liche Reden giebt, wie die erwachsenen Töchter gemeiniglich zu thun pflegen, (ach! ich habe das oft von Jhnen gehört!) wenn sie die Eltern für alt halten, und dennoch das Alter nicht ehren wollen. Jch meines Theils glaube, daß Müt- ter, wie Sie, noch jung genug sind, den Töchtern die Nase abzuwischen. Sie verstehen mich schon.
Für mich wird es ein großes Glück seyn, und ich dencke schon zum voraus mit Vergnügen dar- an, wenn ich einmahl zur Lust ausreise, und bey der Zurückkunft in mein Haus eine Frau von glei- cher Erfahrung finde, die mit mir Vortheil und Schaden gemeinschaftlich hat: wenn wir unsere Einnahmen zusammen rechnen können, und was uns dieser Tag oder diese Woche eingebracht hat. Wie wird unsere Liebe hiedurch wachsen! Ungemein! Jch glaube, ich werde Sie nie genug lieben kön- nen, oder nie genug im Stande seyn, Jhnen meine Liebe völlig zu erkennen zu geben.
Jch dencke nicht, daß wir nöthig haben, so blöde und spröde gegen einander zu thun, wie es die Jungfern zu thun pflegen, bis endlich die Sache selbst darüber in das Hängen kommt: und ich hoffe, Sie werden sich keine Schwierigkeit machen, mir in ein paar Zeilen zu antworten, ob Sie gleich mündlich zu antworten Bedencken trugen. Jch glaube, Jhre Fräulein Tochter war eben damahls in der Nähe, als ich mit Jh- nen redete; denn Sie sahen sich immer um, als wenn Sie besorgeten, daß Sie behorchet werden
möch-
liche Reden giebt, wie die erwachſenen Toͤchter gemeiniglich zu thun pflegen, (ach! ich habe das oft von Jhnen gehoͤrt!) wenn ſie die Eltern fuͤr alt halten, und dennoch das Alter nicht ehren wollen. Jch meines Theils glaube, daß Muͤt- ter, wie Sie, noch jung genug ſind, den Toͤchtern die Naſe abzuwiſchen. Sie verſtehen mich ſchon.
Fuͤr mich wird es ein großes Gluͤck ſeyn, und ich dencke ſchon zum voraus mit Vergnuͤgen dar- an, wenn ich einmahl zur Luſt ausreiſe, und bey der Zuruͤckkunft in mein Haus eine Frau von glei- cher Erfahrung finde, die mit mir Vortheil und Schaden gemeinſchaftlich hat: wenn wir unſere Einnahmen zuſam̃en rechnen koͤnnen, und was uns dieſer Tag oder dieſe Woche eingebracht hat. Wie wird unſere Liebe hiedurch wachſen! Ungemein! Jch glaube, ich werde Sie nie genug lieben koͤn- nen, oder nie genug im Stande ſeyn, Jhnen meine Liebe voͤllig zu erkennen zu geben.
