Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



men - - auch selbst auf sie nicht, Herr Capi-
tain Tomlinson: erlauben sie mir das zu sagen,
ob ich gleich geneigt bin, eine gute Meynung von
ihnen zu hegen. Wäre der Mensch nicht versi-
chert gewesen, daß er sie zu seinem Vortheil einge-
nommen hätte: so würde er sie nicht nach Hamp-
stead gebracht haben.

Capit. Daß ich eingenommen bin, wie sie
es nennen, gnädige Fräulein, ist mehr um ihres
Onkels und ihrer selbst, als um des Herrn Love-
lace willen: das will ich ihm in die Augen sa-
gen. Was kann ich anders zur Absicht haben,
als Friede und Versöhnung zu stisften? Jch ha-
be an Hrn. Lovelacen von Anfange getadelt,
und tadle es nun wieder, daß er übel ärger ge-
macht und Schrecken durch Schrecken vermehret
hat: da die Fräulein, wie sie, mein Herr, selbst
gestehen, schon vorher beynahe in Ohnmacht ge-
fallen war - - Bey diesen Worten sahe er
sehr vornehm aus.

Lovel. Jch will bekennen, Herr Capitain
Tomlinson, daß ich ein sehr strafwürdiger, ein
recht thörichter, und, wo diese wertheste Fräulein
mich jemals mit ihrer Liebe beehret hat, ein un-
dankbarer
Mensch gewesen sey. Aber ich habe
allzu viel Ursache gehabt, daran zu zweifeln.
Und itzo ist dieß ja ein offenbarer Beweis, wie
wenig sie gegen mich diejenige Achtung gehabt,
welche mein stolzes Herz gewünschet hat, daß,
da so vortheilhafte Umstände vor unsern Augen
sind; da der gewünschte Tag so nahe ist; da die

Ehe-



men ‒ ‒ auch ſelbſt auf ſie nicht, Herr Capi-
tain Tomlinſon: erlauben ſie mir das zu ſagen,
ob ich gleich geneigt bin, eine gute Meynung von
ihnen zu hegen. Waͤre der Menſch nicht verſi-
chert geweſen, daß er ſie zu ſeinem Vortheil einge-
nommen haͤtte: ſo wuͤrde er ſie nicht nach Hamp-
ſtead gebracht haben.

Capit. Daß ich eingenommen bin, wie ſie
es nennen, gnaͤdige Fraͤulein, iſt mehr um ihres
Onkels und ihrer ſelbſt, als um des Herrn Love-
lace willen: das will ich ihm in die Augen ſa-
gen. Was kann ich anders zur Abſicht haben,
als Friede und Verſoͤhnung zu ſtiſften? Jch ha-
be an Hrn. Lovelacen von Anfange getadelt,
und tadle es nun wieder, daß er uͤbel aͤrger ge-
macht und Schrecken durch Schrecken vermehret
hat: da die Fraͤulein, wie ſie, mein Herr, ſelbſt
geſtehen, ſchon vorher beynahe in Ohnmacht ge-
fallen war ‒ ‒ Bey dieſen Worten ſahe er
ſehr vornehm aus.

Lovel. Jch will bekennen, Herr Capitain
Tomlinſon, daß ich ein ſehr ſtrafwuͤrdiger, ein
recht thoͤrichter, und, wo dieſe wertheſte Fraͤulein
mich jemals mit ihrer Liebe beehret hat, ein un-
dankbarer
Menſch geweſen ſey. Aber ich habe
allzu viel Urſache gehabt, daran zu zweifeln.
Und itzo iſt dieß ja ein offenbarer Beweis, wie
wenig ſie gegen mich diejenige Achtung gehabt,
welche mein ſtolzes Herz gewuͤnſchet hat, daß,
da ſo vortheilhafte Umſtaͤnde vor unſern Augen
ſind; da der gewuͤnſchte Tag ſo nahe iſt; da die

