Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



Gelübde alle andere Verbindlichkeit überwiegen
müsse.

Fr. Moore war an ihrem Theile der Mey-
nung, wenn die Fräulein gestünde, daß sie meine
Gemahlinn wäre, so müßte sie sich auch als eine
Gemahlinn schicken.

Es mag bey dieser überall äugichten Schö-
nen mein Glück seyn, dachte ich, wie es will: ein
jedes anderes Frauenzimmer in der Welt von
funfzehn bis zu fünf und zwanzig Jahren würde
gewiß, ehe es Morgen wird, unter mir beliebigen
Bedingungen mein seyn.

Und nun, damit ich mir alle Vortheile zu
Nutze machen möge, sagte ich bey mir selbst, will
ich mich guter Zimmer zu versichern suchen.

Jch bin ihr Miethmann, Fr. Moore, durch
das Handgeld, welches ich ihnen gegeben habe,
für diese Zimmer, und eines oben, das sie für
meinen Diener entbehren können: ja in der That
für alle, die sie entbehren können - - Denn wer
weiß, was meiner Gemahlinn Bruder unterneh-
men mag? Jch will bezahlen, was sie fordern:
und zwar auf einen oder zween Monate gewiß,
den Tisch mit eingeschlossen; nachdem ich ihnen
hinderlich oder nicht hinderlich seyn werde. Neh-
men sie dieses zum Pfande oder auf Abschlag
- - Jch reichte ihr hiebey einen Bankzettel auf
dreyßig Pfund.

Sie weigerte sich ihn anzunehmen, und ver-
langte erst die Fräulein darüber zu fragen. Je-
doch setzte sie hinzu, daß sie an meiner Ehre kei-

nen



Geluͤbde alle andere Verbindlichkeit uͤberwiegen
muͤſſe.

Fr. Moore war an ihrem Theile der Mey-
nung, wenn die Fraͤulein geſtuͤnde, daß ſie meine
Gemahlinn waͤre, ſo muͤßte ſie ſich auch als eine
Gemahlinn ſchicken.

Es mag bey dieſer uͤberall aͤugichten Schoͤ-
nen mein Gluͤck ſeyn, dachte ich, wie es will: ein
jedes anderes Frauenzimmer in der Welt von
funfzehn bis zu fuͤnf und zwanzig Jahren wuͤrde
gewiß, ehe es Morgen wird, unter mir beliebigen
Bedingungen mein ſeyn.

Und nun, damit ich mir alle Vortheile zu
Nutze machen moͤge, ſagte ich bey mir ſelbſt, will
ich mich guter Zimmer zu verſichern ſuchen.

Jch bin ihr Miethmann, Fr. Moore, durch
das Handgeld, welches ich ihnen gegeben habe,
fuͤr dieſe Zimmer, und eines oben, das ſie fuͤr
meinen Diener entbehren koͤnnen: ja in der That
fuͤr alle, die ſie entbehren koͤnnen ‒ ‒ Denn wer
weiß, was meiner Gemahlinn Bruder unterneh-
men mag? Jch will bezahlen, was ſie fordern:
und zwar auf einen oder zween Monate gewiß,
den Tiſch mit eingeſchloſſen; nachdem ich ihnen
hinderlich oder nicht hinderlich ſeyn werde. Neh-
men ſie dieſes zum Pfande oder auf Abſchlag
‒ ‒ Jch reichte ihr hiebey einen Bankzettel auf
dreyßig Pfund.

Sie weigerte ſich ihn anzunehmen, und ver-
langte erſt die Fraͤulein daruͤber zu fragen. Je-
doch ſetzte ſie hinzu, daß ſie an meiner Ehre kei-

