Reinigkeit ihres Herzens außer Zweifel setzen, oder, wenn ihre Frömmigkeit sie vor einem so ge- waltsamen Tode bewahret, der nagende Kummer ihren Tagen bald ein Ziel setzen werde. Und wür- de nicht in einem jeden von diesen Fällen das An- denken deiner ewigen Schuld, und deines ver- gänglichen, kurzen Sieges, eine Quaal über alle Quaal für dich seyn?
Es ist in der That doch eine recht betrübte Sache, daß ein so artiges Frauenzimmer in so unartige und gewissenlose Hände fallen müssen. Denn du hast von deiner Wiegen an, wie ich dich selbst habe gestehen hören, ein Vergnügen daran gefunden, allezeit dasjenige Thier, das du liebtest und worüber du Gewalt hattest, es mochte Vo- gel oder sonst ein Thier seyn, durch dein Spiel zu beunruhigen und zu quälen.
Was hat es für eine verschiedne Bewandniß mit diesem liebenswürdigen Frauenzimmer und allen andern Weibspersonen, die du jemals ver- führet hast! Jch darf dir nicht den Unterschied, der allen in die Augen fällt, zu Gemüthe führen. Darauf habe ich nicht nöthig zu bestehen. Es ist genug, daß Gerechtigkeit, Dankbarkeit, dein eigner Vortheil, deine Gelübde, alle dich verbin- den, und du sie gewiß, so weit du zu lieben im Stande bist, über alle andre von ihrem Geschlech- te liebest. Es ist genug, daß sie nicht durch List auf Abwege zu bringen stehet, nicht verleitet wer- den kann, durch Leichtglaubigkeit oder Mangel an Verstand und Ueberlegung ihr Leiden zu verdie-
nen;
Reinigkeit ihres Herzens außer Zweifel ſetzen, oder, wenn ihre Froͤmmigkeit ſie vor einem ſo ge- waltſamen Tode bewahret, der nagende Kummer ihren Tagen bald ein Ziel ſetzen werde. Und wuͤr- de nicht in einem jeden von dieſen Faͤllen das An- denken deiner ewigen Schuld, und deines ver- gaͤnglichen, kurzen Sieges, eine Quaal uͤber alle Quaal fuͤr dich ſeyn?
Es iſt in der That doch eine recht betruͤbte Sache, daß ein ſo artiges Frauenzimmer in ſo unartige und gewiſſenloſe Haͤnde fallen muͤſſen. Denn du haſt von deiner Wiegen an, wie ich dich ſelbſt habe geſtehen hoͤren, ein Vergnuͤgen daran gefunden, allezeit dasjenige Thier, das du liebteſt und woruͤber du Gewalt hatteſt, es mochte Vo- gel oder ſonſt ein Thier ſeyn, durch dein Spiel zu beunruhigen und zu quaͤlen.
Was hat es fuͤr eine verſchiedne Bewandniß mit dieſem liebenswuͤrdigen Frauenzimmer und allen andern Weibsperſonen, die du jemals ver- fuͤhret haſt! Jch darf dir nicht den Unterſchied, der allen in die Augen faͤllt, zu Gemuͤthe fuͤhren. Darauf habe ich nicht noͤthig zu beſtehen. Es iſt genug, daß Gerechtigkeit, Dankbarkeit, dein eigner Vortheil, deine Geluͤbde, alle dich verbin- den, und du ſie gewiß, ſo weit du zu lieben im Stande biſt, uͤber alle andre von ihrem Geſchlech- te liebeſt. Es iſt genug, daß ſie nicht durch Liſt auf Abwege zu bringen ſtehet, nicht verleitet wer- den kann, durch Leichtglaubigkeit oder Mangel an Verſtand und Ueberlegung ihr Leiden zu verdie-
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Reinigkeit ihres Herzens außer Zweifel ſetzen,
oder, wenn ihre Froͤmmigkeit ſie vor einem ſo ge-
waltſamen Tode bewahret, der nagende Kummer
ihren Tagen bald ein Ziel ſetzen werde. Und wuͤr-
de nicht in einem jeden von dieſen Faͤllen das An-
denken deiner ewigen Schuld, und deines ver-
gaͤnglichen, kurzen Sieges, eine Quaal uͤber
alle Quaal fuͤr dich ſeyn?
Es iſt in der That doch eine recht betruͤbte
Sache, daß ein ſo artiges Frauenzimmer in ſo
unartige und gewiſſenloſe Haͤnde fallen muͤſſen.
Denn du haſt von deiner Wiegen an, wie ich dich
ſelbſt habe geſtehen hoͤren, ein Vergnuͤgen daran
gefunden, allezeit dasjenige Thier, das du liebteſt
und woruͤber du Gewalt hatteſt, es mochte Vo-
gel oder ſonſt ein Thier ſeyn, durch dein Spiel zu
beunruhigen und zu quaͤlen.
Was hat es fuͤr eine verſchiedne Bewandniß
mit dieſem liebenswuͤrdigen Frauenzimmer und
allen andern Weibsperſonen, die du jemals ver-
fuͤhret haſt! Jch darf dir nicht den Unterſchied,
der allen in die Augen faͤllt, zu Gemuͤthe fuͤhren.
Darauf habe ich nicht noͤthig zu beſtehen. Es
iſt genug, daß Gerechtigkeit, Dankbarkeit, dein
eigner Vortheil, deine Geluͤbde, alle dich verbin-
den, und du ſie gewiß, ſo weit du zu lieben im
Stande biſt, uͤber alle andre von ihrem Geſchlech-
te liebeſt. Es iſt genug, daß ſie nicht durch Liſt
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/35>, abgerufen am 21.11.2024.
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