"Damit eine so liebe Tochter sehen möge, wie "werth ich sie schätze, so sollen sie selbst bestimmen, "wie ich mich mit Jhrem Vater wegen der ansehn- "lichen Einkünfte vergleichen soll, die er seit eini- "gen Jahren von Jhrem Gut gehoben und noch "in Händen hat. Jch zweifele nicht, daß er sich "wird überreden lassen, Gegen-Rechnungen zu ma- "chen. Es soll in ihrer Gewalt stehen, ihn we- "gen derselben zu befriedigen, damit Sie in Jhrem "Gemüthe desto ruhiger seyn können. Das übri- "ge Geld soll Jhnen gezahlet werden, und soll von "Jhnen nach eigenem Belieben angewandt wer- "den; damit es Jhnen nicht an Mitteln fehlen "möge, fernerhin andern die Wohlthaten zu erzei- "gen, die Jhnen einen so seltenen Ruhm ausser- "halb Jhres Hauses zu Wege gebracht haben, und "darüber Sie von Jhrer eigenen Familie so sehr "getadelt sind.
"Was Kleidung, Juwelen und dergleichen an- "langet, welche Sie nöthig haben, wenn Sie öf- "fentlich erscheinen wollen, so werde ich mir eine "Ehre daraus machen, wenn Sie nichts von derglei- "chen Dingen denen Leuten zu danken haben, wel- "che aus Unsinnigkeit sich von einer Tochter lossa- "gen, deren sie nimmermehr werth sind. Sie müs- "sen mich dieses mahl entschuldiget halten Fräu- "lein, ich würde Jhnen mit Recht in allen dem, "was ich schreibe, verdächtig vorkommen, wenn ich "von diesen Leuten mich gelinder ausdrückete, ob "Sie gleich mit Jhnen so nahe verwant sind.
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„Damit eine ſo liebe Tochter ſehen moͤge, wie „werth ich ſie ſchaͤtze, ſo ſollen ſie ſelbſt beſtimmen, „wie ich mich mit Jhrem Vater wegen der anſehn- „lichen Einkuͤnfte vergleichen ſoll, die er ſeit eini- „gen Jahren von Jhrem Gut gehoben und noch „in Haͤnden hat. Jch zweifele nicht, daß er ſich „wird uͤberreden laſſen, Gegen-Rechnungen zu ma- „chen. Es ſoll in ihrer Gewalt ſtehen, ihn we- „gen derſelben zu befriedigen, damit Sie in Jhrem „Gemuͤthe deſto ruhiger ſeyn koͤnnen. Das uͤbri- „ge Geld ſoll Jhnen gezahlet werden, und ſoll von „Jhnen nach eigenem Belieben angewandt wer- „den; damit es Jhnen nicht an Mitteln fehlen „moͤge, fernerhin andern die Wohlthaten zu erzei- „gen, die Jhnen einen ſo ſeltenen Ruhm auſſer- „halb Jhres Hauſes zu Wege gebracht haben, und „daruͤber Sie von Jhrer eigenen Familie ſo ſehr „getadelt ſind.
„Was Kleidung, Juwelen und dergleichen an- „langet, welche Sie noͤthig haben, wenn Sie oͤf- „fentlich erſcheinen wollen, ſo werde ich mir eine „Ehre daraus machen, wenn Sie nichts von derglei- „chen Dingen denen Leuten zu danken haben, wel- „che aus Unſinnigkeit ſich von einer Tochter losſa- „gen, deren ſie nimmermehr werth ſind. Sie muͤſ- „ſen mich dieſes mahl entſchuldiget halten Fraͤu- „lein, ich wuͤrde Jhnen mit Recht in allen dem, „was ich ſchreibe, verdaͤchtig vorkommen, wenn ich „von dieſen Leuten mich gelinder ausdruͤckete, ob „Sie gleich mit Jhnen ſo nahe verwant ſind.
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„Damit eine ſo liebe Tochter ſehen moͤge, wie
„werth ich ſie ſchaͤtze, ſo ſollen ſie ſelbſt beſtimmen,
„wie ich mich mit Jhrem Vater wegen der anſehn-
„lichen Einkuͤnfte vergleichen ſoll, die er ſeit eini-
„gen Jahren von Jhrem Gut gehoben und noch
„in Haͤnden hat. Jch zweifele nicht, daß er ſich
„wird uͤberreden laſſen, Gegen-Rechnungen zu ma-
„chen. Es ſoll in ihrer Gewalt ſtehen, ihn we-
„gen derſelben zu befriedigen, damit Sie in Jhrem
„Gemuͤthe deſto ruhiger ſeyn koͤnnen. Das uͤbri-
„ge Geld ſoll Jhnen gezahlet werden, und ſoll von
„Jhnen nach eigenem Belieben angewandt wer-
„den; damit es Jhnen nicht an Mitteln fehlen
„moͤge, fernerhin andern die Wohlthaten zu erzei-
„gen, die Jhnen einen ſo ſeltenen Ruhm auſſer-
„halb Jhres Hauſes zu Wege gebracht haben, und
„daruͤber Sie von Jhrer eigenen Familie ſo ſehr
„getadelt ſind.
„Was Kleidung, Juwelen und dergleichen an-
„langet, welche Sie noͤthig haben, wenn Sie oͤf-
„fentlich erſcheinen wollen, ſo werde ich mir eine
„Ehre daraus machen, wenn Sie nichts von derglei-
„chen Dingen denen Leuten zu danken haben, wel-
„che aus Unſinnigkeit ſich von einer Tochter losſa-
„gen, deren ſie nimmermehr werth ſind. Sie muͤſ-
„ſen mich dieſes mahl entſchuldiget halten Fraͤu-
„lein, ich wuͤrde Jhnen mit Recht in allen dem,
„was ich ſchreibe, verdaͤchtig vorkommen, wenn ich
„von dieſen Leuten mich gelinder ausdruͤckete, ob
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/95>, abgerufen am 23.11.2024.
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