oder Witwen seyn, sehen gern eine feurige Liebe. Selbst die Fräulein Howe, wie du weist, redet feurigen Liebesbezeigungen das Wort. - - Nichts desto weniger; so fuhr ich fort; muß ich sagen, daß sie bey dieser Gelegenheit die Sache zu weit getrieben haben, Jch sehe, sie hassen mich - -
Sie war eben im Begriff zu sprechen - - Müssen wir auf ewig getrennet seyn, sagte ich darauf weiter mit einer starken und nachdrückli- chen Stimme: so soll diese Jnsel nicht lange von mir beschweret werden. - - Unterdessen lassen sie sich doch nur belieben, diese Briefe durchzusehen, und überlegen, was ihres Onkels Freunde zu sa- gen ist, und was er ihrem Onkel sagen soll - - Zu allem will ich behülflich seyn; sie mögen mir entsagen, wenn sie wollen; was zu ihrer Beru- higung und zu der Aussöhnung, die ihnen noch so kürzlich am Herzen gelegen, irgend dienen kann. Aber nach meiner geringen Einsicht halte ich unmaßgeblich für nothwendig, daß sie eine bessere Gesinnung gegen mich annehmen: wenn es auch nur deswegen geschehen sollte, damit dem, was vorgegangen ist, ein vortheilhafter Schein, und allem künftigen Antrage bey ihren Freun- den, auf was Art sie auch denselben zu thun für dienlich befinden werden, einiges Gewicht dadurch gegeben würde.
Jch legte so dann die Briefe auf ihren Schooß, und ging mit einer tiefen Bewegung und einem recht nachdrücklichen Gesichte in das näch- ste Zimmer.
Die
Q 5
oder Witwen ſeyn, ſehen gern eine feurige Liebe. Selbſt die Fraͤulein Howe, wie du weiſt, redet feurigen Liebesbezeigungen das Wort. ‒ ‒ Nichts deſto weniger; ſo fuhr ich fort; muß ich ſagen, daß ſie bey dieſer Gelegenheit die Sache zu weit getrieben haben, Jch ſehe, ſie haſſen mich ‒ ‒
Sie war eben im Begriff zu ſprechen ‒ ‒ Muͤſſen wir auf ewig getrennet ſeyn, ſagte ich darauf weiter mit einer ſtarken und nachdruͤckli- chen Stimme: ſo ſoll dieſe Jnſel nicht lange von mir beſchweret werden. ‒ ‒ Unterdeſſen laſſen ſie ſich doch nur belieben, dieſe Briefe durchzuſehen, und uͤberlegen, was ihres Onkels Freunde zu ſa- gen iſt, und was er ihrem Onkel ſagen ſoll ‒ ‒ Zu allem will ich behuͤlflich ſeyn; ſie moͤgen mir entſagen, wenn ſie wollen; was zu ihrer Beru- higung und zu der Ausſoͤhnung, die ihnen noch ſo kuͤrzlich am Herzen gelegen, irgend dienen kann. Aber nach meiner geringen Einſicht halte ich unmaßgeblich fuͤr nothwendig, daß ſie eine beſſere Geſinnung gegen mich annehmen: wenn es auch nur deswegen geſchehen ſollte, damit dem, was vorgegangen iſt, ein vortheilhafter Schein, und allem kuͤnftigen Antrage bey ihren Freun- den, auf was Art ſie auch denſelben zu thun fuͤr dienlich befinden werden, einiges Gewicht dadurch gegeben wuͤrde.
Jch legte ſo dann die Briefe auf ihren Schooß, und ging mit einer tiefen Bewegung und einem recht nachdruͤcklichen Geſichte in das naͤch- ſte Zimmer.
Die
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oder Witwen ſeyn, ſehen gern eine feurige Liebe.
Selbſt die Fraͤulein Howe, wie du weiſt, redet
feurigen Liebesbezeigungen das Wort. ‒ ‒ Nichts
deſto weniger; ſo fuhr ich fort; muß ich ſagen,
daß ſie bey dieſer Gelegenheit die Sache zu weit
getrieben haben, Jch ſehe, ſie haſſen mich ‒ ‒
Sie war eben im Begriff zu ſprechen ‒ ‒
Muͤſſen wir auf ewig getrennet ſeyn, ſagte ich
darauf weiter mit einer ſtarken und nachdruͤckli-
chen Stimme: ſo ſoll dieſe Jnſel nicht lange von
mir beſchweret werden. ‒ ‒ Unterdeſſen laſſen ſie
ſich doch nur belieben, dieſe Briefe durchzuſehen,
und uͤberlegen, was ihres Onkels Freunde zu ſa-
gen iſt, und was er ihrem Onkel ſagen ſoll ‒ ‒
Zu allem will ich behuͤlflich ſeyn; ſie moͤgen mir
entſagen, wenn ſie wollen; was zu ihrer Beru-
higung und zu der Ausſoͤhnung, die ihnen noch
ſo kuͤrzlich am Herzen gelegen, irgend dienen
kann. Aber nach meiner geringen Einſicht halte
ich unmaßgeblich fuͤr nothwendig, daß ſie eine
beſſere Geſinnung gegen mich annehmen: wenn
es auch nur deswegen geſchehen ſollte, damit dem,
was vorgegangen iſt, ein vortheilhafter Schein,
und allem kuͤnftigen Antrage bey ihren Freun-
den, auf was Art ſie auch denſelben zu thun fuͤr
dienlich befinden werden, einiges Gewicht dadurch
gegeben wuͤrde.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/255>, abgerufen am 22.11.2024.
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