Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



halb Dutzend solcher Blitze, solcher Augenstrah-
len, in eben so vielen verschiednen Unterredungen
mit dieser durch die Seele dringenden Schönheit
gefühlet.

Jhr Onkel, müßte sie gestehen, wäre nicht
gewohnt, auf solche Auswege zu denken: allein
sie hätte dieß bey sich sebst dadurch mit einander
zu reimen gewußt, daß der Fall zum Unglück
ganz außerordentlich wäre, und er für ihre Ehre
Sorge trüge.

Dieß erleichterte dem armen Schelm das Herz
und machte ihn mehr Muth.

Sie frug ihn ob er glaubte, daß die Lady
Elisabeth und die Fräulein Montague ihr einen
Besuch zugedacht hätten.

Er zweifelte gar nicht daran.

Bildet Herr Lovelace sich ein, fuhr sie fort,
daß ich mich bewegen lassen könnte, die Nach-
richt, welche sie ausge bracht haben, gegen die-
selben zu unterstützen?

Jch hatte mir Hoffnung gemacht sie
dahin zu bringen, Bruder: sonst hätte sie
ihre Briefe nicht zu sehen bekommen.
Aber
ich hatte dem Capitain schon gesagt, daß ich
glaubte, ich müßte diese Hoffnung aufgeben.

Nein. Er glaubte, daß ich mir keine sol-
che Gedanken machte. Er wäre fast versichert,
daß ich willens wäre, ihnen, wenn ich sie sprä-
che, die reine Wahrheit, als im Vertrauen,
zu sagen.

Hier-



halb Dutzend ſolcher Blitze, ſolcher Augenſtrah-
len, in eben ſo vielen verſchiednen Unterredungen
mit dieſer durch die Seele dringenden Schoͤnheit
gefuͤhlet.

Jhr Onkel, muͤßte ſie geſtehen, waͤre nicht
gewohnt, auf ſolche Auswege zu denken: allein
ſie haͤtte dieß bey ſich ſebſt dadurch mit einander
zu reimen gewußt, daß der Fall zum Ungluͤck
ganz außerordentlich waͤre, und er fuͤr ihre Ehre
Sorge truͤge.

Dieß erleichterte dem armen Schelm das Herz
und machte ihn mehr Muth.

Sie frug ihn ob er glaubte, daß die Lady
Eliſabeth und die Fraͤulein Montague ihr einen
Beſuch zugedacht haͤtten.

Er zweifelte gar nicht daran.

Bildet Herr Lovelace ſich ein, fuhr ſie fort,
daß ich mich bewegen laſſen koͤnnte, die Nach-
richt, welche ſie ausge bracht haben, gegen die-
ſelben zu unterſtuͤtzen?

Jch hatte mir Hoffnung gemacht ſie
dahin zu bringen, Bruder: ſonſt haͤtte ſie
ihre Briefe nicht zu ſehen bekommen.
Aber
ich hatte dem Capitain ſchon geſagt, daß ich
glaubte, ich muͤßte dieſe Hoffnung aufgeben.

Nein. Er glaubte, daß ich mir keine ſol-
che Gedanken machte. Er waͤre faſt verſichert,
daß ich willens waͤre, ihnen, wenn ich ſie ſpraͤ-
che, die reine Wahrheit, als im Vertrauen,
zu ſagen.

