Die beyden Weibspersonen folgten mir also- bald nach. Fr. Moore ging weg; damit sie der schönen Unart Zeit lassen möchte die Briefe zu lesen. Die Jungfer Rawlins that es aus eben der Ursache, und weil sie nach Hause gerufen wurde.
Die Witwe bat die Jungfer, daß sie bald wiederkommen möchte. Jch vereinigte meine Bitte mit der ihrigen: und sie war willig genug, uns diese Gefälligkeit zu versprechen.
Jch entschuldigte mich bey der Fr. Moore wegen der Verkleidung, worinn ich zuerst erschie- nen war, und wegen des Mährchens, das ich er- sonnen hatte. Jch gab ihr zu verstehen, daß ich mich verbunden hielte, für das ganze Stock- werk, worinn wir waren, und für eine Stube weiter hinauf für meinen Diener, es mit ihr gut zu machen; und zwar auf einen Monat gewiß.
Sie machte verschiednes Bedenken und bat, daß ich darauf bey ihr nicht dringen möchte, bis sie die Jungfer Rawlins um Rath gefragt hätte.
Jch lleß es mir gefallen: aber erinnerte zu- gleich, daß sie von mir Handgeld genommen hät- te; und ich hoffete, es würde sich darüber nicht mehr streiten lassen.
Eben den Augenblick kam die Jungfer Raw- lins wieder. Eine heftige Neubegierde sahe ihr aus den Augen. Da sie gehöret hatte, was un- terdessen zwischen der Fr. Moore und mir vorge- fallen war: so nahm sie alsobald ein dienstferti- ges Gesicht an; worüber ich mein Wohlgefallen
bezeig-
Die beyden Weibsperſonen folgten mir alſo- bald nach. Fr. Moore ging weg; damit ſie der ſchoͤnen Unart Zeit laſſen moͤchte die Briefe zu leſen. Die Jungfer Rawlins that es aus eben der Urſache, und weil ſie nach Hauſe gerufen wurde.
Die Witwe bat die Jungfer, daß ſie bald wiederkommen moͤchte. Jch vereinigte meine Bitte mit der ihrigen: und ſie war willig genug, uns dieſe Gefaͤlligkeit zu verſprechen.
Jch entſchuldigte mich bey der Fr. Moore wegen der Verkleidung, worinn ich zuerſt erſchie- nen war, und wegen des Maͤhrchens, das ich er- ſonnen hatte. Jch gab ihr zu verſtehen, daß ich mich verbunden hielte, fuͤr das ganze Stock- werk, worinn wir waren, und fuͤr eine Stube weiter hinauf fuͤr meinen Diener, es mit ihr gut zu machen; und zwar auf einen Monat gewiß.
Sie machte verſchiednes Bedenken und bat, daß ich darauf bey ihr nicht dringen moͤchte, bis ſie die Jungfer Rawlins um Rath gefragt haͤtte.
Jch lleß es mir gefallen: aber erinnerte zu- gleich, daß ſie von mir Handgeld genommen haͤt- te; und ich hoffete, es wuͤrde ſich daruͤber nicht mehr ſtreiten laſſen.
