oder nicht? Jch verlange von den Jhrigen keine Gefälligkeiten.
Jch hoffe, Herr Lovelace, wir stehen jetzt so mit einander, daß die Beantwortung dieser Fra- ge unnöthig ist: und wir werden noch besser mit einander stehen, wenn sie Morgen früh die Wahr- heit sagen, und zugleich von dem, was sie vorge- nommen haben, die Ursachen so vollständig an- zeigen, daß mein Onckle nicht alle gute Meinung von mir fahren läßt. Sie können dabey ihn so ernstlich bitten, als sie wollen, das geheim zu hal- ten, was sie ihm offenbaren Sie sehen, daß der Herr Capitain ein vernünftiger Mann ist, und den Frieden in den Familien zu besördern su- chet: und ich glaube, daß wir ihn zu unserm wah- ren Freunde machen können.
Jch sahe, daß alle Einrede vergeblich seyn würde. Sie hatte den Harlowischen Kopf ein- mahl aufgesetzt. Eine kleine Here! Eine kleine - - vergieb es mir, o Liebe, wenn ich sie schimpfe. Jch sagte mit einer ernsthaften Geberde: wir sind so oft zerfallen, Fräulein, daß ich nicht Lust habe, noch einmahl mit ihnen zu zerfallen. Jch will also schlechterdings gehorchen. Jch würde jenen Vorschlag gar nicht gethan haben, wenn ich nicht geglaubt hätte, daß er ihnen angenehm seyn wür- de, sonderlich da wir uns in der That hätten können trauen lassen, ehe ihr Onckle einen neuen Schritt gethan hätte. Es wäre also nicht einmahl eine Unwahrheit gewesen, was wir gesagt hätten. Allein glauben sie nicht, daß ich mein Urtheil ih-
rem
oder nicht? Jch verlange von den Jhrigen keine Gefaͤlligkeiten.
Jch hoffe, Herr Lovelace, wir ſtehen jetzt ſo mit einander, daß die Beantwortung dieſer Fra- ge unnoͤthig iſt: und wir werden noch beſſer mit einander ſtehen, wenn ſie Morgen fruͤh die Wahr- heit ſagen, und zugleich von dem, was ſie vorge- nommen haben, die Urſachen ſo vollſtaͤndig an- zeigen, daß mein Onckle nicht alle gute Meinung von mir fahren laͤßt. Sie koͤnnen dabey ihn ſo ernſtlich bitten, als ſie wollen, das geheim zu hal- ten, was ſie ihm offenbaren Sie ſehen, daß der Herr Capitain ein vernuͤnftiger Mann iſt, und den Frieden in den Familien zu beſoͤrdern ſu- chet: und ich glaube, daß wir ihn zu unſerm wah- ren Freunde machen koͤnnen.
Jch ſahe, daß alle Einrede vergeblich ſeyn wuͤrde. Sie hatte den Harlowiſchen Kopf ein- mahl aufgeſetzt. Eine kleine Here! Eine kleine ‒ ‒ vergieb es mir, o Liebe, wenn ich ſie ſchimpfe. Jch ſagte mit einer ernſthaften Geberde: wir ſind ſo oft zerfallen, Fraͤulein, daß ich nicht Luſt habe, noch einmahl mit ihnen zu zerfallen. Jch will alſo ſchlechterdings gehorchen. Jch wuͤrde jenen Vorſchlag gar nicht gethan haben, wenn ich nicht geglaubt haͤtte, daß er ihnen angenehm ſeyn wuͤr- de, ſonderlich da wir uns in der That haͤtten koͤnnen trauen laſſen, ehe ihr Onckle einen neuen Schritt gethan haͤtte. Es waͤre alſo nicht einmahl eine Unwahrheit geweſen, was wir geſagt haͤtten. Allein glauben ſie nicht, daß ich mein Urtheil ih-
rem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0369"n="363"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
oder nicht? Jch verlange von den Jhrigen keine<lb/>
Gefaͤlligkeiten.</p><lb/><p>Jch hoffe, Herr <hirendition="#fr">Lovelace,</hi> wir ſtehen jetzt ſo<lb/>