Hier-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0406" n="400"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
halb Dutzend &#x017F;olcher Blitze, &#x017F;olcher Augen&#x017F;trah-<lb/>
len, in eben &#x017F;o vielen ver&#x017F;chiednen Unterredungen<lb/>
mit die&#x017F;er durch die Seele dringenden Scho&#x0364;nheit<lb/>
gefu&#x0364;hlet.</p><lb/>
          <p>Jhr Onkel, mu&#x0364;ßte &#x017F;ie ge&#x017F;tehen, wa&#x0364;re nicht<lb/>
gewohnt, auf &#x017F;olche Auswege zu denken: allein<lb/>
&#x017F;ie ha&#x0364;tte dieß bey &#x017F;ich &#x017F;eb&#x017F;t dadurch mit einander<lb/>
zu reimen gewußt, daß der Fall zum Unglu&#x0364;ck<lb/>
ganz außerordentlich wa&#x0364;re, und er fu&#x0364;r ihre Ehre<lb/>
Sorge tru&#x0364;ge.</p><lb/>
          <p>Dieß erleichterte dem armen Schelm das Herz<lb/>
und machte ihn mehr Muth.</p><lb/>
          <p>Sie frug ihn ob er glaubte, daß die Lady<lb/>
Eli&#x017F;abeth und die Fra&#x0364;ulein Montague ihr einen<lb/>
Be&#x017F;uch zugedacht ha&#x0364;tten.</p><lb/>
          <p>Er zweifelte gar nicht daran.</p><lb/>
          <p>Bildet Herr Lovelace &#x017F;ich ein, fuhr &#x017F;ie fort,<lb/>
daß ich mich bewegen la&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnte, die Nach-<lb/>
richt, welche &#x017F;ie ausge bracht haben, gegen die-<lb/>
&#x017F;elben zu unter&#x017F;tu&#x0364;tzen?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Jch hatte mir Hoffnung gemacht &#x017F;ie<lb/>
dahin zu bringen, Bruder: &#x017F;on&#x017F;t ha&#x0364;tte &#x017F;ie<lb/>
ihre Briefe nicht zu &#x017F;ehen bekommen.</hi> Aber<lb/>
ich hatte dem Capitain &#x017F;chon ge&#x017F;agt, daß ich<lb/>
glaubte, ich mu&#x0364;ßte die&#x017F;e Hoffnung aufgeben.</p><lb/>
          <p>Nein. Er glaubte, daß ich mir keine &#x017F;ol-<lb/>
che Gedanken machte. Er wa&#x0364;re fa&#x017F;t ver&#x017F;ichert,<lb/>
daß ich willens wa&#x0364;re, <hi rendition="#fr">ihnen,</hi> wenn ich &#x017F;ie &#x017F;pra&#x0364;-<lb/>
che, die reine Wahrheit, als im Vertrauen,<lb/>
zu &#x017F;agen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Hier-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[400/0406] halb Dutzend ſolcher Blitze, ſolcher Augenſtrah- len, in eben ſo vielen verſchiednen Unterredungen mit dieſer durch die Seele dringenden Schoͤnheit gefuͤhlet. Jhr Onkel, muͤßte ſie geſtehen, waͤre nicht gewohnt, auf ſolche Auswege zu denken: allein ſie haͤtte dieß bey ſich ſebſt dadurch mit einander zu reimen gewußt, daß der Fall zum Ungluͤck ganz außerordentlich waͤre, und er fuͤr ihre Ehre Sorge truͤge. Dieß erleichterte dem armen Schelm das Herz und machte ihn mehr Muth. Sie frug ihn ob er glaubte, daß die Lady Eliſabeth und die Fraͤulein Montague ihr einen Beſuch zugedacht haͤtten. Er zweifelte gar nicht daran. Bildet Herr Lovelace ſich ein, fuhr ſie fort, daß ich mich bewegen laſſen koͤnnte, die Nach- richt, welche ſie ausge bracht haben, gegen die- ſelben zu unterſtuͤtzen? Jch hatte mir Hoffnung gemacht ſie dahin zu bringen, Bruder: ſonſt haͤtte ſie ihre Briefe nicht zu ſehen bekommen. Aber ich hatte dem Capitain ſchon geſagt, daß ich glaubte, ich muͤßte dieſe Hoffnung aufgeben. Nein. Er glaubte, daß ich mir keine ſol- che Gedanken machte. Er waͤre faſt verſichert, daß ich willens waͤre, ihnen, wenn ich ſie ſpraͤ- che, die reine Wahrheit, als im Vertrauen, zu ſagen. Hier-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/406
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/406>, abgerufen am 23.11.2024.