ber, der es nicht der Mühe werth achtet, den Frieden zu brechen, für Vortheile über seine Ge- liebte, die denselben mit aller Sorgfalt zu erhal- ten suchet?
Jtzt habe ich mich eben selbst wohl zum zwölf- ten mal zu einer halben Entschließung gebracht. Tausend angenehme Dinge habe ich ihr zu sagen. Sie ist in dem Speisesaale. Eben gieng sie hin- auf. Wenn sie da ist: so erwartet sie mich.
Aeußerstes Misvergnügen! - - das eine plötzliche Entfernung nach sich zog.
Jch hatte mich zu ihr gesetzet. Jch nahm ihre beyden Hände in meine. So hatte ich es gewünscht. Meine Stimme war ganz gelinde und sanft - Jhres Vaters wurde mit Hochach- tung, ihrer Mutter mit Ehrerbietung erwähnet. Selbst von ihrem Bruder ward als von einem Freunde gesprochen. Jch hätte niemals gedacht, sagte ich zu ihr, daß ich eine Aussöhnung mit ih- ren Angehörigen so sehnlich wünschen könnte, als ich sie wirklich wünschte.
Dabey breitete sich eine liebliche und dankge- flissene Röthe über ihr schönes Angesicht aus. Bisweilen hub auch ein gelinder Seufzer ihr Halstuch in die Höhe.
Jch hätte ein sehr großes Verlangen, so fuhr ich fort, von dem Capitain Tomlinson Nachricht einzuziehen. Es würde ihrem Onkel unmöglich seyn, an dem Entwurf der Ehestiftung etwas
aus-
ber, der es nicht der Muͤhe werth achtet, den Frieden zu brechen, fuͤr Vortheile uͤber ſeine Ge- liebte, die denſelben mit aller Sorgfalt zu erhal- ten ſuchet?
Jtzt habe ich mich eben ſelbſt wohl zum zwoͤlf- ten mal zu einer halben Entſchließung gebracht. Tauſend angenehme Dinge habe ich ihr zu ſagen. Sie iſt in dem Speiſeſaale. Eben gieng ſie hin- auf. Wenn ſie da iſt: ſo erwartet ſie mich.
Aeußerſtes Misvergnuͤgen! ‒ ‒ das eine ploͤtzliche Entfernung nach ſich zog.
Jch hatte mich zu ihr geſetzet. Jch nahm ihre beyden Haͤnde in meine. So hatte ich es gewuͤnſcht. Meine Stimme war ganz gelinde und ſanft ‒ Jhres Vaters wurde mit Hochach- tung, ihrer Mutter mit Ehrerbietung erwaͤhnet. Selbſt von ihrem Bruder ward als von einem Freunde geſprochen. Jch haͤtte niemals gedacht, ſagte ich zu ihr, daß ich eine Ausſoͤhnung mit ih- ren Angehoͤrigen ſo ſehnlich wuͤnſchen koͤnnte, als ich ſie wirklich wuͤnſchte.
Dabey breitete ſich eine liebliche und dankge- fliſſene Roͤthe uͤber ihr ſchoͤnes Angeſicht aus. Bisweilen hub auch ein gelinder Seufzer ihr Halstuch in die Hoͤhe.
Jch haͤtte ein ſehr großes Verlangen, ſo fuhr ich fort, von dem Capitain Tomlinſon Nachricht einzuziehen. Es wuͤrde ihrem Onkel unmoͤglich ſeyn, an dem Entwurf der Eheſtiftung etwas
aus-
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[10/0016]
ber, der es nicht der Muͤhe werth achtet, den
Frieden zu brechen, fuͤr Vortheile uͤber ſeine Ge-
liebte, die denſelben mit aller Sorgfalt zu erhal-
ten ſuchet?
Jtzt habe ich mich eben ſelbſt wohl zum zwoͤlf-
ten mal zu einer halben Entſchließung gebracht.
Tauſend angenehme Dinge habe ich ihr zu ſagen.
Sie iſt in dem Speiſeſaale. Eben gieng ſie hin-
auf. Wenn ſie da iſt: ſo erwartet ſie mich.
Aeußerſtes Misvergnuͤgen! ‒ ‒ das eine
ploͤtzliche Entfernung nach ſich zog.
Jch hatte mich zu ihr geſetzet. Jch nahm
ihre beyden Haͤnde in meine. So hatte ich es
gewuͤnſcht. Meine Stimme war ganz gelinde
und ſanft ‒ Jhres Vaters wurde mit Hochach-
tung, ihrer Mutter mit Ehrerbietung erwaͤhnet.
Selbſt von ihrem Bruder ward als von einem
Freunde geſprochen. Jch haͤtte niemals gedacht,
ſagte ich zu ihr, daß ich eine Ausſoͤhnung mit ih-
ren Angehoͤrigen ſo ſehnlich wuͤnſchen koͤnnte, als
ich ſie wirklich wuͤnſchte.
Dabey breitete ſich eine liebliche und dankge-
fliſſene Roͤthe uͤber ihr ſchoͤnes Angeſicht aus.
Bisweilen hub auch ein gelinder Seufzer ihr
Halstuch in die Hoͤhe.
Jch haͤtte ein ſehr großes Verlangen, ſo fuhr
ich fort, von dem Capitain Tomlinſon Nachricht
einzuziehen. Es wuͤrde ihrem Onkel unmoͤglich
ſeyn, an dem Entwurf der Eheſtiftung etwas
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/16>, abgerufen am 24.11.2024.
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