Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite


Jhre Empfindungen, dachte ich, sind weit
lebhafter, als meine. Was Teufel habe ich ge-
than, daß sie so gar unversöhnlich seyn sollte! -
Jch habe dir alles erzählet, Belford, was ich ge-
than habe. War etwas so gar sehr arges dar-
unter? sonderlich da sie so gute Hoffnung zur
Aussöhnung mit ihrer Familie vor sich sahe! - -
Gewiß sie ist ein sehr empfindliches Frauen-
zimmer! - -

Hiernächst ward sie meinen neuen Diener
gewahr, der unter dem Fenster herumging, und
frug, ob es nicht einer von meinen Leuten wä-
re. - -

Wilhelm war auf der Lauer nach dem alten
Grimes. So heißt der Kerl, den meine Gelieb-
te an die Fräulein Howe abgefertigt hat. Da
sie hörte, daß der Mensch, den sie sahe, mein Be-
dienter wäre: sprach sie, ich sehe, daß hier nicht
zu entfliehen ist, wofern sie; meiner Vermu-
thung nach sagte sie dieß zu der Jungfer
Rawlins;
mir nicht Freundschaft erzeigen kön-
nen, bis ich weiter fortkommen kann. Jch zweif-
le gar nicht, daß dieser Kerl an das Haus gestel-
let ist, auf alle meine Tritte zu lauren. Aber
der gottlose Kerl, sein Herr, hat kein Recht einen
Aufseher über mich abzugeben. Er soll mir nicht
verwehren, hinzugehen, wohin es mir beliebt.
Jch will die ganze Stadt wider ihn rege machen:
wo er mir beschwerlich ist. Jst denn keine Hin-
terthür da, meine lieben Frauenzimmer, wo ich

unter-


Jhre Empfindungen, dachte ich, ſind weit
lebhafter, als meine. Was Teufel habe ich ge-
than, daß ſie ſo gar unverſoͤhnlich ſeyn ſollte! ‒
Jch habe dir alles erzaͤhlet, Belford, was ich ge-
than habe. War etwas ſo gar ſehr arges dar-
unter? ſonderlich da ſie ſo gute Hoffnung zur
Ausſoͤhnung mit ihrer Familie vor ſich ſahe! ‒ ‒
Gewiß ſie iſt ein ſehr empfindliches Frauen-
zimmer! ‒ ‒

Hiernaͤchſt ward ſie meinen neuen Diener
gewahr, der unter dem Fenſter herumging, und
frug, ob es nicht einer von meinen Leuten waͤ-
re. ‒ ‒

Wilhelm war auf der Lauer nach dem alten
Grimes. So heißt der Kerl, den meine Gelieb-
te an die Fraͤulein Howe abgefertigt hat. Da
ſie hoͤrte, daß der Menſch, den ſie ſahe, mein Be-
dienter waͤre: ſprach ſie, ich ſehe, daß hier nicht
zu entfliehen iſt, wofern ſie; meiner Vermu-
thung nach ſagte ſie dieß zu der Jungfer
Rawlins;
mir nicht Freundſchaft erzeigen koͤn-
nen, bis ich weiter fortkommen kann. Jch zweif-
le gar nicht, daß dieſer Kerl an das Haus geſtel-
let iſt, auf alle meine Tritte zu lauren. Aber
der gottloſe Kerl, ſein Herr, hat kein Recht einen
Aufſeher uͤber mich abzugeben. Er ſoll mir nicht
verwehren, hinzugehen, wohin es mir beliebt.
Jch will die ganze Stadt wider ihn rege machen:
wo er mir beſchwerlich iſt. Jſt denn keine Hin-
terthuͤr da, meine lieben Frauenzimmer, wo ich

