Hiebey hielte ich inne, nahm ein schamhafti- ges Gesicht an und drehete meinen diamantenen Ring am Finger herum: da unterdessen die gute Fr. Moore sehr nachdenklich aussahe und es ei- nen ganz besondern Fall nannte; das unverhey- rathete Frauenzimmer aber die Augen mit ihrem Fecherspiel wegwandte, schamhaft that und den Mund zog, um zu zeigen, daß das, was ich sagte, keine weitere Erklärung brauchte.
"Jch erzählte ihnen die Gelegenheit zu un- "serer gegenwärtigen Mishelligkeit; behauptete, "daß das Feuer kein Blendwerk gewesen wäre: "aber gestand, daß ich mir kein Gewissen gemacht "haben würde, weil ich das Recht eines Gemahls "für mich hätte, den unnatürlichen Eid, dadurch "ich von ihr gebunden wäre, zu brechen; da sie "der Schrecken durch einen so ungefähren Zufall "mir in die Arme gejagt hätte. Jch machte mir "selbst den größten Vorwurf, daß ich es nicht ge- "than: in Erwägung dessen, daß sie für gut fün- "de, ihren Unwillen so hoch zu treiben, und mir "so wenig Recht wiederfahren ließe, zu vermu- "then, daß das Feuer ein gespielter Streich von "mir wäre."
Und wenn es auch wäre; sagte Fr. Moore - - Da wir verheyrathet wären und die guädige Frau so wunderlich - - Ein jeder Herr würde nicht - - Hier brach Fr. Moore ab.
"Zu vermuthen, daß ich zu einem so elenden "Streiche meine Zuflucht nehmen sollte, fuhr ich "fort, da ich das liebe Kind alle Stunden sahe
War
Hiebey hielte ich inne, nahm ein ſchamhafti- ges Geſicht an und drehete meinen diamantenen Ring am Finger herum: da unterdeſſen die gute Fr. Moore ſehr nachdenklich ausſahe und es ei- nen ganz beſondern Fall nannte; das unverhey- rathete Frauenzimmer aber die Augen mit ihrem Fecherſpiel wegwandte, ſchamhaft that und den Mund zog, um zu zeigen, daß das, was ich ſagte, keine weitere Erklaͤrung brauchte.
„Jch erzaͤhlte ihnen die Gelegenheit zu un- „ſerer gegenwaͤrtigen Mishelligkeit; behauptete, „daß das Feuer kein Blendwerk geweſen waͤre: „aber geſtand, daß ich mir kein Gewiſſen gemacht „haben wuͤrde, weil ich das Recht eines Gemahls „fuͤr mich haͤtte, den unnatuͤrlichen Eid, dadurch „ich von ihr gebunden waͤre, zu brechen; da ſie „der Schrecken durch einen ſo ungefaͤhren Zufall „mir in die Arme gejagt haͤtte. Jch machte mir „ſelbſt den groͤßten Vorwurf, daß ich es nicht ge- „than: in Erwaͤgung deſſen, daß ſie fuͤr gut fuͤn- „de, ihren Unwillen ſo hoch zu treiben, und mir „ſo wenig Recht wiederfahren ließe, zu vermu- „then, daß das Feuer ein geſpielter Streich von „mir waͤre.“
Und wenn es auch waͤre; ſagte Fr. Moore ‒ ‒ Da wir verheyrathet waͤren und die guaͤdige Frau ſo wunderlich ‒ ‒ Ein jeder Herr wuͤrde nicht ‒ ‒ Hier brach Fr. Moore ab.
