da er &#x017F;o nahe wa&#x0364;re;<lb/>
und wu&#x0364;rde die Nacht u&#x0364;ber bey einen Vetter blei-<lb/>
ben, der in einer Ga&#x017F;&#x017F;e, Fetter-Lane genannt,<lb/>
wohnete.</p><lb/>
          <p>Nein: &#x017F;ie wollte &#x017F;o bald, als &#x017F;ie im Stande<lb/>
wa&#x0364;re, &#x017F;chreiben, und den Brief mir der Po&#x017F;t<lb/>
&#x017F;enden.</p><lb/>
          <p>Wo &#x017F;ie denn nichts durch ihn zu u&#x0364;ber&#x017F;chi-<lb/>
cken ha&#x0364;tte: &#x017F;o mo&#x0364;chte er vielleicht einen oder ein<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K k 2</fw><fw place="bottom" type="catch">paar</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[515/0521] daß ſie die Fuͤße vor Schmerzen, und weil das Ruhebette vermuthlich zu kurz waͤre, hinauf ge- zogen haͤtte. ‒ ‒ So ſo, daran haͤtte er nicht ge- dacht ‒ ‒ Jhre rothe Farbe waͤre ihrer Betruͤb- niß und den Kopfſchmerzen zuzuſchreiben ‒ ‒ Ja, das koͤnnte wohl ſeyn ‒ ‒ Es waͤre ihm in- zwiſchen herzlich lieb, daß er den Brief der Fr. Harriot ſelbſt in die Haͤnde gegeben haͤtte: und das wuͤrde er der Fraͤulein Howe ſagen. Er verlangte die Frau noch einmal zu ſpre- chen, als er wegging, und wollte ſich nicht abwei- ſen laſſen. Die Witwe ſetzte ſich daher in die Hoͤhe, zog das Schnupftuch uͤber das Geſicht, und lehnte ſich mit dem Kopfe an das Tafel- werk. Er fragte, ob ſie etwas beſunderes zu be- ſtellen haͤtte. Nein: ſie befaͤnde ſich ſo ſchlecht, daß ſie nicht ſchreiben koͤnnte; und dieß waͤre ein großer Kum- mer fuͤr ſie. Hiernaͤchſt erkundigte er ſich, ob er den fol- genden Tag wieder nachfragen ſollte: denn er wollte nach London gehen, da er ſo nahe waͤre; und wuͤrde die Nacht uͤber bey einen Vetter blei- ben, der in einer Gaſſe, Fetter-Lane genannt, wohnete. Nein: ſie wollte ſo bald, als ſie im Stande waͤre, ſchreiben, und den Brief mir der Poſt ſenden. Wo ſie denn nichts durch ihn zu uͤberſchi- cken haͤtte: ſo moͤchte er vielleicht einen oder ein paar K k 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/521
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/521>, abgerufen am 23.11.2024.