reits wiederum zurückgebracht habe? Das habe ich nicht. Aber da ich weiß, wo sie sich aufhält; so ist es beynahe eben so gut, als wenn ich sie in meiner Gewalt hätte. Es ist mir ein Vergnü- gen, daran zu gedenken, wie sie stutzen und zit- tern wird, wenn ich ihr unversehens über den Hals komme! Was sie für einen Blick thun wird, bey dem Bewußtseyn ihrer Schuld, wodurch mein Vergehen in der Donnerstags Nacht mehr als aufgehoben seyn wird: wenn sie ihren beleidigten Verehrer und angenommenen Gemahl sehen wird, von dem sie sich wegzustehlen gesucht hat; die größte Treulosigkeit, die erdacht werden kann!
Jedoch du wirst mit Ungeduld auf die Nach- richt warten, wie dieß herausgekommen ist. Lies nur den eingeschlossenen Brief, und besinne dich, was ich meinem Kerl von Zeit zu Zeit für Ver- haltungsbefehle, aus Furcht vor einer solchen Ent- laufung, gegeben habe. Alsdenn wirst du alles wissen und zugleich einsehen, was ich vernünfti- gerweise von des Buben Fleiß und Anstalten er- warten mag, wofern er jemals mein Angesicht wieder zu sehen wünschet.
Jch bekam den Brief ungefähr vor einer halben Stunde: da ich mich eben in meinen Klei- dern niederlegen wollte. Er hat mich so munter gemacht, daß ich schon, ob es gleich mitten in der Nacht ist, nach einem Wagen geschickt habe, der mit anbrechendem Tage, und, wo es möglich ist, mit meinem gewöhnlichen Kutscher hier für mich bereit stehen soll. Weil ich nicht wußte,
was
reits wiederum zuruͤckgebracht habe? Das habe ich nicht. Aber da ich weiß, wo ſie ſich aufhaͤlt; ſo iſt es beynahe eben ſo gut, als wenn ich ſie in meiner Gewalt haͤtte. Es iſt mir ein Vergnuͤ- gen, daran zu gedenken, wie ſie ſtutzen und zit- tern wird, wenn ich ihr unverſehens uͤber den Hals komme! Was ſie fuͤr einen Blick thun wird, bey dem Bewußtſeyn ihrer Schuld, wodurch mein Vergehen in der Donnerſtags Nacht mehr als aufgehoben ſeyn wird: wenn ſie ihren beleidigten Verehrer und angenommenen Gemahl ſehen wird, von dem ſie ſich wegzuſtehlen geſucht hat; die groͤßte Treuloſigkeit, die erdacht werden kann!
Jedoch du wirſt mit Ungeduld auf die Nach- richt warten, wie dieß herausgekommen iſt. Lies nur den eingeſchloſſenen Brief, und beſinne dich, was ich meinem Kerl von Zeit zu Zeit fuͤr Ver- haltungsbefehle, aus Furcht vor einer ſolchen Ent- laufung, gegeben habe. Alsdenn wirſt du alles wiſſen und zugleich einſehen, was ich vernuͤnfti- gerweiſe von des Buben Fleiß und Anſtalten er- warten mag, wofern er jemals mein Angeſicht wieder zu ſehen wuͤnſchet.
