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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

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lernt. Er war so wohl hier als zu Rom beliebt:
sein Ansehen, und sein in einigen Stücken edles und
großmüthiges Hertz trugen viel dazu bey. Allein
ich brauche Jhnen nicht zu sagen, daß ein lasterhaf-
ter Mensch, der Verstand hat, viel schädlicher ist,
als ein einfältiger Bösewicht. Jch muß aber noch
dieses hinzu setzen; daß es Herrn Lovelaces eigene
Schuld ist, wenn die Gelehrten in Jtalien ihn
nicht noch höher geschätzt haben. Kurtz, er ver-
gönnete sich einige Freyheiten, dadurch sein Leben
und seine Freyheit in Gefahr gerieth, und die besten
und angesehensten Leute sich gezwungen sahen, ihre
Freundschaft mit ihm abzubrechen. Eben dieses
war auch die Ursache, daß er Rom und Florentz
früher verlassen mußte, als er sich anfangs vorge-
nommen hatte.

Mehr will ich von dem Herrn Lovelace nicht sa-
gen, und ich wünschte, daß ich mit Grunde der
Wahrheit eine bessere Beschreibung hätte von ihm
machen können. Allein ich muß noch ein Paar
Worte überhaupt von solchen wilden und liederlichen
Manns-Personen schreiben: Sie werden mir es
erlauben, weil ich diese Art von Leuten aus Erfah-
rung so genau kenne, und wohl weiß, wie gefähr-
lich sie ihrem Geschlechte sind. Ein liederlicher Mensch,
der sich einmal zu der so genanten freyen Lebens-Art
entschlossen hat, und allerley Künste zu Erreichung
seines Endzweckes gebrauchet, ist gemeiniglich fühl-
los und ohne Gewissen. Ungerecht muß er noth-
wendig seyn. Die vortrefliche Vorschrift,, daß
man andern thun soll, was wir von andern begeh-

ren,



lernt. Er war ſo wohl hier als zu Rom beliebt:
ſein Anſehen, und ſein in einigen Stuͤcken edles und
großmuͤthiges Hertz trugen viel dazu bey. Allein
ich brauche Jhnen nicht zu ſagen, daß ein laſterhaf-
ter Menſch, der Verſtand hat, viel ſchaͤdlicher iſt,
als ein einfaͤltiger Boͤſewicht. Jch muß aber noch
dieſes hinzu ſetzen; daß es Herrn Lovelaces eigene
Schuld iſt, wenn die Gelehrten in Jtalien ihn
nicht noch hoͤher geſchaͤtzt haben. Kurtz, er ver-
goͤnnete ſich einige Freyheiten, dadurch ſein Leben
und ſeine Freyheit in Gefahr gerieth, und die beſten
und angeſehenſten Leute ſich gezwungen ſahen, ihre
Freundſchaft mit ihm abzubrechen. Eben dieſes
war auch die Urſache, daß er Rom und Florentz
fruͤher verlaſſen mußte, als er ſich anfangs vorge-
nommen hatte.

Mehr will ich von dem Herrn Lovelace nicht ſa-
gen, und ich wuͤnſchte, daß ich mit Grunde der
Wahrheit eine beſſere Beſchreibung haͤtte von ihm
machen koͤnnen. Allein ich muß noch ein Paar
Worte uͤberhaupt von ſolchen wilden und liederlichen
Manns-Perſonen ſchreiben: Sie werden mir es
erlauben, weil ich dieſe Art von Leuten aus Erfah-
rung ſo genau kenne, und wohl weiß, wie gefaͤhr-
lich ſie ihrem Geſchlechte ſind. Ein liederlicher Menſch,
der ſich einmal zu der ſo genanten freyen Lebens-Art
entſchloſſen hat, und allerley Kuͤnſte zu Erreichung
ſeines Endzweckes gebrauchet, iſt gemeiniglich fuͤhl-
los und ohne Gewiſſen. Ungerecht muß er noth-
wendig ſeyn. Die vortrefliche Vorſchrift,, daß
man andern thun ſoll, was wir von andern begeh-

ren,
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[557/0571] lernt. Er war ſo wohl hier als zu Rom beliebt: ſein Anſehen, und ſein in einigen Stuͤcken edles und großmuͤthiges Hertz trugen viel dazu bey. Allein ich brauche Jhnen nicht zu ſagen, daß ein laſterhaf- ter Menſch, der Verſtand hat, viel ſchaͤdlicher iſt, als ein einfaͤltiger Boͤſewicht. Jch muß aber noch dieſes hinzu ſetzen; daß es Herrn Lovelaces eigene Schuld iſt, wenn die Gelehrten in Jtalien ihn nicht noch hoͤher geſchaͤtzt haben. Kurtz, er ver- goͤnnete ſich einige Freyheiten, dadurch ſein Leben und ſeine Freyheit in Gefahr gerieth, und die beſten und angeſehenſten Leute ſich gezwungen ſahen, ihre Freundſchaft mit ihm abzubrechen. Eben dieſes war auch die Urſache, daß er Rom und Florentz fruͤher verlaſſen mußte, als er ſich anfangs vorge- nommen hatte. Mehr will ich von dem Herrn Lovelace nicht ſa- gen, und ich wuͤnſchte, daß ich mit Grunde der Wahrheit eine beſſere Beſchreibung haͤtte von ihm machen koͤnnen. Allein ich muß noch ein Paar Worte uͤberhaupt von ſolchen wilden und liederlichen Manns-Perſonen ſchreiben: Sie werden mir es erlauben, weil ich dieſe Art von Leuten aus Erfah- rung ſo genau kenne, und wohl weiß, wie gefaͤhr- lich ſie ihrem Geſchlechte ſind. Ein liederlicher Menſch, der ſich einmal zu der ſo genanten freyen Lebens-Art entſchloſſen hat, und allerley Kuͤnſte zu Erreichung ſeines Endzweckes gebrauchet, iſt gemeiniglich fuͤhl- los und ohne Gewiſſen. Ungerecht muß er noth- wendig ſeyn. Die vortrefliche Vorſchrift,, daß man andern thun ſoll, was wir von andern begeh- ren,

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/571>, abgerufen am 23.11.2024.