wegen hab ich mich entschlossen, zu versuchen, was noch ein Brief ausrichten dürste. Wirkt er nichts gutes: so ist doch nur mein Schreiben ver- lohren. Willst du mich aber etwas über dich vermögen lassen: so weiß ich, du wirst mich nach diesem überflüßig berechtiget achten, Dank von dir zu fordern.
Weitläuftige Beweise zu führen, würde bey dir eine Thorheit seyn. Die Sache erfordert es auch nicht. Jch will dich also nur auf das in- ständigste bitten, daß du doch einen solchen Aus- bund von tugendhaften Frauenzimmern nicht der Belohnung ihrer wachsamen Tugend verlustig machen wollest.
Jch glaube, es sind niemals so arge Frey- geister in Ansehung der Lebensart gewesen, die nicht den Vorsatz gehabt haben sollten, in einem oder dem andern künftigen Zeitlauf ihres Lebens auf Besserung zu gedenken. Erlaube mir denn, dich zu bitten, daß du bey dieser wichtigen Sa- che deine zukünftige Buße dir so leicht machen mögest, als du etwa einige Zeit hernach gethan zu haben wünschen dürftest. Wenn du nach dei- nen Anschlägen fortgehest: so zweifle ich gar nicht, die Sache wird auf eine oder die andre Wei- se ein trauriges Ende nehmen. Es muß noth- wendig so seyn. Ein solches Frauenzimmer muß Gott und Menschen auf ihrer Seite haben. Was ich aber am meisten besorge, ist dieß, daß sie, vor Herzeleid über die an ihr verübte Schande, mit eigner Hand, als eine andere Lucretia, die
Reinig-
wegen hab ich mich entſchloſſen, zu verſuchen, was noch ein Brief ausrichten duͤrſte. Wirkt er nichts gutes: ſo iſt doch nur mein Schreiben ver- lohren. Willſt du mich aber etwas uͤber dich vermoͤgen laſſen: ſo weiß ich, du wirſt mich nach dieſem uͤberfluͤßig berechtiget achten, Dank von dir zu fordern.
Weitlaͤuftige Beweiſe zu fuͤhren, wuͤrde bey dir eine Thorheit ſeyn. Die Sache erfordert es auch nicht. Jch will dich alſo nur auf das in- ſtaͤndigſte bitten, daß du doch einen ſolchen Aus- bund von tugendhaften Frauenzimmern nicht der Belohnung ihrer wachſamen Tugend verluſtig machen wolleſt.
Jch glaube, es ſind niemals ſo arge Frey- geiſter in Anſehung der Lebensart geweſen, die nicht den Vorſatz gehabt haben ſollten, in einem oder dem andern kuͤnftigen Zeitlauf ihres Lebens auf Beſſerung zu gedenken. Erlaube mir denn, dich zu bitten, daß du bey dieſer wichtigen Sa- che deine zukuͤnftige Buße dir ſo leicht machen moͤgeſt, als du etwa einige Zeit hernach gethan zu haben wuͤnſchen duͤrfteſt. Wenn du nach dei- nen Anſchlaͤgen fortgeheſt: ſo zweifle ich gar nicht, die Sache wird auf eine oder die andre Wei- ſe ein trauriges Ende nehmen. Es muß noth- wendig ſo ſeyn. Ein ſolches Frauenzimmer muß Gott und Menſchen auf ihrer Seite haben. Was ich aber am meiſten beſorge, iſt dieß, daß ſie, vor Herzeleid uͤber die an ihr veruͤbte Schande, mit eigner Hand, als eine andere Lucretia, die
Reinig-
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wegen hab ich mich entſchloſſen, zu verſuchen, was
noch ein Brief ausrichten duͤrſte. Wirkt er
nichts gutes: ſo iſt doch nur mein Schreiben ver-
lohren. Willſt du mich aber etwas uͤber dich
vermoͤgen laſſen: ſo weiß ich, du wirſt mich nach
dieſem uͤberfluͤßig berechtiget achten, Dank von
dir zu fordern.
Weitlaͤuftige Beweiſe zu fuͤhren, wuͤrde bey
dir eine Thorheit ſeyn. Die Sache erfordert es
auch nicht. Jch will dich alſo nur auf das in-
ſtaͤndigſte bitten, daß du doch einen ſolchen Aus-
bund von tugendhaften Frauenzimmern nicht der
Belohnung ihrer wachſamen Tugend verluſtig
machen wolleſt.
Jch glaube, es ſind niemals ſo arge Frey-
geiſter in Anſehung der Lebensart geweſen, die
nicht den Vorſatz gehabt haben ſollten, in einem
oder dem andern kuͤnftigen Zeitlauf ihres Lebens
auf Beſſerung zu gedenken. Erlaube mir denn,
dich zu bitten, daß du bey dieſer wichtigen Sa-
che deine zukuͤnftige Buße dir ſo leicht machen
moͤgeſt, als du etwa einige Zeit hernach gethan
zu haben wuͤnſchen duͤrfteſt. Wenn du nach dei-
nen Anſchlaͤgen fortgeheſt: ſo zweifle ich gar
nicht, die Sache wird auf eine oder die andre Wei-
ſe ein trauriges Ende nehmen. Es muß noth-
wendig ſo ſeyn. Ein ſolches Frauenzimmer muß
Gott und Menſchen auf ihrer Seite haben.
Was ich aber am meiſten beſorge, iſt dieß, daß ſie,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/34>, abgerufen am 24.11.2024.
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