nen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0289" n="283"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Gelu&#x0364;bde alle andere Verbindlichkeit u&#x0364;berwiegen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>Fr. Moore war an ihrem Theile der Mey-<lb/>
nung, wenn die Fra&#x0364;ulein ge&#x017F;tu&#x0364;nde, daß &#x017F;ie meine<lb/>
Gemahlinn wa&#x0364;re, &#x017F;o mu&#x0364;ßte &#x017F;ie &#x017F;ich auch als eine<lb/>
Gemahlinn &#x017F;chicken.</p><lb/>
          <p>Es mag bey die&#x017F;er <hi rendition="#fr">u&#x0364;berall a&#x0364;ugichten</hi> Scho&#x0364;-<lb/>
nen mein Glu&#x0364;ck &#x017F;eyn, dachte ich, wie es will: ein<lb/>
jedes anderes Frauenzimmer in der Welt von<lb/>
funfzehn bis zu fu&#x0364;nf und zwanzig Jahren wu&#x0364;rde<lb/>
gewiß, ehe es Morgen wird, unter mir beliebigen<lb/>
Bedingungen mein &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>Und nun, damit ich mir alle Vortheile zu<lb/>
Nutze machen mo&#x0364;ge, &#x017F;agte ich bey mir &#x017F;elb&#x017F;t, will<lb/>
ich mich guter Zimmer zu ver&#x017F;ichern &#x017F;uchen.</p><lb/>
          <p>Jch bin ihr Miethmann, Fr. Moore, durch<lb/>
das Handgeld, welches ich ihnen gegeben habe,<lb/>
fu&#x0364;r die&#x017F;e Zimmer, und eines oben, das &#x017F;ie fu&#x0364;r<lb/>
meinen Diener entbehren ko&#x0364;nnen: ja in der That<lb/>
fu&#x0364;r <hi rendition="#fr">alle,</hi> die &#x017F;ie entbehren ko&#x0364;nnen &#x2012; &#x2012; Denn wer<lb/>
weiß, was meiner Gemahlinn Bruder unterneh-<lb/>
men mag? Jch will bezahlen, was &#x017F;ie fordern:<lb/>
und zwar auf einen oder zween Monate gewiß,<lb/>
den Ti&#x017F;ch mit einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en; nachdem ich ihnen<lb/>
hinderlich oder nicht hinderlich &#x017F;eyn werde. Neh-<lb/>
men &#x017F;ie <hi rendition="#fr">die&#x017F;es</hi> zum Pfande oder auf Ab&#x017F;chlag<lb/>
&#x2012; &#x2012; Jch reichte ihr hiebey einen Bankzettel auf<lb/>
dreyßig Pfund.</p><lb/>
          <p>Sie weigerte &#x017F;ich ihn anzunehmen, und ver-<lb/>
langte er&#x017F;t die Fra&#x0364;ulein daru&#x0364;ber zu fragen. Je-<lb/>
doch &#x017F;etzte &#x017F;ie hinzu, daß &#x017F;ie an meiner Ehre kei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0289] Geluͤbde alle andere Verbindlichkeit uͤberwiegen muͤſſe. Fr. Moore war an ihrem Theile der Mey- nung, wenn die Fraͤulein geſtuͤnde, daß ſie meine Gemahlinn waͤre, ſo muͤßte ſie ſich auch als eine Gemahlinn ſchicken. Es mag bey dieſer uͤberall aͤugichten Schoͤ- nen mein Gluͤck ſeyn, dachte ich, wie es will: ein jedes anderes Frauenzimmer in der Welt von funfzehn bis zu fuͤnf und zwanzig Jahren wuͤrde gewiß, ehe es Morgen wird, unter mir beliebigen Bedingungen mein ſeyn. Und nun, damit ich mir alle Vortheile zu Nutze machen moͤge, ſagte ich bey mir ſelbſt, will ich mich guter Zimmer zu verſichern ſuchen. Jch bin ihr Miethmann, Fr. Moore, durch das Handgeld, welches ich ihnen gegeben habe, fuͤr dieſe Zimmer, und eines oben, das ſie fuͤr meinen Diener entbehren koͤnnen: ja in der That fuͤr alle, die ſie entbehren koͤnnen ‒ ‒ Denn wer weiß, was meiner Gemahlinn Bruder unterneh- men mag? Jch will bezahlen, was ſie fordern: und zwar auf einen oder zween Monate gewiß, den Tiſch mit eingeſchloſſen; nachdem ich ihnen hinderlich oder nicht hinderlich ſeyn werde. Neh- men ſie dieſes zum Pfande oder auf Abſchlag ‒ ‒ Jch reichte ihr hiebey einen Bankzettel auf dreyßig Pfund. Sie weigerte ſich ihn anzunehmen, und ver- langte erſt die Fraͤulein daruͤber zu fragen. Je- doch ſetzte ſie hinzu, daß ſie an meiner Ehre kei- nen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/289
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/289>, abgerufen am 17.09.2024.