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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

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Wir haben es beyde sehr sehwer gefunden,
mein Werther, sagte sie, einige Theile von Herrn
Lovelaces Chararter mit andern zu vereinigen:
sein gutes Gemüthe mit seinen schlimmen Nei-
gungen zu vergleichen, besonders gewisse Umstän-
de von dem erstern, als: sein edles Bezeigen ge-
gen seine Pachter; seine Güte gegen seines Gast-
wirths Tochter; seine Fertigkeit mich darauf zu
bringen, daß ich durch meine gute Norton und an-
dere Wohlthaten ausüben sollte.

"Es ist eine seltsame Vermischung in seinem
"Gemüthe, wie ich ihm oft gesagt habe. Denn
"er ist sicherlich (wenn man auf sein Bezeigen ge-
"gen mich in 20 Vorfällen zurücke denckt) als ein
"partheyischer Mensch anzusehen. - - Jn der
"That, mein Werthester, ich habe mehr als ein-
"mahl daran gedacht, daß er es lieber hätte, mich
"weinen zu sehen, als mir Ursache zu geben, mit
"ihm vergnügt zu seyn."

"Meine Muhme Morden sagt, Leute die frey
"lebten, fühlten keine Gewissens-Bisse (*). Sie
"müssen der Natur der Sache gemäß so unem-
"pfindlich seyn."

"Herr
(*) III. B. 361. S. Siehe auch Herrn Lovelaces
eignes Geständniß von dem Vergnügen, das es
ihm bringt, ein Frauenzimmer weinen zu sehen,
in verschiedenen Stellen seiner Briefe, besonders
66. S. dieses Bandes.
Vierter Theil. B b


Wir haben es beyde ſehr ſehwer gefunden,
mein Werther, ſagte ſie, einige Theile von Herrn
Lovelaces Chararter mit andern zu vereinigen:
ſein gutes Gemuͤthe mit ſeinen ſchlimmen Nei-
gungen zu vergleichen, beſonders gewiſſe Umſtaͤn-
de von dem erſtern, als: ſein edles Bezeigen ge-
gen ſeine Pachter; ſeine Guͤte gegen ſeines Gaſt-
wirths Tochter; ſeine Fertigkeit mich darauf zu
bringen, daß ich durch meine gute Norton und an-
dere Wohlthaten ausuͤben ſollte.

„Es iſt eine ſeltſame Vermiſchung in ſeinem
„Gemuͤthe, wie ich ihm oft geſagt habe. Denn
„er iſt ſicherlich (wenn man auf ſein Bezeigen ge-
„gen mich in 20 Vorfaͤllen zuruͤcke denckt) als ein
„partheyiſcher Menſch anzuſehen. ‒ ‒ Jn der
„That, mein Wertheſter, ich habe mehr als ein-
„mahl daran gedacht, daß er es lieber haͤtte, mich
„weinen zu ſehen, als mir Urſache zu geben, mit
„ihm vergnuͤgt zu ſeyn.“

„Meine Muhme Morden ſagt, Leute die frey
„lebten, fuͤhlten keine Gewiſſens-Biſſe (*). Sie
„muͤſſen der Natur der Sache gemaͤß ſo unem-
„pfindlich ſeyn.“

„Herr
(*) III. B. 361. S. Siehe auch Herrn Lovelaces
eignes Geſtaͤndniß von dem Vergnuͤgen, das es
ihm bringt, ein Frauenzimmer weinen zu ſehen,
in verſchiedenen Stellen ſeiner Briefe, beſonders
66. S. dieſes Bandes.
Vierter Theil. B b
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[385/0391] Wir haben es beyde ſehr ſehwer gefunden, mein Werther, ſagte ſie, einige Theile von Herrn Lovelaces Chararter mit andern zu vereinigen: ſein gutes Gemuͤthe mit ſeinen ſchlimmen Nei- gungen zu vergleichen, beſonders gewiſſe Umſtaͤn- de von dem erſtern, als: ſein edles Bezeigen ge- gen ſeine Pachter; ſeine Guͤte gegen ſeines Gaſt- wirths Tochter; ſeine Fertigkeit mich darauf zu bringen, daß ich durch meine gute Norton und an- dere Wohlthaten ausuͤben ſollte. „Es iſt eine ſeltſame Vermiſchung in ſeinem „Gemuͤthe, wie ich ihm oft geſagt habe. Denn „er iſt ſicherlich (wenn man auf ſein Bezeigen ge- „gen mich in 20 Vorfaͤllen zuruͤcke denckt) als ein „partheyiſcher Menſch anzuſehen. ‒ ‒ Jn der „That, mein Wertheſter, ich habe mehr als ein- „mahl daran gedacht, daß er es lieber haͤtte, mich „weinen zu ſehen, als mir Urſache zu geben, mit „ihm vergnuͤgt zu ſeyn.“ „Meine Muhme Morden ſagt, Leute die frey „lebten, fuͤhlten keine Gewiſſens-Biſſe (*). Sie „muͤſſen der Natur der Sache gemaͤß ſo unem- „pfindlich ſeyn.“ „Herr (*) III. B. 361. S. Siehe auch Herrn Lovelaces eignes Geſtaͤndniß von dem Vergnuͤgen, das es ihm bringt, ein Frauenzimmer weinen zu ſehen, in verſchiedenen Stellen ſeiner Briefe, beſonders 66. S. dieſes Bandes. Vierter Theil. B b

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/391>, abgerufen am 22.11.2024.