Eben den Augenblick kam die Jungfer Raw- lins wieder. Eine heftige Neubegierde ſahe ihr aus den Augen. Da ſie gehoͤret hatte, was un- terdeſſen zwiſchen der Fr. Moore und mir vorge- fallen war: ſo nahm ſie alſobald ein dienſtferti- ges Geſicht an; woruͤber ich mein Wohlgefallen
bezeig-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0256"n="250"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Die beyden Weibsperſonen folgten mir alſo-<lb/>
bald nach. Fr. Moore ging weg; damit ſie der<lb/>ſchoͤnen Unart Zeit laſſen moͤchte die Briefe zu<lb/>
leſen. Die Jungfer Rawlins that es aus eben<lb/>
der Urſache, und weil ſie nach Hauſe gerufen<lb/>
wurde.</p><lb/><p>Die Witwe bat die Jungfer, daß ſie bald<lb/>
wiederkommen moͤchte. Jch vereinigte meine<lb/>
Bitte mit der ihrigen: und ſie war willig genug,<lb/>
uns dieſe Gefaͤlligkeit zu verſprechen.</p><lb/><p>Jch entſchuldigte mich bey der Fr. Moore<lb/>
wegen der Verkleidung, worinn ich zuerſt erſchie-<lb/>
nen war, und wegen des Maͤhrchens, das ich er-<lb/>ſonnen hatte. Jch gab ihr zu verſtehen, daß<lb/>
ich mich verbunden hielte, fuͤr das ganze Stock-<lb/>
werk, worinn wir waren, und fuͤr eine Stube<lb/>
weiter hinauf fuͤr meinen Diener, es mit ihr gut<lb/>
zu machen; und zwar auf einen Monat gewiß.</p><lb/><p>Sie machte verſchiednes Bedenken und bat,<lb/>
daß ich darauf bey ihr nicht dringen moͤchte, bis<lb/>ſie die Jungfer Rawlins um Rath gefragt haͤtte.</p><lb/><p>Jch lleß es mir gefallen: aber erinnerte zu-<lb/>
gleich, daß ſie von mir Handgeld genommen haͤt-<lb/>
te; und ich hoffete, es wuͤrde ſich daruͤber nicht<lb/>
mehr ſtreiten laſſen.</p><lb/><p>Eben den Augenblick kam die Jungfer Raw-<lb/>
lins wieder. Eine heftige Neubegierde ſahe ihr<lb/>
aus den Augen. Da ſie gehoͤret hatte, was un-<lb/>
terdeſſen zwiſchen der Fr. Moore und mir vorge-<lb/>
fallen war: ſo nahm ſie alſobald ein dienſtferti-<lb/>
ges Geſicht an; woruͤber ich mein Wohlgefallen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">bezeig-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[250/0256]
Die beyden Weibsperſonen folgten mir alſo-
bald nach. Fr. Moore ging weg; damit ſie der
ſchoͤnen Unart Zeit laſſen moͤchte die Briefe zu
leſen. Die Jungfer Rawlins that es aus eben
der Urſache, und weil ſie nach Hauſe gerufen
wurde.
Die Witwe bat die Jungfer, daß ſie bald
wiederkommen moͤchte. Jch vereinigte meine
Bitte mit der ihrigen: und ſie war willig genug,
uns dieſe Gefaͤlligkeit zu verſprechen.
Jch entſchuldigte mich bey der Fr. Moore
wegen der Verkleidung, worinn ich zuerſt erſchie-
nen war, und wegen des Maͤhrchens, das ich er-
ſonnen hatte. Jch gab ihr zu verſtehen, daß
ich mich verbunden hielte, fuͤr das ganze Stock-
werk, worinn wir waren, und fuͤr eine Stube
weiter hinauf fuͤr meinen Diener, es mit ihr gut
zu machen; und zwar auf einen Monat gewiß.
Sie machte verſchiednes Bedenken und bat,
daß ich darauf bey ihr nicht dringen moͤchte, bis
ſie die Jungfer Rawlins um Rath gefragt haͤtte.
Jch lleß es mir gefallen: aber erinnerte zu-
gleich, daß ſie von mir Handgeld genommen haͤt-
te; und ich hoffete, es wuͤrde ſich daruͤber nicht
mehr ſtreiten laſſen.
Eben den Augenblick kam die Jungfer Raw-
lins wieder. Eine heftige Neubegierde ſahe ihr
aus den Augen. Da ſie gehoͤret hatte, was un-
terdeſſen zwiſchen der Fr. Moore und mir vorge-
fallen war: ſo nahm ſie alſobald ein dienſtferti-
ges Geſicht an; woruͤber ich mein Wohlgefallen
bezeig-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/256>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.