nem schamhaftigen Manne nicht an, in solche Geheimnisse zu schauen, die ein schamhafter Mann nicht aufdecken kann.
Jch ward wirklich nicht roth, Bruder: doch lehnte ich das Compliment nicht von mir ab, son- dern schlug die Augen nieder. Den Weibsper- sonen schien meine Schamhaftigkeit zu gefallen: nur die Witwe Bevis war mehr geneigt mich auszulachen, als mich deswegen zu loben.
Capit. Es mag die Ursache von diesem ge- wagten Schritte seyn, was es will; ich will es nicht wieder ein Entlaufen nennen, mein Herr, weil dieß harte Wort ihre Zärtlichkeit verletzet: so muß ich doch nothwendig meine Bestürzung darüber bezeugen; wenn ich an ihr zärtliches Be- tragen gegen einander gedenke, wovon ich Zeuge war, als ich ihnen das letzte mal meine Aufwar- tung machte. Ueber-Liebe denke ich, mein Herr, sagten sie einmal - - Allein Ueber-Lie- be; dabey lächelte er; erlauben sie mir zu sagen, ist eine seltsame Ursache zum Zank. - - Wenige Frauenzimmer - -
Lovel. Werther Herr Capitain! - Und hiemit versuchte ich roth zu werden.
Die Weibsleute versuchten es auch: und weil sie mehr dazu gewöhnt waren, kamen sie besser damit fort - - Frau Bevis hat wirklich eine Feuerfarbe im Gesichte, und ist immer roth.
Jungf. R. Es ist nicht nöthig, die Sache so genau zu untersuchen: sondern nur zu beden-
ken,
nem ſchamhaftigen Manne nicht an, in ſolche Geheimniſſe zu ſchauen, die ein ſchamhafter Mann nicht aufdecken kann.
Jch ward wirklich nicht roth, Bruder: doch lehnte ich das Compliment nicht von mir ab, ſon- dern ſchlug die Augen nieder. Den Weibsper- ſonen ſchien meine Schamhaftigkeit zu gefallen: nur die Witwe Bevis war mehr geneigt mich auszulachen, als mich deswegen zu loben.
Capit. Es mag die Urſache von dieſem ge- wagten Schritte ſeyn, was es will; ich will es nicht wieder ein Entlaufen nennen, mein Herr, weil dieß harte Wort ihre Zaͤrtlichkeit verletzet: ſo muß ich doch nothwendig meine Beſtuͤrzung daruͤber bezeugen; wenn ich an ihr zaͤrtliches Be- tragen gegen einander gedenke, wovon ich Zeuge war, als ich ihnen das letzte mal meine Aufwar- tung machte. Ueber-Liebe denke ich, mein Herr, ſagten ſie einmal ‒ ‒ Allein Ueber-Lie- be; dabey laͤchelte er; erlauben ſie mir zu ſagen, iſt eine ſeltſame Urſache zum Zank. ‒ ‒ Wenige Frauenzimmer ‒ ‒
Lovel. Werther Herr Capitain! ‒ Und hiemit verſuchte ich roth zu werden.
Die Weibsleute verſuchten es auch: und weil ſie mehr dazu gewoͤhnt waren, kamen ſie beſſer damit fort ‒ ‒ Frau Bevis hat wirklich eine Feuerfarbe im Geſichte, und iſt immer roth.
Jungf. R. Es iſt nicht noͤthig, die Sache ſo genau zu unterſuchen: ſondern nur zu beden-
ken,
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nem ſchamhaftigen Manne nicht an, in ſolche
Geheimniſſe zu ſchauen, die ein ſchamhafter
Mann nicht aufdecken kann.
Jch ward wirklich nicht roth, Bruder: doch
lehnte ich das Compliment nicht von mir ab, ſon-
dern ſchlug die Augen nieder. Den Weibsper-
ſonen ſchien meine Schamhaftigkeit zu gefallen:
nur die Witwe Bevis war mehr geneigt mich
auszulachen, als mich deswegen zu loben.
Capit. Es mag die Urſache von dieſem ge-
wagten Schritte ſeyn, was es will; ich will es
nicht wieder ein Entlaufen nennen, mein Herr,
weil dieß harte Wort ihre Zaͤrtlichkeit verletzet:
ſo muß ich doch nothwendig meine Beſtuͤrzung
daruͤber bezeugen; wenn ich an ihr zaͤrtliches Be-
tragen gegen einander gedenke, wovon ich Zeuge
war, als ich ihnen das letzte mal meine Aufwar-
tung machte. Ueber-Liebe denke ich, mein
Herr, ſagten ſie einmal ‒ ‒ Allein Ueber-Lie-
be; dabey laͤchelte er; erlauben ſie mir zu ſagen,
iſt eine ſeltſame Urſache zum Zank. ‒ ‒ Wenige
Frauenzimmer ‒ ‒
Lovel. Werther Herr Capitain! ‒ Und
hiemit verſuchte ich roth zu werden.
Die Weibsleute verſuchten es auch: und
weil ſie mehr dazu gewoͤhnt waren, kamen ſie
beſſer damit fort ‒ ‒ Frau Bevis hat wirklich
eine Feuerfarbe im Geſichte, und iſt immer
roth.
Jungf. R. Es iſt nicht noͤthig, die Sache
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/342>, abgerufen am 22.11.2024.
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