Ehe-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0417" n="411"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
men &#x2012; &#x2012; auch &#x017F;elb&#x017F;t auf &#x017F;ie nicht, Herr Capi-<lb/>
tain Tomlin&#x017F;on: erlauben &#x017F;ie mir das zu &#x017F;agen,<lb/>
ob ich gleich geneigt bin, eine gute Meynung von<lb/>
ihnen zu hegen. Wa&#x0364;re der Men&#x017F;ch nicht ver&#x017F;i-<lb/>
chert gewe&#x017F;en, daß er &#x017F;ie zu &#x017F;einem Vortheil einge-<lb/>
nommen ha&#x0364;tte: &#x017F;o wu&#x0364;rde er &#x017F;ie nicht nach Hamp-<lb/>
&#x017F;tead gebracht haben.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Capit.</hi> Daß ich <hi rendition="#fr">eingenommen</hi> bin, wie &#x017F;ie<lb/>
es nennen, gna&#x0364;dige Fra&#x0364;ulein, i&#x017F;t mehr um ihres<lb/>
Onkels und ihrer &#x017F;elb&#x017F;t, als um des Herrn Love-<lb/>
lace willen: das will ich ihm in die Augen &#x017F;a-<lb/>
gen. Was kann ich anders zur Ab&#x017F;icht haben,<lb/>
als Friede und Ver&#x017F;o&#x0364;hnung zu &#x017F;ti&#x017F;ften? Jch ha-<lb/>
be an Hrn. Lovelacen von <hi rendition="#fr">Anfange</hi> getadelt,<lb/>
und tadle es nun <hi rendition="#fr">wieder,</hi> daß er u&#x0364;bel a&#x0364;rger ge-<lb/>
macht und Schrecken durch Schrecken vermehret<lb/>
hat: da die Fra&#x0364;ulein, wie &#x017F;ie, mein Herr, &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ge&#x017F;tehen, &#x017F;chon <hi rendition="#fr">vorher</hi> beynahe in Ohnmacht ge-<lb/>
fallen war &#x2012; &#x2012; <hi rendition="#fr">Bey die&#x017F;en Worten &#x017F;ahe er<lb/>
&#x017F;ehr vornehm aus.</hi></p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lovel.</hi> Jch will bekennen, Herr Capitain<lb/>
Tomlin&#x017F;on, daß ich ein &#x017F;ehr &#x017F;trafwu&#x0364;rdiger, ein<lb/>
recht tho&#x0364;richter, und, wo die&#x017F;e werthe&#x017F;te Fra&#x0364;ulein<lb/>
mich <hi rendition="#fr">jemals</hi> mit ihrer Liebe beehret hat, ein <hi rendition="#fr">un-<lb/>
dankbarer</hi> Men&#x017F;ch gewe&#x017F;en &#x017F;ey. Aber ich habe<lb/>
allzu viel Ur&#x017F;ache gehabt, daran zu zweifeln.<lb/>
Und itzo i&#x017F;t dieß ja ein offenbarer Beweis, wie<lb/>
wenig &#x017F;ie gegen mich diejenige Achtung gehabt,<lb/>
welche mein &#x017F;tolzes Herz gewu&#x0364;n&#x017F;chet hat, daß,<lb/>
da &#x017F;o vortheilhafte Um&#x017F;ta&#x0364;nde vor un&#x017F;ern Augen<lb/>
&#x017F;ind; da der gewu&#x0364;n&#x017F;chte Tag &#x017F;o nahe i&#x017F;t; da die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ehe-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[411/0417] men ‒ ‒ auch ſelbſt auf ſie nicht, Herr Capi- tain Tomlinſon: erlauben ſie mir das zu ſagen, ob ich gleich geneigt bin, eine gute Meynung von ihnen zu hegen. Waͤre der Menſch nicht verſi- chert geweſen, daß er ſie zu ſeinem Vortheil einge- nommen haͤtte: ſo wuͤrde er ſie nicht nach Hamp- ſtead gebracht haben. Capit. Daß ich eingenommen bin, wie ſie es nennen, gnaͤdige Fraͤulein, iſt mehr um ihres Onkels und ihrer ſelbſt, als um des Herrn Love- lace willen: das will ich ihm in die Augen ſa- gen. Was kann ich anders zur Abſicht haben, als Friede und Verſoͤhnung zu ſtiſften? Jch ha- be an Hrn. Lovelacen von Anfange getadelt, und tadle es nun wieder, daß er uͤbel aͤrger ge- macht und Schrecken durch Schrecken vermehret hat: da die Fraͤulein, wie ſie, mein Herr, ſelbſt geſtehen, ſchon vorher beynahe in Ohnmacht ge- fallen war ‒ ‒ Bey dieſen Worten ſahe er ſehr vornehm aus. Lovel. Jch will bekennen, Herr Capitain Tomlinſon, daß ich ein ſehr ſtrafwuͤrdiger, ein recht thoͤrichter, und, wo dieſe wertheſte Fraͤulein mich jemals mit ihrer Liebe beehret hat, ein un- dankbarer Menſch geweſen ſey. Aber ich habe allzu viel Urſache gehabt, daran zu zweifeln. Und itzo iſt dieß ja ein offenbarer Beweis, wie wenig ſie gegen mich diejenige Achtung gehabt, welche mein ſtolzes Herz gewuͤnſchet hat, daß, da ſo vortheilhafte Umſtaͤnde vor unſern Augen ſind; da der gewuͤnſchte Tag ſo nahe iſt; da die Ehe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/417
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/417>, abgerufen am 23.11.2024.