gefaßt hatte: so ward sie fester in ihrem Ent- schlusse; nachdem sie ein oder zweymal queer durch das Zimmer gegangen war. Sie erklärte sich wieder, wie sie vorher gethan hatte, daß sie den Ausschlag von der Fräulein Howe Antwort auf ihren Brief, den sie von hier abgelassen hatte, erwarten, und darnach ihre Maaßregeln nehmen wollte. Unterdessen wollte sie ihm überlassen, ihrem Onkel das zu sagen, was er selbst für dien- lich hielte. Sie zweifelte nach der Gütigkeit des Capitains Tomlinson im geringsten nicht, daß er die vortheilhafteste Nachricht, die nur mit der Wahrheit bestehen könnte, geben würde: und sie würde sich freuen, wenn sie ein paar Zeilen von ihm bekäme, wodurch sie dieselbe erfahren möchte.
Sie wünschte ihm eine glückliche Reise, be- klagte sich über ihren Kopf und war im Begriff wegzugehen. Allein ich ging zu der andern Thü- re bey den Treppen herum: als wenn ich eben aus dem Garten gekommen wäre. Diesen rühm- te ich deswegen, als ich hineintrat, und ergriff ihre ringende Hand, da sie hinausgehen wollte. Mein liebstes Leben, sie werden ja nicht wegge- hen! - - Was für Hoffnung, Herr Capitain? - - Haben sie mir keine Hoffnung zur Verzei- hung und Versöhnung zu geben?
Die Fräulein sagte, sie wollte nicht aufge- halten seyn. Jnzwischen wollte ich sie doch nicht eher gehen lassen, bis sie mir wiederzukommen ver-
spro-
G g 3
gefaßt hatte: ſo ward ſie feſter in ihrem Ent- ſchluſſe; nachdem ſie ein oder zweymal queer durch das Zimmer gegangen war. Sie erklaͤrte ſich wieder, wie ſie vorher gethan hatte, daß ſie den Ausſchlag von der Fraͤulein Howe Antwort auf ihren Brief, den ſie von hier abgelaſſen hatte, erwarten, und darnach ihre Maaßregeln nehmen wollte. Unterdeſſen wollte ſie ihm uͤberlaſſen, ihrem Onkel das zu ſagen, was er ſelbſt fuͤr dien- lich hielte. Sie zweifelte nach der Guͤtigkeit des Capitains Tomlinſon im geringſten nicht, daß er die vortheilhafteſte Nachricht, die nur mit der Wahrheit beſtehen koͤnnte, geben wuͤrde: und ſie wuͤrde ſich freuen, wenn ſie ein paar Zeilen von ihm bekaͤme, wodurch ſie dieſelbe erfahren moͤchte.
Sie wuͤnſchte ihm eine gluͤckliche Reiſe, be- klagte ſich uͤber ihren Kopf und war im Begriff wegzugehen. Allein ich ging zu der andern Thuͤ- re bey den Treppen herum: als wenn ich eben aus dem Garten gekommen waͤre. Dieſen ruͤhm- te ich deswegen, als ich hineintrat, und ergriff ihre ringende Hand, da ſie hinausgehen wollte. Mein liebſtes Leben, ſie werden ja nicht wegge- hen! ‒ ‒ Was fuͤr Hoffnung, Herr Capitain? ‒ ‒ Haben ſie mir keine Hoffnung zur Verzei- hung und Verſoͤhnung zu geben?