unter-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0302" n="296"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Jhre Empfindungen, dachte ich, &#x017F;ind weit<lb/>
lebhafter, als <hi rendition="#fr">meine.</hi> Was Teufel habe ich ge-<lb/>
than, daß &#x017F;ie &#x017F;o <hi rendition="#fr">gar</hi> unver&#x017F;o&#x0364;hnlich &#x017F;eyn &#x017F;ollte! &#x2012;<lb/>
Jch habe dir alles erza&#x0364;hlet, Belford, was ich ge-<lb/>
than habe. War etwas &#x017F;o <hi rendition="#fr">gar</hi> &#x017F;ehr arges dar-<lb/>
unter? &#x017F;onderlich da &#x017F;ie &#x017F;o gute Hoffnung zur<lb/>
Aus&#x017F;o&#x0364;hnung mit ihrer Familie vor &#x017F;ich &#x017F;ahe! &#x2012; &#x2012;<lb/>
Gewiß &#x017F;ie i&#x017F;t ein &#x017F;ehr <hi rendition="#fr">empfindliches</hi> Frauen-<lb/>
zimmer! &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
          <p>Hierna&#x0364;ch&#x017F;t ward &#x017F;ie meinen neuen Diener<lb/>
gewahr, der unter dem Fen&#x017F;ter herumging, und<lb/>
frug, ob es nicht einer von meinen Leuten wa&#x0364;-<lb/>
re. &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
          <p>Wilhelm war auf der Lauer nach dem alten<lb/>
Grimes. So heißt der Kerl, den meine Gelieb-<lb/>
te an die Fra&#x0364;ulein Howe abgefertigt hat. Da<lb/>
&#x017F;ie ho&#x0364;rte, daß der Men&#x017F;ch, den &#x017F;ie &#x017F;ahe, mein Be-<lb/>
dienter wa&#x0364;re: &#x017F;prach &#x017F;ie, ich &#x017F;ehe, daß hier nicht<lb/>
zu entfliehen i&#x017F;t, wofern &#x017F;ie; <hi rendition="#fr">meiner Vermu-<lb/>
thung nach &#x017F;agte &#x017F;ie dieß zu der Jungfer<lb/>
Rawlins;</hi> mir nicht Freund&#x017F;chaft erzeigen ko&#x0364;n-<lb/>
nen, bis ich weiter fortkommen kann. Jch zweif-<lb/>
le gar nicht, daß die&#x017F;er Kerl an das Haus ge&#x017F;tel-<lb/>
let i&#x017F;t, auf alle meine Tritte zu lauren. Aber<lb/>
der gottlo&#x017F;e Kerl, &#x017F;ein Herr, hat kein Recht einen<lb/>
Auf&#x017F;eher u&#x0364;ber mich abzugeben. Er &#x017F;oll mir nicht<lb/>
verwehren, hinzugehen, wohin es mir beliebt.<lb/>
Jch will die ganze Stadt wider ihn rege machen:<lb/>
wo er mir be&#x017F;chwerlich i&#x017F;t. J&#x017F;t denn keine Hin-<lb/>
terthu&#x0364;r da, meine lieben Frauenzimmer, wo ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">unter-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0302] Jhre Empfindungen, dachte ich, ſind weit lebhafter, als meine. Was Teufel habe ich ge- than, daß ſie ſo gar unverſoͤhnlich ſeyn ſollte! ‒ Jch habe dir alles erzaͤhlet, Belford, was ich ge- than habe. War etwas ſo gar ſehr arges dar- unter? ſonderlich da ſie ſo gute Hoffnung zur Ausſoͤhnung mit ihrer Familie vor ſich ſahe! ‒ ‒ Gewiß ſie iſt ein ſehr empfindliches Frauen- zimmer! ‒ ‒ Hiernaͤchſt ward ſie meinen neuen Diener gewahr, der unter dem Fenſter herumging, und frug, ob es nicht einer von meinen Leuten waͤ- re. ‒ ‒ Wilhelm war auf der Lauer nach dem alten Grimes. So heißt der Kerl, den meine Gelieb- te an die Fraͤulein Howe abgefertigt hat. Da ſie hoͤrte, daß der Menſch, den ſie ſahe, mein Be- dienter waͤre: ſprach ſie, ich ſehe, daß hier nicht zu entfliehen iſt, wofern ſie; meiner Vermu- thung nach ſagte ſie dieß zu der Jungfer Rawlins; mir nicht Freundſchaft erzeigen koͤn- nen, bis ich weiter fortkommen kann. Jch zweif- le gar nicht, daß dieſer Kerl an das Haus geſtel- let iſt, auf alle meine Tritte zu lauren. Aber der gottloſe Kerl, ſein Herr, hat kein Recht einen Aufſeher uͤber mich abzugeben. Er ſoll mir nicht verwehren, hinzugehen, wohin es mir beliebt. Jch will die ganze Stadt wider ihn rege machen: wo er mir beſchwerlich iſt. Jſt denn keine Hin- terthuͤr da, meine lieben Frauenzimmer, wo ich unter-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/302
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/302>, abgerufen am 22.11.2024.