beschreiben - - Die Sache war mir so fremde - - als wenn mir etwas die Luft versetzte. - - Jch weiß nicht wie - - doch muß ich es gestehn, ob ich mich es wohl nicht vollkommen mehr erinnern kann, es war was sehr artiges dabey. Jch wünschte es wie- der zu empfinden, damit ich einen vollkommenen Begriff davon hätte und es dir besser beschreiben könnte.
Aber diese Wirckung der Freude bey einer solchen Gelegenheit in ihr, giebt mir einen hohen Begrif, was diese Tugend seyn muß, (denn mit was für einen Nahmen soll ich sie sonst belegen) die in einem Gemüthe, das zärtlicher Entzückun- gen so fähig ist, in ihrer schönsten Blüthe, gegen alle Liebes-Bezeigungen eines Mannsbildes, den sie nicht feind ist, zu Schnee und Eis macht. Das muß alles auch von der Auferziehung herrühren - - Nicht wahr, Belford? Kann die Auferziehung in eines Frauenzimmers Hertze mehr Gewalt ha- ben als die Natur? - - Gewiß nicht. Kann sie es aber, wie recht haben nicht die Eltern, daß sie ihrer Töchter Gemüther bilden, und ihnen Vor- sichtigkeit und Behutsamkeit gegen unser Geschlecht einprägen; und in der That, daß sie ihnen hohe Begriffe von dem Jhrigen beybringen? Denn wo die Tugend sich nicht wie die Sonne in ihrem ungeborgten Glantze zeigt, ist der Stoltz, ich ver- sichere dich, vortrefflich ihre Stelle zu vertreten.
Der
beſchreiben ‒ ‒ Die Sache war mir ſo fremde ‒ ‒ als wenn mir etwas die Luft verſetzte. ‒ ‒ Jch weiß nicht wie ‒ ‒ doch muß ich es geſtehn, ob ich mich es wohl nicht vollkommen mehr erinnern kann, es war was ſehr artiges dabey. Jch wuͤnſchte es wie- der zu empfinden, damit ich einen vollkommenen Begriff davon haͤtte und es dir beſſer beſchreiben koͤnnte.
Aber dieſe Wirckung der Freude bey einer ſolchen Gelegenheit in ihr, giebt mir einen hohen Begrif, was dieſe Tugend ſeyn muß, (denn mit was fuͤr einen Nahmen ſoll ich ſie ſonſt belegen) die in einem Gemuͤthe, das zaͤrtlicher Entzuͤckun- gen ſo faͤhig iſt, in ihrer ſchoͤnſten Bluͤthe, gegen alle Liebes-Bezeigungen eines Mannsbildes, den ſie nicht feind iſt, zu Schnee und Eis macht. Das muß alles auch von der Auferziehung herruͤhren ‒ ‒ Nicht wahr, Belford? Kann die Auferziehung in eines Frauenzimmers Hertze mehr Gewalt ha- ben als die Natur? ‒ ‒ Gewiß nicht. Kann ſie es aber, wie recht haben nicht die Eltern, daß ſie ihrer Toͤchter Gemuͤther bilden, und ihnen Vor- ſichtigkeit und Behutſamkeit gegen unſer Geſchlecht einpraͤgen; und in der That, daß ſie ihnen hohe Begriffe von dem Jhrigen beybringen? Denn wo die Tugend ſich nicht wie die Sonne in ihrem ungeborgten Glantze zeigt, iſt der Stoltz, ich ver- ſichere dich, vortrefflich ihre Stelle zu vertreten.
Der
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beſchreiben ‒ ‒ Die Sache war mir ſo fremde ‒ ‒
als wenn mir etwas die Luft verſetzte. ‒ ‒ Jch weiß
nicht wie ‒ ‒ doch muß ich es geſtehn, ob ich mich es
wohl nicht vollkommen mehr erinnern kann, es
war was ſehr artiges dabey. Jch wuͤnſchte es wie-
der zu empfinden, damit ich einen vollkommenen
Begriff davon haͤtte und es dir beſſer beſchreiben
koͤnnte.
Aber dieſe Wirckung der Freude bey einer
ſolchen Gelegenheit in ihr, giebt mir einen hohen
Begrif, was dieſe Tugend ſeyn muß, (denn mit
was fuͤr einen Nahmen ſoll ich ſie ſonſt belegen)
die in einem Gemuͤthe, das zaͤrtlicher Entzuͤckun-
gen ſo faͤhig iſt, in ihrer ſchoͤnſten Bluͤthe, gegen
alle Liebes-Bezeigungen eines Mannsbildes, den
ſie nicht feind iſt, zu Schnee und Eis macht. Das
muß alles auch von der Auferziehung herruͤhren ‒ ‒
Nicht wahr, Belford? Kann die Auferziehung
in eines Frauenzimmers Hertze mehr Gewalt ha-
ben als die Natur? ‒ ‒ Gewiß nicht. Kann
ſie es aber, wie recht haben nicht die Eltern, daß
ſie ihrer Toͤchter Gemuͤther bilden, und ihnen Vor-
ſichtigkeit und Behutſamkeit gegen unſer Geſchlecht
einpraͤgen; und in der That, daß ſie ihnen hohe
Begriffe von dem Jhrigen beybringen? Denn
wo die Tugend ſich nicht wie die Sonne in ihrem
ungeborgten Glantze zeigt, iſt der Stoltz, ich ver-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/384>, abgerufen am 16.02.2025.
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