Jch dencke nicht, daß wir noͤthig haben, ſo bloͤde und ſproͤde gegen einander zu thun, wie es die Jungfern zu thun pflegen, bis endlich die Sache ſelbſt daruͤber in das Haͤngen kommt: und ich hoffe, Sie werden ſich keine Schwierigkeit machen, mir in ein paar Zeilen zu antworten, ob Sie gleich muͤndlich zu antworten Bedencken trugen. Jch glaube, Jhre Fraͤulein Tochter war eben damahls in der Naͤhe, als ich mit Jh- nen redete; denn Sie ſahen ſich immer um, als wenn Sie beſorgeten, daß Sie behorchet werden
moͤch-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><floatingText><body><p><pbfacs="#f0176"n="170"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
liche Reden giebt, wie die erwachſenen Toͤchter<lb/>
gemeiniglich zu thun pflegen, (ach! ich habe das<lb/>
oft von Jhnen gehoͤrt!) wenn ſie die Eltern fuͤr<lb/>
alt halten, und dennoch das Alter nicht ehren<lb/>
wollen. Jch meines Theils glaube, daß Muͤt-<lb/>
ter, wie Sie, noch jung genug ſind, den Toͤchtern<lb/>
die Naſe abzuwiſchen. Sie verſtehen mich<lb/>ſchon.</p><lb/><p>Fuͤr mich wird es ein großes Gluͤck ſeyn, und<lb/>
ich dencke ſchon zum voraus mit Vergnuͤgen dar-<lb/>
an, wenn ich einmahl zur Luſt ausreiſe, und bey<lb/>
der Zuruͤckkunft in mein Haus eine Frau von glei-<lb/>
cher Erfahrung finde, die mit mir Vortheil und<lb/>
Schaden gemeinſchaftlich hat: wenn wir unſere<lb/>
Einnahmen zuſam̃en rechnen koͤnnen, und was uns<lb/>
dieſer Tag oder dieſe Woche eingebracht hat. Wie<lb/>
wird unſere Liebe hiedurch wachſen! Ungemein!<lb/>
Jch glaube, ich werde Sie nie genug lieben koͤn-<lb/>
nen, oder nie genug im Stande ſeyn, Jhnen<lb/>
meine Liebe voͤllig zu erkennen zu geben.</p><lb/><p>Jch dencke nicht, daß wir noͤthig haben, ſo<lb/>
bloͤde und ſproͤde gegen einander zu thun, wie es<lb/>
die Jungfern zu thun pflegen, bis endlich die<lb/>
Sache ſelbſt daruͤber in das Haͤngen kommt: und<lb/>
ich hoffe, Sie werden ſich keine Schwierigkeit<lb/>
machen, mir in ein paar Zeilen zu antworten,<lb/>
ob Sie gleich muͤndlich zu antworten Bedencken<lb/>
trugen. Jch glaube, Jhre Fraͤulein Tochter war<lb/>
eben damahls in der Naͤhe, als ich mit Jh-<lb/>
nen redete; denn Sie ſahen ſich immer um, als<lb/>
wenn Sie beſorgeten, daß Sie behorchet werden<lb/><fwplace="bottom"type="catch">moͤch-</fw><lb/></p></body></floatingText></div></div></body></text></TEI>
[170/0176]
liche Reden giebt, wie die erwachſenen Toͤchter
gemeiniglich zu thun pflegen, (ach! ich habe das
oft von Jhnen gehoͤrt!) wenn ſie die Eltern fuͤr
alt halten, und dennoch das Alter nicht ehren
wollen. Jch meines Theils glaube, daß Muͤt-
ter, wie Sie, noch jung genug ſind, den Toͤchtern
die Naſe abzuwiſchen. Sie verſtehen mich
ſchon.
Fuͤr mich wird es ein großes Gluͤck ſeyn, und
ich dencke ſchon zum voraus mit Vergnuͤgen dar-
an, wenn ich einmahl zur Luſt ausreiſe, und bey
der Zuruͤckkunft in mein Haus eine Frau von glei-
cher Erfahrung finde, die mit mir Vortheil und
Schaden gemeinſchaftlich hat: wenn wir unſere
Einnahmen zuſam̃en rechnen koͤnnen, und was uns
dieſer Tag oder dieſe Woche eingebracht hat. Wie
wird unſere Liebe hiedurch wachſen! Ungemein!
Jch glaube, ich werde Sie nie genug lieben koͤn-
nen, oder nie genug im Stande ſeyn, Jhnen
meine Liebe voͤllig zu erkennen zu geben.
Jch dencke nicht, daß wir noͤthig haben, ſo
bloͤde und ſproͤde gegen einander zu thun, wie es
die Jungfern zu thun pflegen, bis endlich die
Sache ſelbſt daruͤber in das Haͤngen kommt: und
ich hoffe, Sie werden ſich keine Schwierigkeit
machen, mir in ein paar Zeilen zu antworten,
ob Sie gleich muͤndlich zu antworten Bedencken
trugen. Jch glaube, Jhre Fraͤulein Tochter war
eben damahls in der Naͤhe, als ich mit Jh-
nen redete; denn Sie ſahen ſich immer um, als
wenn Sie beſorgeten, daß Sie behorchet werden
moͤch-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/176>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.