kam denselbigen Augenblick heraus, und fragte mich, ob ich nicht eine Tasse Chocolate beföhle?
Jch sagte: ich wollte wohl bitten, Frau Sin- clair, daß sie den Herrn mit sich in die Stube näh- men, und ihm Chocolate vorsetzten. Jch weiß nicht, ob ich Erlaubniß habe oder nicht ohne ihn aus dem Hause zu gehen. - - Jch fragte ihm hierauf: ob er mich für seine Gefangene hielte?
Dorcas brachte ihm unterdessen Hut und De- gen, und er eröffnete die Thür nach der Strasse, und führete mich wider meinen Willen auf eine sehr höfliche und ergebene Art in den Wagen. Die Leute die vorbey giengen, sahen ihn an, und redeten sachte. Doch er hat so viel ausserordentliches in der Gestalt, und ist so wohl gekleidet, daß er gemei- niglich aller Augen auf sich ziehet. Mir war es ungelegen, daß ich mich von allen Vorbeygehenden besehen lassen mußte. Er setzte sich nach mir in die Kutsche, und der Kutscher fuhr nach S. Pauls- Kirche.
Er war unterweges sehr beredt und geschäftig: ich hingegen war so stille, als es mir möglich war, und speisete auch des Mittags allein, wie ich bey- nahe die gantze Woche hindurch gethan hatte.
Als ich ihm meldete, daß ich ohne ihn die Mit- tags-Mahlzeit halten wollte, so antwortete er: er müs- se noch gehorsahm seyn, bis ich erführe, was ich bey den Meinigen ausrichten könnte; allein nachher wollte er mir nicht versprechen, mir einen Augen- blick Ruhe zu lassen, bis ich seinen Freuden-Tag bestimmet haben würde. Denn meine Verachtung,
mein
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kam denſelbigen Augenblick heraus, und fragte mich, ob ich nicht eine Taſſe Chocolate befoͤhle?
Jch ſagte: ich wollte wohl bitten, Frau Sin- clair, daß ſie den Herrn mit ſich in die Stube naͤh- men, und ihm Chocolate vorſetzten. Jch weiß nicht, ob ich Erlaubniß habe oder nicht ohne ihn aus dem Hauſe zu gehen. ‒ ‒ Jch fragte ihm hierauf: ob er mich fuͤr ſeine Gefangene hielte?
Dorcas brachte ihm unterdeſſen Hut und De- gen, und er eroͤffnete die Thuͤr nach der Straſſe, und fuͤhrete mich wider meinen Willen auf eine ſehr hoͤfliche und ergebene Art in den Wagen. Die Leute die vorbey giengen, ſahen ihn an, und redeten ſachte. Doch er hat ſo viel auſſerordentliches in der Geſtalt, und iſt ſo wohl gekleidet, daß er gemei- niglich aller Augen auf ſich ziehet. Mir war es ungelegen, daß ich mich von allen Vorbeygehenden beſehen laſſen mußte. Er ſetzte ſich nach mir in die Kutſche, und der Kutſcher fuhr nach S. Pauls- Kirche.
Er war unterweges ſehr beredt und geſchaͤftig: ich hingegen war ſo ſtille, als es mir moͤglich war, und ſpeiſete auch des Mittags allein, wie ich bey- nahe die gantze Woche hindurch gethan hatte.
Als ich ihm meldete, daß ich ohne ihn die Mit- tags-Mahlzeit halten wollte, ſo antwortete er: er muͤſ- ſe noch gehorſahm ſeyn, bis ich erfuͤhre, was ich bey den Meinigen ausrichten koͤnnte; allein nachher wollte er mir nicht verſprechen, mir einen Augen- blick Ruhe zu laſſen, bis ich ſeinen Freuden-Tag beſtimmet haben wuͤrde. Denn meine Verachtung,
mein
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kam denſelbigen Augenblick heraus, und fragte
mich, ob ich nicht eine Taſſe Chocolate befoͤhle?
Jch ſagte: ich wollte wohl bitten, Frau Sin-
clair, daß ſie den Herrn mit ſich in die Stube naͤh-
men, und ihm Chocolate vorſetzten. Jch weiß
nicht, ob ich Erlaubniß habe oder nicht ohne ihn aus
dem Hauſe zu gehen. ‒ ‒ Jch fragte ihm hierauf: ob
er mich fuͤr ſeine Gefangene hielte?
Dorcas brachte ihm unterdeſſen Hut und De-
gen, und er eroͤffnete die Thuͤr nach der Straſſe,
und fuͤhrete mich wider meinen Willen auf eine ſehr
hoͤfliche und ergebene Art in den Wagen. Die
Leute die vorbey giengen, ſahen ihn an, und redeten
ſachte. Doch er hat ſo viel auſſerordentliches in der
Geſtalt, und iſt ſo wohl gekleidet, daß er gemei-
niglich aller Augen auf ſich ziehet. Mir war es
ungelegen, daß ich mich von allen Vorbeygehenden
beſehen laſſen mußte. Er ſetzte ſich nach mir in die
Kutſche, und der Kutſcher fuhr nach S. Pauls-
Kirche.
Er war unterweges ſehr beredt und geſchaͤftig:
ich hingegen war ſo ſtille, als es mir moͤglich war,
und ſpeiſete auch des Mittags allein, wie ich bey-
nahe die gantze Woche hindurch gethan hatte.
Als ich ihm meldete, daß ich ohne ihn die Mit-
tags-Mahlzeit halten wollte, ſo antwortete er: er muͤſ-
ſe noch gehorſahm ſeyn, bis ich erfuͤhre, was ich
bey den Meinigen ausrichten koͤnnte; allein nachher
wollte er mir nicht verſprechen, mir einen Augen-
blick Ruhe zu laſſen, bis ich ſeinen Freuden-Tag
beſtimmet haben wuͤrde. Denn meine Verachtung,
mein
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/47>, abgerufen am 21.11.2024.
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