"Umständen wäre, die allen Schertz ersticken, und "mir nicht erlauben, so darüber zu lachen, als ich "sonst zu thun pflege. Seyn Sie indessen ver- "gnügt, ob Sie sich gleich nicht freuen können "über die Umstände
Jhrer Clarissa Harlowe."
Der sieben und zwanzigste Brief von Herrn Lovelacen an Herrn Johann Belford.
Montags Morgens den 22sten Mai.
Bey der Fräulein ist nicht die geringste Danck- barkeit. Würdest du nicht geglaubt haben, nachdem ich sie hatte gehen lassen, als ich recht reif zur Sünde war, daß sie des Morgens recht früh zu mir kommen, mir ein freundlich Gesicht ge- ben und noch dazu den besten Knicks machen würde?
Jch war schon vor sechs Uhr in dem Speise- Zimmer und wartete auf sie. Allein sie eröffnete die Thür nicht. Jch gieng die Treppe auf und nieder; ich hustete, ich rief Wilhelm, ich rief Dorcas; ich schmieß die Thüren zu, und dennoch gieng ihre Thür nicht auf. So laurete ich wie ein Narr bis um halb acht Uhr: als aber das Frühstück fertig war, so schickte ich endlich die Dorcas zu ihr, und bat mir ihre Gesellschaft aus.
Jch wußte nicht, was ich zu sehen bekam, als sie gleich hinter der Dorcas hergieng; gantz an-
gekleidet!
„Umſtaͤnden waͤre, die allen Schertz erſticken, und „mir nicht erlauben, ſo daruͤber zu lachen, als ich „ſonſt zu thun pflege. Seyn Sie indeſſen ver- „gnuͤgt, ob Sie ſich gleich nicht freuen koͤnnen „uͤber die Umſtaͤnde
Jhrer Clariſſa Harlowe.„
Der ſieben und zwanzigſte Brief von Herrn Lovelacen an Herrn Johann Belford.
Montags Morgens den 22ſten Mai.
Bey der Fraͤulein iſt nicht die geringſte Danck- barkeit. Wuͤrdeſt du nicht geglaubt haben, nachdem ich ſie hatte gehen laſſen, als ich recht reif zur Suͤnde war, daß ſie des Morgens recht fruͤh zu mir kommen, mir ein freundlich Geſicht ge- ben und noch dazu den beſten Knicks machen wuͤrde?
Jch war ſchon vor ſechs Uhr in dem Speiſe- Zimmer und wartete auf ſie. Allein ſie eroͤffnete die Thuͤr nicht. Jch gieng die Treppe auf und nieder; ich huſtete, ich rief Wilhelm, ich rief Dorcas; ich ſchmieß die Thuͤren zu, und dennoch gieng ihre Thuͤr nicht auf. So laurete ich wie ein Narr bis um halb acht Uhr: als aber das Fruͤhſtuͤck fertig war, ſo ſchickte ich endlich die Dorcas zu ihr, und bat mir ihre Geſellſchaft aus.
Jch wußte nicht, was ich zu ſehen bekam, als ſie gleich hinter der Dorcas hergieng; gantz an-
gekleidet!
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„Umſtaͤnden waͤre, die allen Schertz erſticken, und
„mir nicht erlauben, ſo daruͤber zu lachen, als ich
„ſonſt zu thun pflege. Seyn Sie indeſſen ver-
„gnuͤgt, ob Sie ſich gleich nicht freuen koͤnnen
„uͤber die Umſtaͤnde
Jhrer Clariſſa Harlowe.„
Der ſieben und zwanzigſte Brief
von
Herrn Lovelacen an Herrn Johann Belford.
Montags Morgens den 22ſten Mai.
Bey der Fraͤulein iſt nicht die geringſte Danck-
barkeit. Wuͤrdeſt du nicht geglaubt haben,
nachdem ich ſie hatte gehen laſſen, als ich recht reif
zur Suͤnde war, daß ſie des Morgens recht fruͤh
zu mir kommen, mir ein freundlich Geſicht ge-
ben und noch dazu den beſten Knicks machen
wuͤrde?
Jch war ſchon vor ſechs Uhr in dem Speiſe-
Zimmer und wartete auf ſie. Allein ſie eroͤffnete
die Thuͤr nicht. Jch gieng die Treppe auf und
nieder; ich huſtete, ich rief Wilhelm, ich rief
Dorcas; ich ſchmieß die Thuͤren zu, und dennoch
gieng ihre Thuͤr nicht auf. So laurete ich wie
ein Narr bis um halb acht Uhr: als aber das
Fruͤhſtuͤck fertig war, ſo ſchickte ich endlich die
Dorcas zu ihr, und bat mir ihre Geſellſchaft aus.
Jch wußte nicht, was ich zu ſehen bekam, als
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/232>, abgerufen am 22.02.2025.
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