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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

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ich meiner Frauen desto genauer Nachricht geben
kann, wie es beschaffen und aufgezieret ist?

Das Frauenzimmer will niemand zu sich
lassen, mein Herr - Jedoch - Und hiermit woll-
te sie hingehen, von ihr Erlaubniß zu bitten.

Jch ergriff sie bey der Hand - - Es mag
seyn wie es will, bleiben sie, bleiben sie, Mada-
me. Wenn das Frauenzimmer alleine und ge-
heim zu seyn wünschet: so dürfte es sich nicht schi-
cken. Machen sie nicht, daß ich mich ihr auf-
dringe.

Kein Auf dringen, mein Herr: dafür stehe ich.
Das Frauenzimmer ist von gutem Sinn. Sie
wird gewiß so gütig seyn, ein wenig hinunter in
den Saal zu gehen. Da sie nur noch eine so
kurze Zeit bey mir bleibt: so bin ich versichert,
daß sie mir nicht hinderlich zu seyn wünschen
wird.

Das ist wahr, Madame: wo sie von gutem
Sinne ist, wie sie sagen - - Jst sie schon lange
bey ihnen gewesen?

Nur erst seit gestern, mein Herr!

Jch glaube, ich habe sie eben mit einem
Blicke gesehen. Sie scheint ein ältliches Frauen-
zimmer zu seyn.

Nein, mein Herr: sie haben sich versehen.
Es ist ein junges Frauenzimmer, und eine von
den schönsten Personen, die mir jemals zu Ge-
sichte gekommen sind.

Ey! so muß ich ihretwegen um Verzeihung
bitten! Bloß darum: weil sie mir besser gefal-

len



ich meiner Frauen deſto genauer Nachricht geben
kann, wie es beſchaffen und aufgezieret iſt?

Das Frauenzimmer will niemand zu ſich
laſſen, mein Herr ‒ Jedoch ‒ Und hiermit woll-
te ſie hingehen, von ihr Erlaubniß zu bitten.

Jch ergriff ſie bey der Hand ‒ ‒ Es mag
ſeyn wie es will, bleiben ſie, bleiben ſie, Mada-
me. Wenn das Frauenzimmer alleine und ge-
heim zu ſeyn wuͤnſchet: ſo duͤrfte es ſich nicht ſchi-
cken. Machen ſie nicht, daß ich mich ihr auf-
dringe.

Kein Auf dringen, mein Herr: dafuͤr ſtehe ich.
Das Frauenzimmer iſt von gutem Sinn. Sie
wird gewiß ſo guͤtig ſeyn, ein wenig hinunter in
den Saal zu gehen. Da ſie nur noch eine ſo
kurze Zeit bey mir bleibt: ſo bin ich verſichert,
daß ſie mir nicht hinderlich zu ſeyn wuͤnſchen
wird.

Das iſt wahr, Madame: wo ſie von gutem
Sinne iſt, wie ſie ſagen ‒ ‒ Jſt ſie ſchon lange
bey ihnen geweſen?

Nur erſt ſeit geſtern, mein Herr!

Jch glaube, ich habe ſie eben mit einem
Blicke geſehen. Sie ſcheint ein aͤltliches Frauen-
zimmer zu ſeyn.

Nein, mein Herr: ſie haben ſich verſehen.
Es iſt ein junges Frauenzimmer, und eine von
den ſchoͤnſten Perſonen, die mir jemals zu Ge-
ſichte gekommen ſind.

Ey! ſo muß ich ihretwegen um Verzeihung
bitten! Bloß darum: weil ſie mir beſſer gefal-

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[220/0226] ich meiner Frauen deſto genauer Nachricht geben kann, wie es beſchaffen und aufgezieret iſt? Das Frauenzimmer will niemand zu ſich laſſen, mein Herr ‒ Jedoch ‒ Und hiermit woll- te ſie hingehen, von ihr Erlaubniß zu bitten. Jch ergriff ſie bey der Hand ‒ ‒ Es mag ſeyn wie es will, bleiben ſie, bleiben ſie, Mada- me. Wenn das Frauenzimmer alleine und ge- heim zu ſeyn wuͤnſchet: ſo duͤrfte es ſich nicht ſchi- cken. Machen ſie nicht, daß ich mich ihr auf- dringe. Kein Auf dringen, mein Herr: dafuͤr ſtehe ich. Das Frauenzimmer iſt von gutem Sinn. Sie wird gewiß ſo guͤtig ſeyn, ein wenig hinunter in den Saal zu gehen. Da ſie nur noch eine ſo kurze Zeit bey mir bleibt: ſo bin ich verſichert, daß ſie mir nicht hinderlich zu ſeyn wuͤnſchen wird. Das iſt wahr, Madame: wo ſie von gutem Sinne iſt, wie ſie ſagen ‒ ‒ Jſt ſie ſchon lange bey ihnen geweſen? Nur erſt ſeit geſtern, mein Herr! Jch glaube, ich habe ſie eben mit einem Blicke geſehen. Sie ſcheint ein aͤltliches Frauen- zimmer zu ſeyn. Nein, mein Herr: ſie haben ſich verſehen. Es iſt ein junges Frauenzimmer, und eine von den ſchoͤnſten Perſonen, die mir jemals zu Ge- ſichte gekommen ſind. Ey! ſo muß ich ihretwegen um Verzeihung bitten! Bloß darum: weil ſie mir beſſer gefal- len

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/226>, abgerufen am 26.11.2024.