Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite


es glauben möchten. Warum aber habe ich dieß
alles aus dem eigentlichen Schreiben der Fräu-

lein
samkeit für nöthig: weil er gewiß ein Betrüger ist,
der immer mehr Eingriffe zu than suchet. Allein
in der That sind alle Mannspersonen von der Art:
und Sie sind eine so reizende Schönheit; und haben
ihn gleichwohl zu einem so fremden Umgange genö-
thiget. - - Jedoch genug bievon! Seyn Sie nur
nicht allzu bedenklich, meine liebste Freundinn: da
Sie nunmehr dem Hafen so nahe sind. Sie sehen,
was Sie sich selbst für Schwierigkeiten zu-
gezogen hatten,
als der Brief von Tomlinson wie-
derum Jhre Gesellschaft mit dem elenden Kerl er-
forderte.
Wofern Sie keine Hindernisse, keine neue Ursa-
chen zu zweifeln sinden: so liegt Jhre Ehre vor den
Augen der Welt daran, daß Sie seine Gemahlinn
werden, und, wie Jhr Onkel gar recht urtheilet,
alle Leute in den Gedanken stehen, daß Sie es schon
eher, als itzo, gewesen sind.
Und gleichwohl, das
muß ich Jhnen frey gestehen,
kann ich kaum die
Vorstellung ertragen,
daß solche liederliche Leute das
Beste von unserm Geschlechte zur Belohnung für
ihre ehrenlose Aufführung bekommen sollten, da das
Schlechteste von demselben für sie noch zu gut ist.
Jch werde diesen langen Brief durch Collins
übersenden. Er ändert mir zu gefallen seinen Tag,
da er sonst zur Stadt zu kommen pflegte. Weil kei-
ne von unsern Briefen durch Wilsons Hände verloh-
ren gegangen sind, als Sie dem Ansehen nach unter
unangenehmern Umständen gewesen: so zweifle ich
gar nicht,
daß auch dieser sicher gehen wird.
Fräulein Lardner, die Sie bey ihrer Base Bid-
dulph geschehen haben, ward Jhrer am Sonntage
vor vierzehn Tage in der Jacobs-Kirche gewahr.
Sie


es glauben moͤchten. Warum aber habe ich dieß
alles aus dem eigentlichen Schreiben der Fraͤu-