Jch bekam den Brief ungefaͤhr vor einer halben Stunde: da ich mich eben in meinen Klei- dern niederlegen wollte. Er hat mich ſo munter gemacht, daß ich ſchon, ob es gleich mitten in der Nacht iſt, nach einem Wagen geſchickt habe, der mit anbrechendem Tage, und, wo es moͤglich iſt, mit meinem gewoͤhnlichen Kutſcher hier fuͤr mich bereit ſtehen ſoll. Weil ich nicht wußte,
was
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0188"n="182"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
reits wiederum zuruͤckgebracht habe? Das habe<lb/>
ich nicht. Aber da ich weiß, wo ſie ſich aufhaͤlt;<lb/>ſo iſt es beynahe eben ſo gut, als wenn ich ſie in<lb/>
meiner Gewalt haͤtte. Es iſt mir ein Vergnuͤ-<lb/>
gen, daran zu gedenken, wie ſie ſtutzen und zit-<lb/>
tern wird, wenn ich ihr unverſehens uͤber den<lb/>
Hals komme! Was ſie fuͤr einen Blick thun wird,<lb/>
bey dem Bewußtſeyn ihrer Schuld, wodurch mein<lb/>
Vergehen in der Donnerſtags Nacht mehr als<lb/>
aufgehoben ſeyn wird: wenn ſie ihren beleidigten<lb/>
Verehrer und angenommenen Gemahl ſehen<lb/>
wird, von dem ſie ſich wegzuſtehlen geſucht hat;<lb/>
die groͤßte Treuloſigkeit, die erdacht werden kann!</p><lb/><p>Jedoch du wirſt mit Ungeduld auf die Nach-<lb/>
richt warten, wie dieß herausgekommen iſt. Lies<lb/>
nur den eingeſchloſſenen Brief, und beſinne dich,<lb/>
was ich meinem Kerl von Zeit zu Zeit fuͤr Ver-<lb/>
haltungsbefehle, aus Furcht vor einer ſolchen Ent-<lb/>
laufung, gegeben habe. Alsdenn wirſt du alles<lb/>
wiſſen und zugleich einſehen, was ich vernuͤnfti-<lb/>
gerweiſe von des Buben Fleiß und Anſtalten er-<lb/>
warten mag, wofern er jemals mein Angeſicht<lb/>
wieder zu ſehen wuͤnſchet.</p><lb/><p>Jch bekam den Brief ungefaͤhr vor einer<lb/>
halben Stunde: da ich mich eben in meinen Klei-<lb/>
dern niederlegen wollte. Er hat mich ſo munter<lb/>
gemacht, daß ich ſchon, ob es gleich mitten in der<lb/>
Nacht iſt, nach einem Wagen geſchickt habe, der<lb/>
mit anbrechendem Tage, und, wo es moͤglich iſt,<lb/>
mit <hirendition="#fr">meinem gewoͤhnlichen Kutſcher</hi> hier fuͤr<lb/>
mich bereit ſtehen ſoll. Weil ich nicht wußte,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">was</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[182/0188]
reits wiederum zuruͤckgebracht habe? Das habe
ich nicht. Aber da ich weiß, wo ſie ſich aufhaͤlt;
ſo iſt es beynahe eben ſo gut, als wenn ich ſie in
meiner Gewalt haͤtte. Es iſt mir ein Vergnuͤ-
gen, daran zu gedenken, wie ſie ſtutzen und zit-
tern wird, wenn ich ihr unverſehens uͤber den
Hals komme! Was ſie fuͤr einen Blick thun wird,
bey dem Bewußtſeyn ihrer Schuld, wodurch mein
Vergehen in der Donnerſtags Nacht mehr als
aufgehoben ſeyn wird: wenn ſie ihren beleidigten
Verehrer und angenommenen Gemahl ſehen
wird, von dem ſie ſich wegzuſtehlen geſucht hat;
die groͤßte Treuloſigkeit, die erdacht werden kann!
Jedoch du wirſt mit Ungeduld auf die Nach-
richt warten, wie dieß herausgekommen iſt. Lies
nur den eingeſchloſſenen Brief, und beſinne dich,
was ich meinem Kerl von Zeit zu Zeit fuͤr Ver-
haltungsbefehle, aus Furcht vor einer ſolchen Ent-
laufung, gegeben habe. Alsdenn wirſt du alles
wiſſen und zugleich einſehen, was ich vernuͤnfti-
gerweiſe von des Buben Fleiß und Anſtalten er-
warten mag, wofern er jemals mein Angeſicht
wieder zu ſehen wuͤnſchet.
Jch bekam den Brief ungefaͤhr vor einer
halben Stunde: da ich mich eben in meinen Klei-
dern niederlegen wollte. Er hat mich ſo munter
gemacht, daß ich ſchon, ob es gleich mitten in der
Nacht iſt, nach einem Wagen geſchickt habe, der
mit anbrechendem Tage, und, wo es moͤglich iſt,
mit meinem gewoͤhnlichen Kutſcher hier fuͤr
mich bereit ſtehen ſoll. Weil ich nicht wußte,
was
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/188>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.