daß derjenige, welcher es nicht hat, ein Tieger und kein Mensch seyn müsse.
Capit. Erlauben sie mir, Jhro Gnaden, daß ich ein Wort mit ihnen ingeheim reden dür- fe, und zwar für mich selbst.
Die Frauenzimmer machten sich hierauf be- reit wegzugehen. Sie bestand aber darauf, daß wenn jene weggingen, ich nicht da bleiben sollte.
Capit. Mein Herr, darf ich bitten - - Er bückte sich gegen mich.
Jch hoffe, dachte ich, daß ich diesem Hunde mit einem so feyerlichen Bezeigen trauen kann: da er so wohl belehret ist, wie er sich zu verhalten habe. Sie setzet kein Mistrauen in ihn. Jch will nicht länger draußen bleiben, als daß ich ihr Zeit lasse, ihr erstes Feuer zu verlieren.
Jch ging also mit den Weibsleuten fort und verhielte mich bloß leidend - - - aber bückte mich so gegen meine Göttinn, daß dadurch aller Herzen für mich gewonnen wurden, nur dasje- nige nicht, welches ich am meisten nöthig hatte zu gewinnen: denn das stolze Mägdchen bog nicht ein Knie dafür.
Die Unterredung zwischen dem Capitain und der Fräulein, nach unserm Abtritte, bestand in dem, was ich dir im folgenden alsobald mitthei- len will. Sie sprachen beyde laut genug, daß ich sie hören konnte: die Fräulein aus Zorn; der Capitain aus Vorsatz. Und du kannst versichert seyn, daß niemand horchte, als ich selbst. Was
ich
daß derjenige, welcher es nicht hat, ein Tieger und kein Menſch ſeyn muͤſſe.
Capit. Erlauben ſie mir, Jhro Gnaden, daß ich ein Wort mit ihnen ingeheim reden duͤr- fe, und zwar fuͤr mich ſelbſt.
Die Frauenzimmer machten ſich hierauf be- reit wegzugehen. Sie beſtand aber darauf, daß wenn jene weggingen, ich nicht da bleiben ſollte.
Capit. Mein Herr, darf ich bitten ‒ ‒ Er buͤckte ſich gegen mich.
Jch hoffe, dachte ich, daß ich dieſem Hunde mit einem ſo feyerlichen Bezeigen trauen kann: da er ſo wohl belehret iſt, wie er ſich zu verhalten habe. Sie ſetzet kein Mistrauen in ihn. Jch will nicht laͤnger draußen bleiben, als daß ich ihr Zeit laſſe, ihr erſtes Feuer zu verlieren.
Jch ging alſo mit den Weibsleuten fort und verhielte mich bloß leidend ‒ ‒ ‒ aber buͤckte mich ſo gegen meine Goͤttinn, daß dadurch aller Herzen fuͤr mich gewonnen wurden, nur dasje- nige nicht, welches ich am meiſten noͤthig hatte zu gewinnen: denn das ſtolze Maͤgdchen bog nicht ein Knie dafuͤr.
Die Unterredung zwiſchen dem Capitain und der Fraͤulein, nach unſerm Abtritte, beſtand in dem, was ich dir im folgenden alſobald mitthei- len will. Sie ſprachen beyde laut genug, daß ich ſie hoͤren konnte: die Fraͤulein aus Zorn; der Capitain aus Vorſatz. Und du kannſt verſichert ſeyn, daß niemand horchte, als ich ſelbſt. Was
ich
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daß derjenige, welcher es nicht hat, ein Tieger
und kein Menſch ſeyn muͤſſe.
Capit. Erlauben ſie mir, Jhro Gnaden,
daß ich ein Wort mit ihnen ingeheim reden duͤr-
fe, und zwar fuͤr mich ſelbſt.
Die Frauenzimmer machten ſich hierauf be-
reit wegzugehen. Sie beſtand aber darauf, daß
wenn jene weggingen, ich nicht da bleiben
ſollte.
Capit. Mein Herr, darf ich bitten ‒ ‒ Er
buͤckte ſich gegen mich.
Jch hoffe, dachte ich, daß ich dieſem Hunde
mit einem ſo feyerlichen Bezeigen trauen kann:
da er ſo wohl belehret iſt, wie er ſich zu verhalten
habe. Sie ſetzet kein Mistrauen in ihn. Jch
will nicht laͤnger draußen bleiben, als daß ich ihr
Zeit laſſe, ihr erſtes Feuer zu verlieren.
Jch ging alſo mit den Weibsleuten fort und
verhielte mich bloß leidend ‒ ‒ ‒ aber buͤckte
mich ſo gegen meine Goͤttinn, daß dadurch aller
Herzen fuͤr mich gewonnen wurden, nur dasje-
nige nicht, welches ich am meiſten noͤthig hatte
zu gewinnen: denn das ſtolze Maͤgdchen bog nicht
ein Knie dafuͤr.
Die Unterredung zwiſchen dem Capitain und
der Fraͤulein, nach unſerm Abtritte, beſtand in
dem, was ich dir im folgenden alſobald mitthei-
len will. Sie ſprachen beyde laut genug, daß
ich ſie hoͤren konnte: die Fraͤulein aus Zorn; der
Capitain aus Vorſatz. Und du kannſt verſichert
ſeyn, daß niemand horchte, als ich ſelbſt. Was
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/403>, abgerufen am 23.11.2024.
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