Jhnen zum voraus manches gute oder erträgliche zu versprechen. Jch werde zwar gegen ihn aufge- bracht, wenn ich einige besondere Umstände von seinen Gottlosigkeiten höre. Allein wenn ich es recht überlege, so finde ich keine neue Anklage gegen ihn, sondern eben das, was der abgedanckte Verwalter und die Frau Greme schon längstens überhaupt von ihm gesagt haben.
Jch glaube daher, daß Sie weiter keinen Kum- mer haben dürfen, als den Jhnen seine ewige Wohlfarth, und das böse Exempel das er seiner Familie geben möchte, erwecken kann. Es sind dieses wichtige Ursachen zum Kummer: allein es würde in jedermanns Augen ein sonderbares An- sehen haben, wenn Sie ihn jetzt mit oder ohne sei- ne Bewilligung verliessen, da seine Familie so vor- nehm ist, und er selbst so vieles angenehme an sich hat, und jetzt jedermann Sie wegen dieser Umstände und wegen der wunderlichen Aufführung Jhrer An- verwanten für entschuldiget hält. Jch habe alles nach bestem Vermögen überleget, und ich kann nicht anders, als Jhnen rathen, an eine nähere Verbin- dung mit ihm zu gedencken, wenn Sie anders kei- ne Ursache haben an seiner Aufrichtigkeit zu zweifeln. Die Rache müsse den Bösewicht in Zeit und Ewig- keit verfolgen, wenn er Jhnen Anlaß zu einem sol- chen Zweifel giebt.
Sein Zaudern und Tändeln ist unerträglich. Jch kann mich auch gar nicht darein finden, daß er sich mit Jhren kaltsinnigen Verzögerungen abweisen läßt, und sich darein schicket, daß Sie um einer geringen
Sünde
D 5
Jhnen zum voraus manches gute oder ertraͤgliche zu verſprechen. Jch werde zwar gegen ihn aufge- bracht, wenn ich einige beſondere Umſtaͤnde von ſeinen Gottloſigkeiten hoͤre. Allein wenn ich es recht uͤberlege, ſo finde ich keine neue Anklage gegen ihn, ſondern eben das, was der abgedanckte Verwalter und die Frau Greme ſchon laͤngſtens uͤberhaupt von ihm geſagt haben.
Jch glaube daher, daß Sie weiter keinen Kum- mer haben duͤrfen, als den Jhnen ſeine ewige Wohlfarth, und das boͤſe Exempel das er ſeiner Familie geben moͤchte, erwecken kann. Es ſind dieſes wichtige Urſachen zum Kummer: allein es wuͤrde in jedermanns Augen ein ſonderbares An- ſehen haben, wenn Sie ihn jetzt mit oder ohne ſei- ne Bewilligung verlieſſen, da ſeine Familie ſo vor- nehm iſt, und er ſelbſt ſo vieles angenehme an ſich hat, und jetzt jedermann Sie wegen dieſer Umſtaͤnde und wegen der wunderlichen Auffuͤhrung Jhrer An- verwanten fuͤr entſchuldiget haͤlt. Jch habe alles nach beſtem Vermoͤgen uͤberleget, und ich kann nicht anders, als Jhnen rathen, an eine naͤhere Verbin- dung mit ihm zu gedencken, wenn Sie anders kei- ne Urſache haben an ſeiner Aufrichtigkeit zu zweifeln. Die Rache muͤſſe den Boͤſewicht in Zeit und Ewig- keit verfolgen, wenn er Jhnen Anlaß zu einem ſol- chen Zweifel giebt.
Sein Zaudern und Taͤndeln iſt unertraͤglich. Jch kann mich auch gar nicht darein finden, daß er ſich mit Jhren kaltſinnigen Verzoͤgerungen abweiſen laͤßt, und ſich darein ſchicket, daß Sie um einer geringen
Suͤnde
D 5
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Jhnen zum voraus manches gute oder ertraͤgliche
zu verſprechen. Jch werde zwar gegen ihn aufge-
bracht, wenn ich einige beſondere Umſtaͤnde von
ſeinen Gottloſigkeiten hoͤre. Allein wenn ich es recht
uͤberlege, ſo finde ich keine neue Anklage gegen ihn,
ſondern eben das, was der abgedanckte Verwalter
und die Frau Greme ſchon laͤngſtens uͤberhaupt
von ihm geſagt haben.
Jch glaube daher, daß Sie weiter keinen Kum-
mer haben duͤrfen, als den Jhnen ſeine ewige
Wohlfarth, und das boͤſe Exempel das er ſeiner
Familie geben moͤchte, erwecken kann. Es ſind
dieſes wichtige Urſachen zum Kummer: allein es
wuͤrde in jedermanns Augen ein ſonderbares An-
ſehen haben, wenn Sie ihn jetzt mit oder ohne ſei-
ne Bewilligung verlieſſen, da ſeine Familie ſo vor-
nehm iſt, und er ſelbſt ſo vieles angenehme an ſich
hat, und jetzt jedermann Sie wegen dieſer Umſtaͤnde
und wegen der wunderlichen Auffuͤhrung Jhrer An-
verwanten fuͤr entſchuldiget haͤlt. Jch habe alles
nach beſtem Vermoͤgen uͤberleget, und ich kann nicht
anders, als Jhnen rathen, an eine naͤhere Verbin-
dung mit ihm zu gedencken, wenn Sie anders kei-
ne Urſache haben an ſeiner Aufrichtigkeit zu zweifeln.
Die Rache muͤſſe den Boͤſewicht in Zeit und Ewig-
keit verfolgen, wenn er Jhnen Anlaß zu einem ſol-
chen Zweifel giebt.
Sein Zaudern und Taͤndeln iſt unertraͤglich. Jch
kann mich auch gar nicht darein finden, daß er ſich
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/63>, abgerufen am 16.02.2025.
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