Die Fraͤulein ſagte, ſie wollte nicht aufge- halten ſeyn. Jnzwiſchen wollte ich ſie doch nicht eher gehen laſſen, bis ſie mir wiederzukommen ver-
ſpro-
G g 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0475"n="469"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
gefaßt hatte: ſo ward ſie feſter in ihrem Ent-<lb/>ſchluſſe; nachdem ſie ein oder zweymal queer durch<lb/>
das Zimmer gegangen war. Sie erklaͤrte ſich<lb/>
wieder, wie ſie vorher gethan hatte, daß ſie den<lb/>
Ausſchlag von der Fraͤulein Howe Antwort auf<lb/>
ihren Brief, den ſie von hier abgelaſſen hatte,<lb/>
erwarten, und darnach ihre Maaßregeln nehmen<lb/>
wollte. Unterdeſſen wollte ſie ihm uͤberlaſſen,<lb/>
ihrem Onkel das zu ſagen, was er ſelbſt fuͤr dien-<lb/>
lich hielte. Sie zweifelte nach der Guͤtigkeit des<lb/>
Capitains Tomlinſon im geringſten nicht, daß er<lb/>
die vortheilhafteſte Nachricht, die nur mit der<lb/><hirendition="#fr">Wahrheit</hi> beſtehen koͤnnte, geben wuͤrde: und<lb/>ſie wuͤrde ſich freuen, wenn ſie ein paar Zeilen<lb/>
von ihm bekaͤme, wodurch ſie <hirendition="#fr">dieſelbe</hi> erfahren<lb/>
moͤchte.</p><lb/><p>Sie wuͤnſchte ihm eine gluͤckliche Reiſe, be-<lb/>
klagte ſich uͤber ihren Kopf und war im Begriff<lb/>
wegzugehen. Allein ich ging zu der andern Thuͤ-<lb/>
re bey den Treppen herum: als wenn ich eben<lb/>
aus dem Garten gekommen waͤre. Dieſen ruͤhm-<lb/>
te ich deswegen, als ich hineintrat, und ergriff<lb/>
ihre ringende Hand, da ſie hinausgehen wollte.<lb/>
Mein liebſtes Leben, ſie werden ja nicht wegge-<lb/>
hen! ‒‒ Was fuͤr Hoffnung, Herr Capitain?<lb/>‒‒ Haben ſie mir keine Hoffnung zur Verzei-<lb/>
hung und Verſoͤhnung zu geben?</p><lb/><p>Die Fraͤulein ſagte, ſie wollte nicht aufge-<lb/>
halten ſeyn. Jnzwiſchen wollte ich ſie doch nicht<lb/>
eher gehen laſſen, bis ſie mir wiederzukommen ver-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">G g 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſpro-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[469/0475]
gefaßt hatte: ſo ward ſie feſter in ihrem Ent-
ſchluſſe; nachdem ſie ein oder zweymal queer durch
das Zimmer gegangen war. Sie erklaͤrte ſich
wieder, wie ſie vorher gethan hatte, daß ſie den
Ausſchlag von der Fraͤulein Howe Antwort auf
ihren Brief, den ſie von hier abgelaſſen hatte,
erwarten, und darnach ihre Maaßregeln nehmen
wollte. Unterdeſſen wollte ſie ihm uͤberlaſſen,
ihrem Onkel das zu ſagen, was er ſelbſt fuͤr dien-
lich hielte. Sie zweifelte nach der Guͤtigkeit des
Capitains Tomlinſon im geringſten nicht, daß er
die vortheilhafteſte Nachricht, die nur mit der
Wahrheit beſtehen koͤnnte, geben wuͤrde: und
ſie wuͤrde ſich freuen, wenn ſie ein paar Zeilen
von ihm bekaͤme, wodurch ſie dieſelbe erfahren
moͤchte.
Sie wuͤnſchte ihm eine gluͤckliche Reiſe, be-
klagte ſich uͤber ihren Kopf und war im Begriff
wegzugehen. Allein ich ging zu der andern Thuͤ-
re bey den Treppen herum: als wenn ich eben
aus dem Garten gekommen waͤre. Dieſen ruͤhm-
te ich deswegen, als ich hineintrat, und ergriff
ihre ringende Hand, da ſie hinausgehen wollte.
Mein liebſtes Leben, ſie werden ja nicht wegge-
hen! ‒ ‒ Was fuͤr Hoffnung, Herr Capitain?
‒ ‒ Haben ſie mir keine Hoffnung zur Verzei-
hung und Verſoͤhnung zu geben?
Die Fraͤulein ſagte, ſie wollte nicht aufge-
halten ſeyn. Jnzwiſchen wollte ich ſie doch nicht
eher gehen laſſen, bis ſie mir wiederzukommen ver-
ſpro-
G g 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/475>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.