Capit. Wo es nicht zu seinem Vortheile ist: so habe ich nichts weiter zu sagen. Jch kann keine stärkere Gründe gebrauchen, als ich schon gebrauchet habe: und es würde unverschämt seyn, sie noch einmal zu wiederholen. - - Jst es nicht möglich, daß sie ihm die Beleidigung vergeben können: so muß sie nothwendig viel größer ge- wesen seyn, als er gegen mich gestanden hat. - - Wo sie sich vollkommen entschlossen haben: so belieben sie mir zu eröffnen, was ich zu ihrem Onkel sagen soll? Sie haben die Gewogenheit gehabt, mich zu versichern, daß dieser Tag mei- ner Mühe, wie sie es nannten, ein Ende machen sollte: ich würde es für keine Mühe gehalten ha- ben, wenn ich zur Aussöhnung zwoer Personen von Verdienst und Ansehen ein geringes Werk- zeug abzugeben vermögend gewesen wäre.
Hierauf ging ich mit einem ernsthaften Ge- sichte hinein.
Lovel. Herr Tomlinson, ich habe ein gro- ßes Theil von der Unterredung gehöret, die zwischen ihnen und dieser unversöhnlichen, ob gleich sonst unvergleichlichen Fräulein vorgefal- len ist. Es kränket mich innigst, daß ich diese allerliebenswürdigste Person so schlüßig finde. Jch hätte es nimmermehr für möglich halten können, bey so vortheilhaften Umständen als wir zu hoffen vor uns hatten, daß ich so wenig Theil an ihrer Achtung haben sollte. Jnzwischen muß ich mir selbst wegen der Beleidigung, die ich das Unglück gehabt habe zu verursachen, Gerechtig-
keit
C c 4
Capit. Wo es nicht zu ſeinem Vortheile iſt: ſo habe ich nichts weiter zu ſagen. Jch kann keine ſtaͤrkere Gruͤnde gebrauchen, als ich ſchon gebrauchet habe: und es wuͤrde unverſchaͤmt ſeyn, ſie noch einmal zu wiederholen. ‒ ‒ Jſt es nicht moͤglich, daß ſie ihm die Beleidigung vergeben koͤnnen: ſo muß ſie nothwendig viel groͤßer ge- weſen ſeyn, als er gegen mich geſtanden hat. ‒ ‒ Wo ſie ſich vollkommen entſchloſſen haben: ſo belieben ſie mir zu eroͤffnen, was ich zu ihrem Onkel ſagen ſoll? Sie haben die Gewogenheit gehabt, mich zu verſichern, daß dieſer Tag mei- ner Muͤhe, wie ſie es nannten, ein Ende machen ſollte: ich wuͤrde es fuͤr keine Muͤhe gehalten ha- ben, wenn ich zur Ausſoͤhnung zwoer Perſonen von Verdienſt und Anſehen ein geringes Werk- zeug abzugeben vermoͤgend geweſen waͤre.
Hierauf ging ich mit einem ernſthaften Ge- ſichte hinein.
Lovel. Herr Tomlinſon, ich habe ein gro- ßes Theil von der Unterredung gehoͤret, die zwiſchen ihnen und dieſer unverſoͤhnlichen, ob gleich ſonſt unvergleichlichen Fraͤulein vorgefal- len iſt. Es kraͤnket mich innigſt, daß ich dieſe allerliebenswuͤrdigſte Perſon ſo ſchluͤßig finde. Jch haͤtte es nimmermehr fuͤr moͤglich halten koͤnnen, bey ſo vortheilhaften Umſtaͤnden als wir zu hoffen vor uns hatten, daß ich ſo wenig Theil an ihrer Achtung haben ſollte. Jnzwiſchen muß ich mir ſelbſt wegen der Beleidigung, die ich das Ungluͤck gehabt habe zu verurſachen, Gerechtig-
keit
C c 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0413"n="407"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#fr">Capit.</hi> Wo es nicht zu ſeinem Vortheile iſt:<lb/>ſo habe ich nichts weiter zu ſagen. Jch kann<lb/>
keine ſtaͤrkere Gruͤnde gebrauchen, als ich ſchon<lb/>