„Zu vermuthen, daß ich zu einem ſo elenden „Streiche meine Zuflucht nehmen ſollte, fuhr ich „fort, da ich das liebe Kind alle Stunden ſahe
War
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0262"n="256"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Hiebey hielte ich inne, nahm ein ſchamhafti-<lb/>
ges Geſicht an und drehete meinen diamantenen<lb/>
Ring am Finger herum: da unterdeſſen die gute<lb/>
Fr. Moore ſehr nachdenklich ausſahe und es ei-<lb/>
nen ganz beſondern Fall nannte; das unverhey-<lb/>
rathete Frauenzimmer aber die Augen mit ihrem<lb/>
Fecherſpiel wegwandte, ſchamhaft that und den<lb/>
Mund zog, um zu zeigen, daß das, was ich ſagte,<lb/>
keine weitere Erklaͤrung brauchte.</p><lb/><p>„Jch erzaͤhlte ihnen die Gelegenheit zu un-<lb/>„ſerer gegenwaͤrtigen Mishelligkeit; behauptete,<lb/>„daß das Feuer kein Blendwerk geweſen waͤre:<lb/>„aber geſtand, daß ich mir kein Gewiſſen gemacht<lb/>„haben wuͤrde, weil ich das Recht eines Gemahls<lb/>„fuͤr mich haͤtte, den unnatuͤrlichen Eid, dadurch<lb/>„ich von ihr gebunden waͤre, zu brechen; da ſie<lb/>„der Schrecken durch einen ſo ungefaͤhren Zufall<lb/>„mir in die Arme gejagt haͤtte. Jch machte mir<lb/>„ſelbſt den groͤßten Vorwurf, daß ich es nicht ge-<lb/>„than: in Erwaͤgung deſſen, daß ſie fuͤr gut fuͤn-<lb/>„de, ihren Unwillen ſo hoch zu treiben, und mir<lb/>„ſo wenig Recht wiederfahren ließe, zu vermu-<lb/>„then, daß das Feuer ein geſpielter Streich von<lb/>„mir waͤre.“</p><lb/><p>Und wenn es auch waͤre; ſagte Fr. Moore<lb/>‒‒ Da wir verheyrathet waͤren und die guaͤdige<lb/>
Frau ſo wunderlich ‒‒ Ein jeder Herr wuͤrde<lb/>
nicht ‒‒ Hier brach Fr. Moore ab.</p><lb/><p>„Zu vermuthen, daß ich zu einem ſo elenden<lb/>„Streiche meine Zuflucht nehmen ſollte, fuhr ich<lb/>„fort, da ich das liebe Kind <hirendition="#fr">alle Stunden</hi>ſahe<lb/><fwplace="bottom"type="catch">War</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[256/0262]
Hiebey hielte ich inne, nahm ein ſchamhafti-
ges Geſicht an und drehete meinen diamantenen
Ring am Finger herum: da unterdeſſen die gute
Fr. Moore ſehr nachdenklich ausſahe und es ei-
nen ganz beſondern Fall nannte; das unverhey-
rathete Frauenzimmer aber die Augen mit ihrem
Fecherſpiel wegwandte, ſchamhaft that und den
Mund zog, um zu zeigen, daß das, was ich ſagte,
keine weitere Erklaͤrung brauchte.
„Jch erzaͤhlte ihnen die Gelegenheit zu un-
„ſerer gegenwaͤrtigen Mishelligkeit; behauptete,
„daß das Feuer kein Blendwerk geweſen waͤre:
„aber geſtand, daß ich mir kein Gewiſſen gemacht
„haben wuͤrde, weil ich das Recht eines Gemahls
„fuͤr mich haͤtte, den unnatuͤrlichen Eid, dadurch
„ich von ihr gebunden waͤre, zu brechen; da ſie
„der Schrecken durch einen ſo ungefaͤhren Zufall
„mir in die Arme gejagt haͤtte. Jch machte mir
„ſelbſt den groͤßten Vorwurf, daß ich es nicht ge-
„than: in Erwaͤgung deſſen, daß ſie fuͤr gut fuͤn-
„de, ihren Unwillen ſo hoch zu treiben, und mir
„ſo wenig Recht wiederfahren ließe, zu vermu-
„then, daß das Feuer ein geſpielter Streich von
„mir waͤre.“
Und wenn es auch waͤre; ſagte Fr. Moore
‒ ‒ Da wir verheyrathet waͤren und die guaͤdige
Frau ſo wunderlich ‒ ‒ Ein jeder Herr wuͤrde
nicht ‒ ‒ Hier brach Fr. Moore ab.
„Zu vermuthen, daß ich zu einem ſo elenden
„Streiche meine Zuflucht nehmen ſollte, fuhr ich
„fort, da ich das liebe Kind alle Stunden ſahe
War
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/262>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.