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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

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und mein Rücken that mir so wehe, als wenn
die Wirbelknochen aus einander gerissen und in
Stücken zerfallen wären.

Allein itzo, da ich der alten Mutter Erzäh-
lung gehört und die gleichsam in einer Dämme-
rung hervorbrechende Hoffnung, welche mir die
Nachricht des Sänftenträgers machet, überlegt
habe: so bin ich um ein großes erleichtert, und
kann geruhiger meine Betrachtungen anstellen.
Von ganzem Herzen wünsche ich alle vier oder
fünf Minuten, daß Wilhelm glücklich seyn möge.
Wofern ich sie verliere: so wird alle meine Rase-
rey mit gedoppelter Wuth wiederkommen. Die
Schande, von einem Lehrling[e], von einem Kinde, in
Kunstgriffen und Ränken berückt zu seyn, und die
Heftigkeit meiner Liebe zu ihr werden mir ent-
weder das Herz abstoßen, oder das Gehirn ver-
rücken, wodurch noch manches Herz bey unerträg-
lichen Uebeln erhalten wird. Was hatte ich nö-
thig, nach einem Trauscheine zu laufen, bis ich sie
vorher wenigstens wieder gesehen, und alles bey
ihr gut gemacht hatte? Gewiß, wäre es nicht
ein Vorrecht der Hauptpersonen im Spiele, alle
ihre Fehler auf ihre Unterhändler zu schieben und
niemals sich selbst schuldig zu erkennen: so wür-
de ich im Stande seyn zu erwägen, daß ich mehr
Schuld habe, als sonst jemand. Und da diese
Betrachtung ihren Stachel wider mich schärfen
wird, wo ich die Fräulein nicht wiederbekom-
me: wie werde ich vermögend seyn, sie zu er-
tragen?

Wenn



und mein Ruͤcken that mir ſo wehe, als wenn
die Wirbelknochen aus einander geriſſen und in
Stuͤcken zerfallen waͤren.

Allein itzo, da ich der alten Mutter Erzaͤh-
lung gehoͤrt und die gleichſam in einer Daͤmme-
rung hervorbrechende Hoffnung, welche mir die
Nachricht des Saͤnftentraͤgers machet, uͤberlegt
habe: ſo bin ich um ein großes erleichtert, und
kann geruhiger meine Betrachtungen anſtellen.
Von ganzem Herzen wuͤnſche ich alle vier oder
fuͤnf Minuten, daß Wilhelm gluͤcklich ſeyn moͤge.
Wofern ich ſie verliere: ſo wird alle meine Raſe-
rey mit gedoppelter Wuth wiederkommen. Die
Schande, von einem Lehrling[e], von einem Kinde, in
Kunſtgriffen und Raͤnken beruͤckt zu ſeyn, und die
Heftigkeit meiner Liebe zu ihr werden mir ent-
weder das Herz abſtoßen, oder das Gehirn ver-
ruͤcken, wodurch noch manches Herz bey unertraͤg-
lichen Uebeln erhalten wird. Was hatte ich noͤ-
thig, nach einem Trauſcheine zu laufen, bis ich ſie
vorher wenigſtens wieder geſehen, und alles bey
ihr gut gemacht hatte? Gewiß, waͤre es nicht
ein Vorrecht der Hauptperſonen im Spiele, alle
ihre Fehler auf ihre Unterhaͤndler zu ſchieben und
niemals ſich ſelbſt ſchuldig zu erkennen: ſo wuͤr-
de ich im Stande ſeyn zu erwaͤgen, daß ich mehr
Schuld habe, als ſonſt jemand. Und da dieſe
Betrachtung ihren Stachel wider mich ſchaͤrfen
wird, wo ich die Fraͤulein nicht wiederbekom-
me: wie werde ich vermoͤgend ſeyn, ſie zu er-
tragen?

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[128/0134] und mein Ruͤcken that mir ſo wehe, als wenn die Wirbelknochen aus einander geriſſen und in Stuͤcken zerfallen waͤren. Allein itzo, da ich der alten Mutter Erzaͤh- lung gehoͤrt und die gleichſam in einer Daͤmme- rung hervorbrechende Hoffnung, welche mir die Nachricht des Saͤnftentraͤgers machet, uͤberlegt habe: ſo bin ich um ein großes erleichtert, und kann geruhiger meine Betrachtungen anſtellen. Von ganzem Herzen wuͤnſche ich alle vier oder fuͤnf Minuten, daß Wilhelm gluͤcklich ſeyn moͤge. Wofern ich ſie verliere: ſo wird alle meine Raſe- rey mit gedoppelter Wuth wiederkommen. Die Schande, von einem Lehrlinge, von einem Kinde, in Kunſtgriffen und Raͤnken beruͤckt zu ſeyn, und die Heftigkeit meiner Liebe zu ihr werden mir ent- weder das Herz abſtoßen, oder das Gehirn ver- ruͤcken, wodurch noch manches Herz bey unertraͤg- lichen Uebeln erhalten wird. Was hatte ich noͤ- thig, nach einem Trauſcheine zu laufen, bis ich ſie vorher wenigſtens wieder geſehen, und alles bey ihr gut gemacht hatte? Gewiß, waͤre es nicht ein Vorrecht der Hauptperſonen im Spiele, alle ihre Fehler auf ihre Unterhaͤndler zu ſchieben und niemals ſich ſelbſt ſchuldig zu erkennen: ſo wuͤr- de ich im Stande ſeyn zu erwaͤgen, daß ich mehr Schuld habe, als ſonſt jemand. Und da dieſe Betrachtung ihren Stachel wider mich ſchaͤrfen wird, wo ich die Fraͤulein nicht wiederbekom- me: wie werde ich vermoͤgend ſeyn, ſie zu er- tragen? Wenn

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/134>, abgerufen am 22.11.2024.