Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



Ach GOtt! Noch kein Ende für ihre Trüb-
sal!
Sie sahe nun schon alles mögliche Unglück
als gegenwärtig.

Sie wünschte, daß Herr Lovelace bald nach
Hause kommen möchte.

Herr Lovelace kam bald darauf. Er ward
gantz gesund, voll Danckbarkeit und guter Hoff-
nung: und wollte seinem Kinde den verpflichte-
sten Danck abstatten, daß es ihn gesund gemacht
hatte. Sie erzählte ihm aber den betrübten Zu-
fall umständlich: und Dorcas setzte hinzu, der
Kerl hätte sehr gelb ausgesehen, und schien auf der
See gewesen zu seyn. Nun gerieth mein Kind
erst völlig in Furcht.

Es war ohne Zweifel ein Bedienter des Ca-
pitain Singletons. Unser Haus würde bald
von dem Schiff-Volck umringet werden. Denn
das Schiff sollte zu Rotherhith liegen.

Jch sagte: das wäre nicht möglich. Wer
dergleichen im Sinne hätte, der würde sich nicht
vorher erkundigen, und uns eben dadurch warnen.
Es könnte ja eben so wohl ein Bedienter des Obri-
sten Morden seyn, der vielleicht seine Ankunft
wissen ließe, und sie zu sprechen verlangte.

Ueber diese Vermuthung freuete sie sich. Jhre
Furcht verlohr sich; und sie ward so aufgeräumt,
daß sie mir zu meiner geschwinden Genesung
Glück wünschen konnte. Sie that dieses auf die
allerverbindlichste Art.

Wir waren nicht lange beysammen gewesen,
als Dorcas mit großer Bestürtzung kam, und

sagte:



Ach GOtt! Noch kein Ende fuͤr ihre Truͤb-
ſal!
Sie ſahe nun ſchon alles moͤgliche Ungluͤck
als gegenwaͤrtig.

Sie wuͤnſchte, daß Herr Lovelace bald nach
Hauſe kommen moͤchte.

Herr Lovelace kam bald darauf. Er ward
gantz geſund, voll Danckbarkeit und guter Hoff-
nung: und wollte ſeinem Kinde den verpflichte-
ſten Danck abſtatten, daß es ihn geſund gemacht
hatte. Sie erzaͤhlte ihm aber den betruͤbten Zu-
fall umſtaͤndlich: und Dorcas ſetzte hinzu, der
Kerl haͤtte ſehr gelb ausgeſehen, und ſchien auf der
See geweſen zu ſeyn. Nun gerieth mein Kind
erſt voͤllig in Furcht.

Es war ohne Zweifel ein Bedienter des Ca-
pitain Singletons. Unſer Haus wuͤrde bald
von dem Schiff-Volck umringet werden. Denn
das Schiff ſollte zu Rotherhith liegen.

Jch ſagte: das waͤre nicht moͤglich. Wer
dergleichen im Sinne haͤtte, der wuͤrde ſich nicht
vorher erkundigen, und uns eben dadurch warnen.
Es koͤnnte ja eben ſo wohl ein Bedienter des Obri-
ſten Morden ſeyn, der vielleicht ſeine Ankunft
wiſſen ließe, und ſie zu ſprechen verlangte.

Ueber dieſe Vermuthung freuete ſie ſich. Jhre
Furcht verlohr ſich; und ſie ward ſo aufgeraͤumt,
daß ſie mir zu meiner geſchwinden Geneſung
Gluͤck wuͤnſchen konnte. Sie that dieſes auf die
allerverbindlichſte Art.

Wir waren nicht lange beyſammen geweſen,
als Dorcas mit großer Beſtuͤrtzung kam, und

