Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite




Der ein und zwanzigste Brief.
Eine Fortsetzung des vorhergehenden
von
Herrn Lovelace.

Jch ging hinauf in mein neugemiethetes Zim-
mer und gerieth, wie gewöhnlich, über das
Schreiben. Jch dachte, ich wäre meines Auf-
enthalts wegen zur Richtigkeit. Aber da die
grausame Schöne merkte, daß ich willens wäre,
meine Wohnung dort aufzuschlagen: setzte sie
sich mit so vieler Heftigkeit dawider, daß ich nach-
geben und ein anderes Zimmer, welches Fr. Moo-
re vorschlug, ungefähr zwölf Häuser davon, neh-
men mußte. Alles, was ich zu meinem Vor-
theile erhalten konnte, war dieses, daß Wilhelm,
ohne meiner Gemahlinn Wissen, und aus Furcht
vor einem neuen Anfall von ihren Grillen, in dem
Hause schlafen sollte.

Fr. Moore wollte in der That gern keinem
von uns beyden vor den Kopf stossen. Aber
Jungfer Rawlins war der Meynung, daß man
mir nichts weiter einräumen müßte. Unterdes-
sen gestand Fr. Moore, daß diese Weigerung ei-
ne seltsame Härte gegen einen Ehemann sey, wo-
fern ich ein Ehemann wäre.

Jch war nicht übel geneigt, der Jungfer
Rawlins dafür einen kleinen Streich zu spielen.

Komm,
Fünfter Theil. Z




Der ein und zwanzigſte Brief.
Eine Fortſetzung des vorhergehenden
von
Herrn Lovelace.

Jch ging hinauf in mein neugemiethetes Zim-
mer und gerieth, wie gewoͤhnlich, uͤber das
Schreiben. Jch dachte, ich waͤre meines Auf-
enthalts wegen zur Richtigkeit. Aber da die
grauſame Schoͤne merkte, daß ich willens waͤre,
meine Wohnung dort aufzuſchlagen: ſetzte ſie
ſich mit ſo vieler Heftigkeit dawider, daß ich nach-
geben und ein anderes Zimmer, welches Fr. Moo-
re vorſchlug, ungefaͤhr zwoͤlf Haͤuſer davon, neh-
men mußte. Alles, was ich zu meinem Vor-
theile erhalten konnte, war dieſes, daß Wilhelm,
ohne meiner Gemahlinn Wiſſen, und aus Furcht
vor einem neuen Anfall von ihren Grillen, in dem
Hauſe ſchlafen ſollte.

Fr. Moore wollte in der That gern keinem
von uns beyden vor den Kopf ſtoſſen. Aber
Jungfer Rawlins war der Meynung, daß man
mir nichts weiter einraͤumen muͤßte. Unterdeſ-
ſen geſtand Fr. Moore, daß dieſe Weigerung ei-
ne ſeltſame Haͤrte gegen einen Ehemann ſey, wo-
fern ich ein Ehemann waͤre.

Jch war nicht uͤbel geneigt, der Jungfer
Rawlins dafuͤr einen kleinen Streich zu ſpielen.

Komm,
Fuͤnfter Theil. Z
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0359" n="353"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der ein und zwanzig&#x017F;te Brief.</hi><lb/>
Eine Fort&#x017F;etzung des vorhergehenden<lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Herrn Lovelace.</hi></head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>ch ging hinauf in mein neugemiethetes Zim-<lb/>
mer und gerieth, wie gewo&#x0364;hnlich, u&#x0364;ber das<lb/>
Schreiben. Jch dachte, ich wa&#x0364;re meines Auf-<lb/>
enthalts wegen zur Richtigkeit. Aber da die<lb/>
grau&#x017F;ame Scho&#x0364;ne merkte, daß ich willens wa&#x0364;re,<lb/>
meine Wohnung dort aufzu&#x017F;chlagen: &#x017F;etzte &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich mit &#x017F;o vieler Heftigkeit dawider, daß ich nach-<lb/>
geben und ein anderes Zimmer, welches Fr. Moo-<lb/>
re vor&#x017F;chlug, ungefa&#x0364;hr zwo&#x0364;lf Ha&#x0364;u&#x017F;er davon, neh-<lb/>
men mußte. Alles, was ich zu meinem Vor-<lb/>
theile erhalten konnte, war die&#x017F;es, daß Wilhelm,<lb/>
ohne meiner Gemahlinn Wi&#x017F;&#x017F;en, und aus Furcht<lb/>
vor einem neuen Anfall von ihren Grillen, in dem<lb/>
Hau&#x017F;e &#x017F;chlafen &#x017F;ollte.</p><lb/>
          <p>Fr. Moore wollte in der That gern <hi rendition="#fr">keinem</hi><lb/>
von uns beyden vor den Kopf &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en. Aber<lb/>
Jungfer Rawlins war der Meynung, daß man<lb/>
mir nichts weiter einra&#x0364;umen mu&#x0364;ßte. Unterde&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en ge&#x017F;tand Fr. Moore, daß die&#x017F;e Weigerung ei-<lb/>
ne &#x017F;elt&#x017F;ame Ha&#x0364;rte gegen einen Ehemann &#x017F;ey, wo-<lb/>
fern ich ein Ehemann <hi rendition="#fr">wa&#x0364;re.</hi></p><lb/>
          <p>Jch war nicht u&#x0364;bel geneigt, der Jungfer<lb/>
Rawlins dafu&#x0364;r einen kleinen Streich zu &#x017F;pielen.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Fu&#x0364;nfter Theil.</hi> Z</fw><fw place="bottom" type="catch">Komm,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[353/0359] Der ein und zwanzigſte Brief. Eine Fortſetzung des vorhergehenden von Herrn Lovelace. Jch ging hinauf in mein neugemiethetes Zim- mer und gerieth, wie gewoͤhnlich, uͤber das Schreiben. Jch dachte, ich waͤre meines Auf- enthalts wegen zur Richtigkeit. Aber da die grauſame Schoͤne merkte, daß ich willens waͤre, meine Wohnung dort aufzuſchlagen: ſetzte ſie ſich mit ſo vieler Heftigkeit dawider, daß ich nach- geben und ein anderes Zimmer, welches Fr. Moo- re vorſchlug, ungefaͤhr zwoͤlf Haͤuſer davon, neh- men mußte. Alles, was ich zu meinem Vor- theile erhalten konnte, war dieſes, daß Wilhelm, ohne meiner Gemahlinn Wiſſen, und aus Furcht vor einem neuen Anfall von ihren Grillen, in dem Hauſe ſchlafen ſollte. Fr. Moore wollte in der That gern keinem von uns beyden vor den Kopf ſtoſſen. Aber Jungfer Rawlins war der Meynung, daß man mir nichts weiter einraͤumen muͤßte. Unterdeſ- ſen geſtand Fr. Moore, daß dieſe Weigerung ei- ne ſeltſame Haͤrte gegen einen Ehemann ſey, wo- fern ich ein Ehemann waͤre. Jch war nicht uͤbel geneigt, der Jungfer Rawlins dafuͤr einen kleinen Streich zu ſpielen. Komm, Fuͤnfter Theil. Z

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/359
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/359>, abgerufen am 23.11.2024.