gebrauchet habe: und es wuͤrde unverſchaͤmt ſeyn,<lb/>ſie noch einmal zu wiederholen. ‒‒ Jſt es nicht<lb/>
moͤglich, daß ſie ihm die Beleidigung vergeben<lb/>
koͤnnen: ſo muß ſie nothwendig viel groͤßer ge-<lb/>
weſen ſeyn, als er gegen mich geſtanden hat. ‒<lb/>‒ Wo ſie ſich vollkommen entſchloſſen haben: ſo<lb/>
belieben ſie mir zu eroͤffnen, was ich zu ihrem<lb/>
Onkel ſagen ſoll? Sie haben die Gewogenheit<lb/>
gehabt, mich zu verſichern, daß dieſer Tag mei-<lb/>
ner Muͤhe, wie ſie es nannten, ein Ende machen<lb/>ſollte: ich wuͤrde es fuͤr keine Muͤhe gehalten ha-<lb/>
ben, wenn ich zur Ausſoͤhnung zwoer Perſonen<lb/>
von Verdienſt und Anſehen ein geringes Werk-<lb/>
zeug abzugeben vermoͤgend geweſen waͤre.</p><lb/><p>Hierauf ging ich mit einem ernſthaften Ge-<lb/>ſichte hinein.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Lovel.</hi> Herr Tomlinſon, ich habe ein gro-<lb/>
ßes Theil von der Unterredung gehoͤret, die<lb/>
zwiſchen ihnen und dieſer unverſoͤhnlichen, ob<lb/>
gleich ſonſt unvergleichlichen Fraͤulein vorgefal-<lb/>
len iſt. Es kraͤnket mich innigſt, daß ich dieſe<lb/>
allerliebenswuͤrdigſte Perſon ſo ſchluͤßig finde.<lb/>
Jch haͤtte es nimmermehr fuͤr moͤglich halten<lb/>
koͤnnen, bey ſo vortheilhaften Umſtaͤnden als wir<lb/>
zu hoffen vor uns hatten, daß ich ſo wenig Theil<lb/>
an ihrer Achtung haben ſollte. Jnzwiſchen muß<lb/>
ich mir ſelbſt wegen der Beleidigung, die ich das<lb/>
Ungluͤck gehabt habe zu verurſachen, Gerechtig-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C c 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">keit</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[407/0413]
Capit. Wo es nicht zu ſeinem Vortheile iſt:
ſo habe ich nichts weiter zu ſagen. Jch kann
keine ſtaͤrkere Gruͤnde gebrauchen, als ich ſchon
gebrauchet habe: und es wuͤrde unverſchaͤmt ſeyn,
ſie noch einmal zu wiederholen. ‒ ‒ Jſt es nicht
moͤglich, daß ſie ihm die Beleidigung vergeben
koͤnnen: ſo muß ſie nothwendig viel groͤßer ge-
weſen ſeyn, als er gegen mich geſtanden hat. ‒
‒ Wo ſie ſich vollkommen entſchloſſen haben: ſo
belieben ſie mir zu eroͤffnen, was ich zu ihrem
Onkel ſagen ſoll? Sie haben die Gewogenheit
gehabt, mich zu verſichern, daß dieſer Tag mei-
ner Muͤhe, wie ſie es nannten, ein Ende machen
ſollte: ich wuͤrde es fuͤr keine Muͤhe gehalten ha-
ben, wenn ich zur Ausſoͤhnung zwoer Perſonen
von Verdienſt und Anſehen ein geringes Werk-
zeug abzugeben vermoͤgend geweſen waͤre.
Hierauf ging ich mit einem ernſthaften Ge-
ſichte hinein.
Lovel. Herr Tomlinſon, ich habe ein gro-
ßes Theil von der Unterredung gehoͤret, die
zwiſchen ihnen und dieſer unverſoͤhnlichen, ob
gleich ſonſt unvergleichlichen Fraͤulein vorgefal-
len iſt. Es kraͤnket mich innigſt, daß ich dieſe
allerliebenswuͤrdigſte Perſon ſo ſchluͤßig finde.
Jch haͤtte es nimmermehr fuͤr moͤglich halten
koͤnnen, bey ſo vortheilhaften Umſtaͤnden als wir
zu hoffen vor uns hatten, daß ich ſo wenig Theil
an ihrer Achtung haben ſollte. Jnzwiſchen muß
ich mir ſelbſt wegen der Beleidigung, die ich das
Ungluͤck gehabt habe zu verurſachen, Gerechtig-
keit
C c 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/413>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.