leiten würde. Dennoch hätte sie wohl wissen können, daß ein Jrrthum oft viele erzeuget. Herr Lovelace hätte gemacht, daß sie die Wahrheit dieser Anmerkung bey mehr als einer Gelegenheit em- pfunden: und es wäre eine Anmerkung, die er, der Capitain, selbst in einem von denen Briefen, die ihr gestern gezeigt wären, beygebracht hätte.
Er hoffete, daß sie kein Mistrauen gegen ihn haben, daß sie an seiner Ehre nicht zweifeln würde. Halten sie mich für verdächtig, Jhro Gnaden - - Glauben sie, daß ich im Stande bin - - Was für ein Mann - - Gott sey mir gnädig! - - Was für ein Mann muß ich in ih- ren Augen seyn!
Jch hoffe, daß kein Mann in der Welt seyn kann, der in einem solchen Fall, wie dieser ist, für verdächtig gehalten zu werden verdienen könn- te. Jch halte sie nicht für verdächtig. Wäre es möglich, daß es einen solchen Menschen geben könnte: so bin ich versichert, Herr Capitain Tom- linson, ein Vater, der selbst Kinder hat, ein Mann bey Jahren, von Verstande und Erfahrung, kann der Mann nicht seyn.
Er hat mir erzählet, daß ihm damals eben nicht anders zu Muthe gewesen, als wenn er ei- nen plötzlichen Blitz von ihrem Auge, einen Au- genstrahl, wie er es nannte, gefühlet hätte, der als ein Pfeil durch seine bebende Nieren gegan- gen wäre: er hätte zittern müssen.
Das ist des Hundes eignes Gewissen, Bru- der! Nichts anders! - - Jch habe wohl ein
halb
leiten wuͤrde. Dennoch haͤtte ſie wohl wiſſen koͤnnen, daß ein Jrrthum oft viele erzeuget. Herr Lovelace haͤtte gemacht, daß ſie die Wahrheit dieſer Anmerkung bey mehr als einer Gelegenheit em- pfunden: und es waͤre eine Anmerkung, die er, der Capitain, ſelbſt in einem von denen Briefen, die ihr geſtern gezeigt waͤren, beygebracht haͤtte.
Er hoffete, daß ſie kein Mistrauen gegen ihn haben, daß ſie an ſeiner Ehre nicht zweifeln wuͤrde. Halten ſie mich fuͤr verdaͤchtig, Jhro Gnaden ‒ ‒ Glauben ſie, daß ich im Stande bin ‒ ‒ Was fuͤr ein Mann ‒ ‒ Gott ſey mir gnaͤdig! ‒ ‒ Was fuͤr ein Mann muß ich in ih- ren Augen ſeyn!
Jch hoffe, daß kein Mann in der Welt ſeyn kann, der in einem ſolchen Fall, wie dieſer iſt, fuͤr verdaͤchtig gehalten zu werden verdienen koͤnn- te. Jch halte ſie nicht fuͤr verdaͤchtig. Waͤre es moͤglich, daß es einen ſolchen Menſchen geben koͤnnte: ſo bin ich verſichert, Herr Capitain Tom- linſon, ein Vater, der ſelbſt Kinder hat, ein Mann bey Jahren, von Verſtande und Erfahrung, kann der Mann nicht ſeyn.
Er hat mir erzaͤhlet, daß ihm damals eben nicht anders zu Muthe geweſen, als wenn er ei- nen ploͤtzlichen Blitz von ihrem Auge, einen Au- genſtrahl, wie er es nannte, gefuͤhlet haͤtte, der als ein Pfeil durch ſeine bebende Nieren gegan- gen waͤre: er haͤtte zittern muͤſſen.