ſagte:
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0339" n="333"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><hi rendition="#fr">Ach GOtt! Noch kein Ende fu&#x0364;r ihre Tru&#x0364;b-<lb/>
&#x017F;al!</hi> Sie &#x017F;ahe nun &#x017F;chon alles mo&#x0364;gliche Unglu&#x0364;ck<lb/>
als gegenwa&#x0364;rtig.</p><lb/>
          <p>Sie wu&#x0364;n&#x017F;chte, daß <hi rendition="#fr">Herr Lovelace</hi> bald nach<lb/>
Hau&#x017F;e kommen mo&#x0364;chte.</p><lb/>
          <p>Herr <hi rendition="#fr">Lovelace</hi> kam bald darauf. Er ward<lb/>
gantz ge&#x017F;und, voll Danckbarkeit und guter Hoff-<lb/>
nung: und wollte &#x017F;einem Kinde den verpflichte-<lb/>
&#x017F;ten Danck ab&#x017F;tatten, daß es ihn ge&#x017F;und gemacht<lb/>
hatte. Sie erza&#x0364;hlte ihm aber den betru&#x0364;bten Zu-<lb/>
fall um&#x017F;ta&#x0364;ndlich: und <hi rendition="#fr">Dorcas</hi> &#x017F;etzte hinzu, der<lb/>
Kerl ha&#x0364;tte &#x017F;ehr gelb ausge&#x017F;ehen, und &#x017F;chien auf der<lb/>
See gewe&#x017F;en zu &#x017F;eyn. Nun gerieth mein Kind<lb/>
er&#x017F;t vo&#x0364;llig in Furcht.</p><lb/>
          <p>Es war ohne Zweifel ein Bedienter des Ca-<lb/>
pitain <hi rendition="#fr">Singletons.</hi> Un&#x017F;er Haus wu&#x0364;rde bald<lb/>
von dem Schiff-Volck umringet werden. Denn<lb/>
das Schiff &#x017F;ollte zu <hi rendition="#fr">Rotherhith</hi> liegen.</p><lb/>
          <p>Jch &#x017F;agte: das wa&#x0364;re nicht mo&#x0364;glich. Wer<lb/>
dergleichen im Sinne ha&#x0364;tte, der wu&#x0364;rde &#x017F;ich nicht<lb/>
vorher erkundigen, und uns eben dadurch warnen.<lb/>
Es ko&#x0364;nnte ja eben &#x017F;o wohl ein Bedienter des Obri-<lb/>
&#x017F;ten <hi rendition="#fr">Morden</hi> &#x017F;eyn, der vielleicht &#x017F;eine Ankunft<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en ließe, und &#x017F;ie zu &#x017F;prechen verlangte.</p><lb/>
          <p>Ueber die&#x017F;e Vermuthung freuete &#x017F;ie &#x017F;ich. Jhre<lb/>
Furcht verlohr &#x017F;ich; und &#x017F;ie ward &#x017F;o aufgera&#x0364;umt,<lb/>
daß &#x017F;ie mir zu meiner ge&#x017F;chwinden Gene&#x017F;ung<lb/>
Glu&#x0364;ck wu&#x0364;n&#x017F;chen konnte. Sie that die&#x017F;es auf die<lb/>
allerverbindlich&#x017F;te Art.</p><lb/>
          <p>Wir waren nicht lange bey&#x017F;ammen gewe&#x017F;en,<lb/>
als <hi rendition="#fr">Dorcas</hi> mit großer Be&#x017F;tu&#x0364;rtzung kam, und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;agte:</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333/0339] Ach GOtt! Noch kein Ende fuͤr ihre Truͤb- ſal! Sie ſahe nun ſchon alles moͤgliche Ungluͤck als gegenwaͤrtig. Sie wuͤnſchte, daß Herr Lovelace bald nach Hauſe kommen moͤchte. Herr Lovelace kam bald darauf. Er ward gantz geſund, voll Danckbarkeit und guter Hoff- nung: und wollte ſeinem Kinde den verpflichte- ſten Danck abſtatten, daß es ihn geſund gemacht hatte. Sie erzaͤhlte ihm aber den betruͤbten Zu- fall umſtaͤndlich: und Dorcas ſetzte hinzu, der Kerl haͤtte ſehr gelb ausgeſehen, und ſchien auf der See geweſen zu ſeyn. Nun gerieth mein Kind erſt voͤllig in Furcht. Es war ohne Zweifel ein Bedienter des Ca- pitain Singletons. Unſer Haus wuͤrde bald von dem Schiff-Volck umringet werden. Denn das Schiff ſollte zu Rotherhith liegen. Jch ſagte: das waͤre nicht moͤglich. Wer dergleichen im Sinne haͤtte, der wuͤrde ſich nicht vorher erkundigen, und uns eben dadurch warnen. Es koͤnnte ja eben ſo wohl ein Bedienter des Obri- ſten Morden ſeyn, der vielleicht ſeine Ankunft wiſſen ließe, und ſie zu ſprechen verlangte. Ueber dieſe Vermuthung freuete ſie ſich. Jhre Furcht verlohr ſich; und ſie ward ſo aufgeraͤumt, daß ſie mir zu meiner geſchwinden Geneſung Gluͤck wuͤnſchen konnte. Sie that dieſes auf die allerverbindlichſte Art. Wir waren nicht lange beyſammen geweſen, als Dorcas mit großer Beſtuͤrtzung kam, und ſagte:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/339
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/339>, abgerufen am 24.11.2024.