kann. Sie werden das selbst aus der Frage ab- nehmen.
Was ist das für eine Frage?
Ob sie wircklich und bona fide mit der Fräu- lein Clarissa Harlowe getrauet sind?
(Jch stutzte, und antwortete mit erhabener Stimme:) ist das eine Frage, darauf sie eine Ant- wort haben müssen, ehe sie das ausrichten können, was ihnen aufgetragen ist?
Jch habe die beste Absicht, Herr Lovelace. Herr Harlowe hat mich ersuchet, ihm diesen Lie- bes Dienst zu erzeigen. Jch habe selbst Töchter und Bruders-Töchter. Wenn ich es nicht für einen unschädlichen Liebes-Dienst gehalten hätte, so würde ich mich nie damit verworren haben, da ich mit meinen eigenen Geschäften gnug zu thun ha- be. Jch kenne die Welt, und ich nehme mir die Freyheit zu sagen, wenn die Fräulein - -
Sie heißen, Capitain Tomlinson?
Ja! ich heiße Tomlinson.
Herr Capitain Tomlinson, ich muß alle Frey- heit verbitten, die nicht sehr eingeschränckt und be- hutsam ist, wenn sie von diesem Frauenzimmer reden.
Sie hätten Recht mir diese Erinnerung zu geben, wenn sie gehöret hätten, was ich sagen will, und ich durch ein eintziges Wort zu dieser Erinne- rung Anlaß gegeben hätte. Jch weiß so gut, als es einer auf der Welt wissen kann, was ich einem tugendhaften Frauenzimmer schuldig bin.
Es
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kann. Sie werden das ſelbſt aus der Frage ab- nehmen.
Was iſt das fuͤr eine Frage?
Ob ſie wircklich und bona fide mit der Fraͤu- lein Clariſſa Harlowe getrauet ſind?
(Jch ſtutzte, und antwortete mit erhabener Stimme:) iſt das eine Frage, darauf ſie eine Ant- wort haben muͤſſen, ehe ſie das ausrichten koͤnnen, was ihnen aufgetragen iſt?
Jch habe die beſte Abſicht, Herr Lovelace. Herr Harlowe hat mich erſuchet, ihm dieſen Lie- bes Dienſt zu erzeigen. Jch habe ſelbſt Toͤchter und Bruders-Toͤchter. Wenn ich es nicht fuͤr einen unſchaͤdlichen Liebes-Dienſt gehalten haͤtte, ſo wuͤrde ich mich nie damit verworren haben, da ich mit meinen eigenen Geſchaͤften gnug zu thun ha- be. Jch kenne die Welt, und ich nehme mir die Freyheit zu ſagen, wenn die Fraͤulein ‒ ‒
Sie heißen, Capitain Tomlinſon?
Ja! ich heiße Tomlinſon.
Herr Capitain Tomlinſon, ich muß alle Frey- heit verbitten, die nicht ſehr eingeſchraͤnckt und be- hutſam iſt, wenn ſie von dieſem Frauenzimmer reden.
Sie haͤtten Recht mir dieſe Erinnerung zu geben, wenn ſie gehoͤret haͤtten, was ich ſagen will, und ich durch ein eintziges Wort zu dieſer Erinne- rung Anlaß gegeben haͤtte. Jch weiß ſo gut, als es einer auf der Welt wiſſen kann, was ich einem tugendhaften Frauenzimmer ſchuldig bin.
Es
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kann. Sie werden das ſelbſt aus der Frage ab-
nehmen.
Was iſt das fuͤr eine Frage?
Ob ſie wircklich und bona fide mit der Fraͤu-
lein Clariſſa Harlowe getrauet ſind?
(Jch ſtutzte, und antwortete mit erhabener
Stimme:) iſt das eine Frage, darauf ſie eine Ant-
wort haben muͤſſen, ehe ſie das ausrichten koͤnnen,
was ihnen aufgetragen iſt?
Jch habe die beſte Abſicht, Herr Lovelace.
Herr Harlowe hat mich erſuchet, ihm dieſen Lie-
bes Dienſt zu erzeigen. Jch habe ſelbſt Toͤchter
und Bruders-Toͤchter. Wenn ich es nicht fuͤr
einen unſchaͤdlichen Liebes-Dienſt gehalten haͤtte, ſo
wuͤrde ich mich nie damit verworren haben, da ich
mit meinen eigenen Geſchaͤften gnug zu thun ha-
be. Jch kenne die Welt, und ich nehme mir die
Freyheit zu ſagen, wenn die Fraͤulein ‒ ‒
Sie heißen, Capitain Tomlinſon?
Ja! ich heiße Tomlinſon.
Herr Capitain Tomlinſon, ich muß alle Frey-
heit verbitten, die nicht ſehr eingeſchraͤnckt und be-
hutſam iſt, wenn ſie von dieſem Frauenzimmer
reden.
Sie haͤtten Recht mir dieſe Erinnerung zu
geben, wenn ſie gehoͤret haͤtten, was ich ſagen will,
und ich durch ein eintziges Wort zu dieſer Erinne-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/349>, abgerufen am 23.07.2024.
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