Das iſt des Hundes eignes Gewiſſen, Bru- der! Nichts anders! ‒ ‒ Jch habe wohl ein
halb
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0405"n="399"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
leiten wuͤrde. Dennoch haͤtte ſie wohl wiſſen<lb/>
koͤnnen, daß ein Jrrthum oft viele erzeuget. Herr<lb/>
Lovelace haͤtte gemacht, daß ſie die Wahrheit dieſer<lb/>
Anmerkung bey mehr als einer Gelegenheit em-<lb/>
pfunden: und es waͤre eine Anmerkung, die er,<lb/>
der Capitain, ſelbſt in einem von denen Briefen,<lb/>
die ihr geſtern gezeigt waͤren, beygebracht haͤtte.</p><lb/><p>Er hoffete, daß ſie kein Mistrauen gegen ihn<lb/>
haben, daß ſie an <hirendition="#fr">ſeiner Ehre</hi> nicht zweifeln<lb/>
wuͤrde. Halten ſie mich fuͤr verdaͤchtig, Jhro<lb/>
Gnaden ‒‒ Glauben ſie, daß ich im Stande<lb/>
bin ‒‒ Was fuͤr ein Mann ‒‒ Gott ſey mir<lb/>
gnaͤdig! ‒‒ Was fuͤr ein Mann muß ich in ih-<lb/>
ren Augen ſeyn!</p><lb/><p>Jch hoffe, daß kein Mann in der Welt ſeyn<lb/>
kann, der in einem ſolchen Fall, wie dieſer iſt,<lb/>
fuͤr verdaͤchtig gehalten zu werden verdienen koͤnn-<lb/>
te. Jch halte ſie <hirendition="#fr">nicht</hi> fuͤr verdaͤchtig. Waͤre<lb/>
es moͤglich, daß es <hirendition="#fr">einen</hi>ſolchen Menſchen geben<lb/>
koͤnnte: ſo bin ich verſichert, Herr Capitain Tom-<lb/>
linſon, ein Vater, der ſelbſt Kinder hat, ein Mann<lb/>
bey Jahren, von Verſtande und Erfahrung,<lb/>
kann der Mann nicht ſeyn.</p><lb/><p>Er hat mir erzaͤhlet, daß ihm damals eben<lb/>
nicht anders zu Muthe geweſen, als wenn er ei-<lb/>
nen ploͤtzlichen Blitz von ihrem Auge, einen <hirendition="#fr">Au-<lb/>
genſtrahl,</hi> wie er es nannte, gefuͤhlet haͤtte, der<lb/>
als ein Pfeil durch ſeine bebende Nieren gegan-<lb/>
gen waͤre: er haͤtte zittern muͤſſen.</p><lb/><p>Das iſt des Hundes eignes Gewiſſen, Bru-<lb/>
der! Nichts anders! ‒‒ Jch habe wohl ein<lb/><fwplace="bottom"type="catch">halb</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[399/0405]
leiten wuͤrde. Dennoch haͤtte ſie wohl wiſſen
koͤnnen, daß ein Jrrthum oft viele erzeuget. Herr
Lovelace haͤtte gemacht, daß ſie die Wahrheit dieſer
Anmerkung bey mehr als einer Gelegenheit em-
pfunden: und es waͤre eine Anmerkung, die er,
der Capitain, ſelbſt in einem von denen Briefen,
die ihr geſtern gezeigt waͤren, beygebracht haͤtte.
Er hoffete, daß ſie kein Mistrauen gegen ihn
haben, daß ſie an ſeiner Ehre nicht zweifeln
wuͤrde. Halten ſie mich fuͤr verdaͤchtig, Jhro
Gnaden ‒ ‒ Glauben ſie, daß ich im Stande
bin ‒ ‒ Was fuͤr ein Mann ‒ ‒ Gott ſey mir
gnaͤdig! ‒ ‒ Was fuͤr ein Mann muß ich in ih-
ren Augen ſeyn!
Jch hoffe, daß kein Mann in der Welt ſeyn
kann, der in einem ſolchen Fall, wie dieſer iſt,
fuͤr verdaͤchtig gehalten zu werden verdienen koͤnn-
te. Jch halte ſie nicht fuͤr verdaͤchtig. Waͤre
es moͤglich, daß es einen ſolchen Menſchen geben
koͤnnte: ſo bin ich verſichert, Herr Capitain Tom-
linſon, ein Vater, der ſelbſt Kinder hat, ein Mann
bey Jahren, von Verſtande und Erfahrung,
kann der Mann nicht ſeyn.
Er hat mir erzaͤhlet, daß ihm damals eben
nicht anders zu Muthe geweſen, als wenn er ei-
nen ploͤtzlichen Blitz von ihrem Auge, einen Au-
genſtrahl, wie er es nannte, gefuͤhlet haͤtte, der
als ein Pfeil durch ſeine bebende Nieren gegan-
gen waͤre: er haͤtte zittern muͤſſen.
Das iſt des Hundes eignes Gewiſſen, Bru-
der! Nichts anders! ‒ ‒ Jch habe wohl ein
halb
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/405>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.