mit einander, daß die Beantwortung dieſer Fra-<lb/>
ge unnoͤthig iſt: und wir werden noch beſſer mit<lb/>
einander ſtehen, wenn ſie Morgen fruͤh die Wahr-<lb/>
heit ſagen, und zugleich von dem, was ſie vorge-<lb/>
nommen haben, die Urſachen ſo vollſtaͤndig an-<lb/>
zeigen, daß mein Onckle nicht alle gute Meinung<lb/>
von mir fahren laͤßt. Sie koͤnnen dabey ihn ſo<lb/>
ernſtlich bitten, als ſie wollen, das geheim zu hal-<lb/>
ten, was ſie ihm offenbaren Sie ſehen, daß<lb/>
der Herr <hirendition="#fr">Capitain</hi> ein vernuͤnftiger Mann iſt,<lb/>
und den Frieden in den Familien zu beſoͤrdern ſu-<lb/>
chet: und ich glaube, daß wir ihn zu unſerm wah-<lb/>
ren Freunde machen koͤnnen.</p><lb/><p>Jch ſahe, daß alle Einrede vergeblich ſeyn<lb/>
wuͤrde. Sie hatte den Harlowiſchen Kopf ein-<lb/>
mahl aufgeſetzt. Eine kleine Here! Eine kleine<lb/>‒‒ vergieb es mir, o Liebe, wenn ich ſie ſchimpfe.<lb/>
Jch ſagte mit einer ernſthaften Geberde: wir ſind<lb/>ſo oft zerfallen, Fraͤulein, daß ich nicht Luſt habe,<lb/>
noch einmahl mit ihnen zu zerfallen. Jch will<lb/>
alſo ſchlechterdings gehorchen. Jch wuͤrde jenen<lb/>
Vorſchlag gar nicht gethan haben, wenn ich nicht<lb/>
geglaubt haͤtte, daß er ihnen angenehm ſeyn wuͤr-<lb/>
de, ſonderlich da wir uns in der That haͤtten<lb/>
koͤnnen trauen laſſen, ehe ihr Onckle einen neuen<lb/>
Schritt gethan haͤtte. Es waͤre alſo nicht einmahl<lb/>
eine Unwahrheit geweſen, was wir geſagt haͤtten.<lb/>
Allein glauben ſie nicht, daß ich mein Urtheil ih-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">rem</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[363/0369]
oder nicht? Jch verlange von den Jhrigen keine
Gefaͤlligkeiten.
Jch hoffe, Herr Lovelace, wir ſtehen jetzt ſo
mit einander, daß die Beantwortung dieſer Fra-
ge unnoͤthig iſt: und wir werden noch beſſer mit
einander ſtehen, wenn ſie Morgen fruͤh die Wahr-
heit ſagen, und zugleich von dem, was ſie vorge-
nommen haben, die Urſachen ſo vollſtaͤndig an-
zeigen, daß mein Onckle nicht alle gute Meinung
von mir fahren laͤßt. Sie koͤnnen dabey ihn ſo
ernſtlich bitten, als ſie wollen, das geheim zu hal-
ten, was ſie ihm offenbaren Sie ſehen, daß
der Herr Capitain ein vernuͤnftiger Mann iſt,
und den Frieden in den Familien zu beſoͤrdern ſu-
chet: und ich glaube, daß wir ihn zu unſerm wah-
ren Freunde machen koͤnnen.
Jch ſahe, daß alle Einrede vergeblich ſeyn
wuͤrde. Sie hatte den Harlowiſchen Kopf ein-
mahl aufgeſetzt. Eine kleine Here! Eine kleine
‒ ‒ vergieb es mir, o Liebe, wenn ich ſie ſchimpfe.
Jch ſagte mit einer ernſthaften Geberde: wir ſind
ſo oft zerfallen, Fraͤulein, daß ich nicht Luſt habe,
noch einmahl mit ihnen zu zerfallen. Jch will
alſo ſchlechterdings gehorchen. Jch wuͤrde jenen
Vorſchlag gar nicht gethan haben, wenn ich nicht
geglaubt haͤtte, daß er ihnen angenehm ſeyn wuͤr-
de, ſonderlich da wir uns in der That haͤtten
koͤnnen trauen laſſen, ehe ihr Onckle einen neuen
Schritt gethan haͤtte. Es waͤre alſo nicht einmahl
eine Unwahrheit geweſen, was wir geſagt haͤtten.
Allein glauben ſie nicht, daß ich mein Urtheil ih-
rem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/369>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.