eher an die Fräulein Howe zu schreiben, als die Antwort derselben ankommen könnte, um ihr den gegenwärtigen Zustand der Sachen vorzulegen, und, wenn sie sich nach dem Urtheile dieser Fräu- lein richten wollte, ihr die Bequemlichkeit zu ge- statten, das Urtheil mit völliger Wissenschaft der Sache zu fällen.
Das würde ich thun, Herr Lovelace, war die Antwort: wenn ich selbst noch zweifelhaft wäre, was ich vorziehen wollte; die Heyrath, oder den Anschlag, dessen ich gedacht habe. Sie können nicht anders gedenken, mein Herr, als daß ich das letzte wählen müsse. Jch wünsche mich bey gu- tem Sinne von ihnen zu trennen - Nöthigen sie mich nicht zu wiederholen - -
Von mir zu trennen, gnädige Fräulein! fiel ich ihr in die Rede. - - Die Worte kann ich unmöglich ertragen! - - Erlauben sie mir doch zu bitten, daß sie an die Fräulein Howe schreiben. Jch hoffe, wo Fräulein Howe, nicht meine Feindinn ist - -
Sie ist keine Feindinn von ihrer Person, mein Herr: davon würden sie überzeugt werden, wenn sie ihren letzten Brief an mich sehen sollten(*). Wäre sie aber nicht eine Feindinn von ihren Handlungen: so würde sie weder mei- ne Freundinn, noch eine Freundinn von Tugend seyn. Warum wollen sie mich zu denen harten
Aus-
(*) Die Fräulein meynt in ihrer Unschuld einen Brief, den Herr Lovelace selbst geschmiedet hat. Siehe den XXI. Brief dieses Theils.
eher an die Fraͤulein Howe zu ſchreiben, als die Antwort derſelben ankommen koͤnnte, um ihr den gegenwaͤrtigen Zuſtand der Sachen vorzulegen, und, wenn ſie ſich nach dem Urtheile dieſer Fraͤu- lein richten wollte, ihr die Bequemlichkeit zu ge- ſtatten, das Urtheil mit voͤlliger Wiſſenſchaft der Sache zu faͤllen.
Das wuͤrde ich thun, Herr Lovelace, war die Antwort: wenn ich ſelbſt noch zweifelhaft waͤre, was ich vorziehen wollte; die Heyrath, oder den Anſchlag, deſſen ich gedacht habe. Sie koͤnnen nicht anders gedenken, mein Herr, als daß ich das letzte waͤhlen muͤſſe. Jch wuͤnſche mich bey gu- tem Sinne von ihnen zu trennen ‒ Noͤthigen ſie mich nicht zu wiederholen ‒ ‒
Von mir zu trennen, gnaͤdige Fraͤulein! fiel ich ihr in die Rede. ‒ ‒ Die Worte kann ich unmoͤglich ertragen! ‒ ‒ Erlauben ſie mir doch zu bitten, daß ſie an die Fraͤulein Howe ſchreiben. Jch hoffe, wo Fraͤulein Howe, nicht meine Feindinn iſt ‒ ‒
Sie iſt keine Feindinn von ihrer Perſon, mein Herr: davon wuͤrden ſie uͤberzeugt werden, wenn ſie ihren letzten Brief an mich ſehen ſollten(*). Waͤre ſie aber nicht eine Feindinn von ihren Handlungen: ſo wuͤrde ſie weder mei- ne Freundinn, noch eine Freundinn von Tugend ſeyn. Warum wollen ſie mich zu denen harten
Aus-
(*) Die Fraͤulein meynt in ihrer Unſchuld einen Brief, den Herr Lovelace ſelbſt geſchmiedet hat. Siehe den XXI. Brief dieſes Theils.
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eher an die Fraͤulein Howe zu ſchreiben, als die
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gegenwaͤrtigen Zuſtand der Sachen vorzulegen,
und, wenn ſie ſich nach dem Urtheile dieſer Fraͤu-
lein richten wollte, ihr die Bequemlichkeit zu ge-
ſtatten, das Urtheil mit voͤlliger Wiſſenſchaft der
Sache zu faͤllen.
Das wuͤrde ich thun, Herr Lovelace, war die
Antwort: wenn ich ſelbſt noch zweifelhaft waͤre,
was ich vorziehen wollte; die Heyrath, oder den
Anſchlag, deſſen ich gedacht habe. Sie koͤnnen
nicht anders gedenken, mein Herr, als daß ich das
letzte waͤhlen muͤſſe. Jch wuͤnſche mich bey gu-
tem Sinne von ihnen zu trennen ‒ Noͤthigen
ſie mich nicht zu wiederholen ‒ ‒
Von mir zu trennen, gnaͤdige Fraͤulein!
fiel ich ihr in die Rede. ‒ ‒ Die Worte kann
ich unmoͤglich ertragen! ‒ ‒ Erlauben ſie mir
doch zu bitten, daß ſie an die Fraͤulein Howe
ſchreiben. Jch hoffe, wo Fraͤulein Howe, nicht
meine Feindinn iſt ‒ ‒
Sie iſt keine Feindinn von ihrer Perſon,
mein Herr: davon wuͤrden ſie uͤberzeugt werden,
wenn ſie ihren letzten Brief an mich ſehen
ſollten (*). Waͤre ſie aber nicht eine Feindinn
von ihren Handlungen: ſo wuͤrde ſie weder mei-
ne Freundinn, noch eine Freundinn von Tugend
ſeyn. Warum wollen ſie mich zu denen harten
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(*) Die Fraͤulein meynt in ihrer Unſchuld einen Brief,
den Herr Lovelace ſelbſt geſchmiedet hat. Siehe
den XXI. Brief dieſes Theils.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/498>, abgerufen am 23.11.2024.
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