gehabt haben, warum ich sie verfolgete oder ihr verwehrte, wohin es ihr beliebte, zu gehen. Du darfst nicht glauben, daß ich mich etwa schämete, es zu bekräftigen: wenn es der Klugheit gemäß gewesen wäre. Für einen solchen Milchbart wollte ich von dir nicht angesehen seyn.
Lovel. Meine Allerliebste, wie verwildert reden sie! Was wollen sie haben, das ich ant- worten soll? Jst es nöthig, daß ich antworten sollte? Darf ich mich nicht desfalls wiederum auf ihr eignes Bewußtseyn so wohl als auf des Capi- tain Tomlinsons Unterhandlung und Schreiben be- rufen? Sie wissen ja selbst, wie die Sachen zwi- schen uns stehen. - - Und der Capitain Tomlinson - -
Cl. O elender Kerl! Jst das eine Antwort auf meine Frage? Sage! sind wir verheyrathet, oder sind wir es nicht?
Lov. Wir wissen alle, was eine Heyrath ausmache. Jst es die Vereinigung zweyer Herzen; hier hatte ich eine Ausflucht, Bru- der: so muß ich zu meiner äußersten Betrübniß sagen, daß wir es nicht sind; weil ich nun sehe, daß sie mich hassen. Jst es die Vollendung der Ehe: so muß ich zu meiner Beschämung und Reue gestehen, daß wir es nicht sind. Allein, meine Wertheste, wollen sie sich belieben lassen zu erwägen, was für eine Antwort ein halb Du- tzend Leute, von welchen sie hierher gekommen sind, auf ihre Frage geben könnten? Erregen sie doch itzo, in der Verwirrung ihres Gemüths und in der größten Hitze, vor diesen Frauenzimmern
durch
gehabt haben, warum ich ſie verfolgete oder ihr verwehrte, wohin es ihr beliebte, zu gehen. Du darfſt nicht glauben, daß ich mich etwa ſchaͤmete, es zu bekraͤftigen: wenn es der Klugheit gemaͤß geweſen waͤre. Fuͤr einen ſolchen Milchbart wollte ich von dir nicht angeſehen ſeyn.
Lovel. Meine Allerliebſte, wie verwildert reden ſie! Was wollen ſie haben, das ich ant- worten ſoll? Jſt es noͤthig, daß ich antworten ſollte? Darf ich mich nicht desfalls wiederum auf ihr eignes Bewußtſeyn ſo wohl als auf des Capi- tain Tomlinſons Unterhandlung und Schreiben be- rufen? Sie wiſſen ja ſelbſt, wie die Sachen zwi- ſchen uns ſtehen. ‒ ‒ Und der Capitain Tomlinſon ‒ ‒
Cl. O elender Kerl! Jſt das eine Antwort auf meine Frage? Sage! ſind wir verheyrathet, oder ſind wir es nicht?
Lov. Wir wiſſen alle, was eine Heyrath ausmache. Jſt es die Vereinigung zweyer Herzen; hier hatte ich eine Ausflucht, Bru- der: ſo muß ich zu meiner aͤußerſten Betruͤbniß ſagen, daß wir es nicht ſind; weil ich nun ſehe, daß ſie mich haſſen. Jſt es die Vollendung der Ehe: ſo muß ich zu meiner Beſchaͤmung und Reue geſtehen, daß wir es nicht ſind. Allein, meine Wertheſte, wollen ſie ſich belieben laſſen zu erwaͤgen, was fuͤr eine Antwort ein halb Du- tzend Leute, von welchen ſie hierher gekommen ſind, auf ihre Frage geben koͤnnten? Erregen ſie doch itzo, in der Verwirrung ihres Gemuͤths und in der groͤßten Hitze, vor dieſen Frauenzimmern
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gehabt haben, warum ich ſie verfolgete oder ihr
verwehrte, wohin es ihr beliebte, zu gehen. Du
darfſt nicht glauben, daß ich mich etwa ſchaͤmete,
es zu bekraͤftigen: wenn es der Klugheit gemaͤß
geweſen waͤre. Fuͤr einen ſolchen Milchbart
wollte ich von dir nicht angeſehen ſeyn.
Lovel. Meine Allerliebſte, wie verwildert
reden ſie! Was wollen ſie haben, das ich ant-
worten ſoll? Jſt es noͤthig, daß ich antworten
ſollte? Darf ich mich nicht desfalls wiederum auf
ihr eignes Bewußtſeyn ſo wohl als auf des Capi-
tain Tomlinſons Unterhandlung und Schreiben be-
rufen? Sie wiſſen ja ſelbſt, wie die Sachen zwi-
ſchen uns ſtehen. ‒ ‒ Und der Capitain Tomlinſon ‒ ‒
Cl. O elender Kerl! Jſt das eine Antwort
auf meine Frage? Sage! ſind wir verheyrathet,
oder ſind wir es nicht?
Lov. Wir wiſſen alle, was eine Heyrath
ausmache. Jſt es die Vereinigung zweyer
Herzen; hier hatte ich eine Ausflucht, Bru-
der: ſo muß ich zu meiner aͤußerſten Betruͤbniß
ſagen, daß wir es nicht ſind; weil ich nun ſehe,
daß ſie mich haſſen. Jſt es die Vollendung der
Ehe: ſo muß ich zu meiner Beſchaͤmung und
Reue geſtehen, daß wir es nicht ſind. Allein,
meine Wertheſte, wollen ſie ſich belieben laſſen
zu erwaͤgen, was fuͤr eine Antwort ein halb Du-
tzend Leute, von welchen ſie hierher gekommen ſind,
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itzo, in der Verwirrung ihres Gemuͤths und
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/307>, abgerufen am 22.11.2024.
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