lein
ſamkeit fuͤr noͤthig: weil er gewiß ein Betruͤger iſt,
der immer mehr Eingriffe zu than ſuchet. Allein
in der That ſind alle Mannsperſonen von der Art:
und Sie ſind eine ſo reizende Schoͤnheit; und haben
ihn gleichwohl zu einem ſo fremden Umgange genoͤ-
thiget. ‒ ‒ Jedoch genug bievon! Seyn Sie nur
nicht allzu bedenklich, meine liebſte Freundinn: da
Sie nunmehr dem Hafen ſo nahe ſind. Sie ſehen,
was Sie ſich ſelbſt fuͤr Schwierigkeiten zu-
gezogen hatten,
als der Brief von Tomlinſon wie-
derum Jhre Geſellſchaft mit dem elenden Kerl er-
forderte.
Wofern Sie keine Hinderniſſe, keine neue Urſa-
chen zu zweifeln ſinden: ſo liegt Jhre Ehre vor den
Augen der Welt daran, daß Sie ſeine Gemahlinn
werden, und, wie Jhr Onkel gar recht urtheilet,
alle Leute in den Gedanken ſtehen, daß Sie es ſchon
eher, als itzo, geweſen ſind.
Und gleichwohl, das
muß ich Jhnen frey geſtehen,
kann ich kaum die
Vorſtellung ertragen,
daß ſolche liederliche Leute das
Beſte von unſerm Geſchlechte zur Belohnung fuͤr
ihre ehrenloſe Auffuͤhrung bekommen ſollten, da das
Schlechteſte von demſelben fuͤr ſie noch zu gut iſt.
Jch werde dieſen langen Brief durch Collins
uͤberſenden. Er aͤndert mir zu gefallen ſeinen Tag,
da er ſonſt zur Stadt zu kommen pflegte. Weil kei-
ne von unſern Briefen durch Wilſons Haͤnde verloh-
ren gegangen ſind, als Sie dem Anſehen nach unter
unangenehmern Umſtaͤnden geweſen: ſo zweifle ich
gar nicht,
daß auch dieſer ſicher gehen wird.
Fraͤulein Lardner, die Sie bey ihrer Baſe Bid-
dulph geſchehen haben, ward Jhrer am Sonntage
vor vierzehn Tage in der Jacobs-Kirche gewahr.
Sie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0371" n="365"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>es glauben mo&#x0364;chten. Warum aber habe ich dieß<lb/>
alles aus dem eigentlichen Schreiben der Fra&#x0364;u-</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">lein</fw><lb/>
          <note xml:id="b08" prev="#b07" place="foot" next="#b09">
            <p><hi rendition="#fr">&#x017F;amkeit fu&#x0364;r no&#x0364;thig: weil er gewiß ein Betru&#x0364;ger i&#x017F;t,<lb/>
der immer mehr Eingriffe zu than &#x017F;uchet. Allein<lb/>
in der That &#x017F;ind alle Mannsper&#x017F;onen von der Art:<lb/>
und Sie &#x017F;ind eine &#x017F;o reizende Scho&#x0364;nheit; und haben<lb/>
ihn gleichwohl zu einem &#x017F;o fremden Umgange geno&#x0364;-<lb/>
thiget. &#x2012; &#x2012; Jedoch genug bievon! Seyn Sie nur<lb/>
nicht allzu bedenklich, meine lieb&#x017F;te Freundinn: da<lb/>
Sie nunmehr dem Hafen &#x017F;o nahe &#x017F;ind. Sie &#x017F;ehen,<lb/>
was Sie &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r Schwierigkeiten zu-<lb/>
gezogen hatten,</hi> als der Brief von Tomlin&#x017F;on wie-<lb/>
derum Jhre Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft mit <hi rendition="#fr">dem elenden Kerl</hi> er-<lb/>
forderte.</p><lb/>
            <p>Wofern Sie keine Hinderni&#x017F;&#x017F;e, keine neue Ur&#x017F;a-<lb/>
chen zu zweifeln &#x017F;inden: &#x017F;o liegt Jhre Ehre vor den<lb/>
Augen der Welt daran, daß Sie &#x017F;eine Gemahlinn<lb/>
werden, <hi rendition="#fr">und, wie Jhr Onkel gar recht urtheilet,<lb/>
alle Leute in den Gedanken &#x017F;tehen, daß Sie es &#x017F;chon<lb/>
eher, als itzo, gewe&#x017F;en &#x017F;ind.</hi> Und gleichwohl, <hi rendition="#fr">das<lb/>
muß ich Jhnen frey ge&#x017F;tehen,</hi> kann ich <hi rendition="#fr">kaum die<lb/>
Vor&#x017F;tellung ertragen,</hi> daß &#x017F;olche liederliche Leute das<lb/>
Be&#x017F;te von un&#x017F;erm Ge&#x017F;chlechte zur Belohnung fu&#x0364;r<lb/>
ihre ehrenlo&#x017F;e Auffu&#x0364;hrung bekommen &#x017F;ollten, da das<lb/>
Schlechte&#x017F;te von dem&#x017F;elben fu&#x0364;r &#x017F;ie noch zu gut i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Jch werde die&#x017F;en langen Brief durch Collins<lb/>
u&#x0364;ber&#x017F;enden. Er a&#x0364;ndert mir zu gefallen &#x017F;einen Tag,<lb/>
da er &#x017F;on&#x017F;t zur Stadt zu kommen pflegte. Weil kei-<lb/>
ne von un&#x017F;ern Briefen durch Wil&#x017F;ons Ha&#x0364;nde verloh-<lb/>
ren gegangen &#x017F;ind, als Sie dem An&#x017F;ehen nach unter<lb/>
unangenehmern Um&#x017F;ta&#x0364;nden gewe&#x017F;en: &#x017F;o <hi rendition="#fr">zweifle ich<lb/>
gar nicht,</hi> daß auch die&#x017F;er &#x017F;icher gehen wird.</p><lb/>
            <p>Fra&#x0364;ulein Lardner, die Sie bey ihrer Ba&#x017F;e Bid-<lb/>
dulph ge&#x017F;chehen haben, ward Jhrer am Sonntage<lb/>
vor vierzehn Tage in der Jacobs-Kirche gewahr.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Sie</fw>
          </note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[365/0371] es glauben moͤchten. Warum aber habe ich dieß alles aus dem eigentlichen Schreiben der Fraͤu- lein ſamkeit fuͤr noͤthig: weil er gewiß ein Betruͤger iſt, der immer mehr Eingriffe zu than ſuchet. Allein in der That ſind alle Mannsperſonen von der Art: und Sie ſind eine ſo reizende Schoͤnheit; und haben ihn gleichwohl zu einem ſo fremden Umgange genoͤ- thiget. ‒ ‒ Jedoch genug bievon! Seyn Sie nur nicht allzu bedenklich, meine liebſte Freundinn: da Sie nunmehr dem Hafen ſo nahe ſind. Sie ſehen, was Sie ſich ſelbſt fuͤr Schwierigkeiten zu- gezogen hatten, als der Brief von Tomlinſon wie- derum Jhre Geſellſchaft mit dem elenden Kerl er- forderte. Wofern Sie keine Hinderniſſe, keine neue Urſa- chen zu zweifeln ſinden: ſo liegt Jhre Ehre vor den Augen der Welt daran, daß Sie ſeine Gemahlinn werden, und, wie Jhr Onkel gar recht urtheilet, alle Leute in den Gedanken ſtehen, daß Sie es ſchon eher, als itzo, geweſen ſind. Und gleichwohl, das muß ich Jhnen frey geſtehen, kann ich kaum die Vorſtellung ertragen, daß ſolche liederliche Leute das Beſte von unſerm Geſchlechte zur Belohnung fuͤr ihre ehrenloſe Auffuͤhrung bekommen ſollten, da das Schlechteſte von demſelben fuͤr ſie noch zu gut iſt. Jch werde dieſen langen Brief durch Collins uͤberſenden. Er aͤndert mir zu gefallen ſeinen Tag, da er ſonſt zur Stadt zu kommen pflegte. Weil kei- ne von unſern Briefen durch Wilſons Haͤnde verloh- ren gegangen ſind, als Sie dem Anſehen nach unter unangenehmern Umſtaͤnden geweſen: ſo zweifle ich gar nicht, daß auch dieſer ſicher gehen wird. Fraͤulein Lardner, die Sie bey ihrer Baſe Bid- dulph geſchehen haben, ward Jhrer am Sonntage vor vierzehn Tage in der Jacobs-Kirche gewahr. Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/371
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/371>, abgerufen am 15.08.2024.