ich habe einen Fluß daran. Allein meine arme Liebste will mit keiner andern als meiner eignen Fürsorge, zufrieden seyn. Und, wie ich schon ge- sagt habe, ist es itzo hohe Zeit.
Sie sollen sehen, mein Herr, wenn es ihnen gefällig ist, was ich für Bequemlichkeiten habe! Aber sie sind sonder Zweifel zu schlecht zu Fuße, die Treppen zu steigen.
Jch kann zur Noth hinauf hinken: da ich ein wenig ausgeruhet habe. Jch will nur das Zimmer ansehen, das meine Frau bekommen soll. Für die Bedienten mag alles gut seyn. Weil sie eine artige Frau scheinen: so will ich auch auf keinen Preiß bestehen, und noch außer dem für die Unruhe, die wir verursachen werden, gut bezahlen.
Sie wies mir den Weg: und ich fand Mit- tel, indem ich mich auf die Lehnen zur Seite stütz- te, mit geringerer Mühe hinaufzukommen, als ich bey so schwachen Knöcheln vermuthete. Aber, o Bruder! was war Sixtus des Fünften listige Unterdrückung seiner natürlichen Kräfte gegen meine, da er, als der halbtodte Montalto, nach der päbstlichen Krone, die er zum Scheine nicht suchete, begierig schnappete, und den Augenblick nach der Wahl auf das sich muthig bäumende Thier hinaufsprang, auf welches er nach den Ge- danken der erstaunten Cardinalsversammlung nicht im Stande seyn sollte ohne Hülfe von Stühlen und Menschen zu steigen? Niemals hat man ein froheres Herz und leichtere Füße zu-
sammen
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ich habe einen Fluß daran. Allein meine arme Liebſte will mit keiner andern als meiner eignen Fuͤrſorge, zufrieden ſeyn. Und, wie ich ſchon ge- ſagt habe, iſt es itzo hohe Zeit.
Sie ſollen ſehen, mein Herr, wenn es ihnen gefaͤllig iſt, was ich fuͤr Bequemlichkeiten habe! Aber ſie ſind ſonder Zweifel zu ſchlecht zu Fuße, die Treppen zu ſteigen.
Jch kann zur Noth hinauf hinken: da ich ein wenig ausgeruhet habe. Jch will nur das Zimmer anſehen, das meine Frau bekommen ſoll. Fuͤr die Bedienten mag alles gut ſeyn. Weil ſie eine artige Frau ſcheinen: ſo will ich auch auf keinen Preiß beſtehen, und noch außer dem fuͤr die Unruhe, die wir verurſachen werden, gut bezahlen.
Sie wies mir den Weg: und ich fand Mit- tel, indem ich mich auf die Lehnen zur Seite ſtuͤtz- te, mit geringerer Muͤhe hinaufzukommen, als ich bey ſo ſchwachen Knoͤcheln vermuthete. Aber, o Bruder! was war Sixtus des Fuͤnften liſtige Unterdruͤckung ſeiner natuͤrlichen Kraͤfte gegen meine, da er, als der halbtodte Montalto, nach der paͤbſtlichen Krone, die er zum Scheine nicht ſuchete, begierig ſchnappete, und den Augenblick nach der Wahl auf das ſich muthig baͤumende Thier hinaufſprang, auf welches er nach den Ge- danken der erſtaunten Cardinalsverſammlung nicht im Stande ſeyn ſollte ohne Huͤlfe von Stuͤhlen und Menſchen zu ſteigen? Niemals hat man ein froheres Herz und leichtere Fuͤße zu-
ſammen
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ich habe einen Fluß daran. Allein meine arme
Liebſte will mit keiner andern als meiner eignen
Fuͤrſorge, zufrieden ſeyn. Und, wie ich ſchon ge-
ſagt habe, iſt es itzo hohe Zeit.
Sie ſollen ſehen, mein Herr, wenn es ihnen
gefaͤllig iſt, was ich fuͤr Bequemlichkeiten habe!
Aber ſie ſind ſonder Zweifel zu ſchlecht zu Fuße,
die Treppen zu ſteigen.
Jch kann zur Noth hinauf hinken: da ich
ein wenig ausgeruhet habe. Jch will nur das
Zimmer anſehen, das meine Frau bekommen ſoll.
Fuͤr die Bedienten mag alles gut ſeyn. Weil
ſie eine artige Frau ſcheinen: ſo will ich auch auf
keinen Preiß beſtehen, und noch außer dem fuͤr
die Unruhe, die wir verurſachen werden, gut
bezahlen.
Sie wies mir den Weg: und ich fand Mit-
tel, indem ich mich auf die Lehnen zur Seite ſtuͤtz-
te, mit geringerer Muͤhe hinaufzukommen, als
ich bey ſo ſchwachen Knoͤcheln vermuthete. Aber,
o Bruder! was war Sixtus des Fuͤnften liſtige
Unterdruͤckung ſeiner natuͤrlichen Kraͤfte gegen
meine, da er, als der halbtodte Montalto, nach
der paͤbſtlichen Krone, die er zum Scheine nicht
ſuchete, begierig ſchnappete, und den Augenblick
nach der Wahl auf das ſich muthig baͤumende
Thier hinaufſprang, auf welches er nach den Ge-
danken der erſtaunten Cardinalsverſammlung
nicht im Stande ſeyn ſollte ohne Huͤlfe von
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/223>, abgerufen am 27.11.2024.
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