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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

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let uns solche Vollkommenheiten an der bewunder-
ten Person vor, die wir diesseits der Wolcken vergeb-
lich suchen werden: hingegen entdecket das Frauen-
zimmer nicht den geringsten Mangel an der Person,
darauf es seine uneingeschränckte Hoffnung setzet, bis
daß es zu späte ist, den Folgen dieser gütigen Leicht-
gläubigkeit vorzubeugen.

Gesetzt, daß ein solches Frauenzimmer wie Sie
sind, einen Gemahl wählete, den es an wahren Voll-
kommenheiten übertrifft, wer würde bey einer solchen
Wahl glücklicher seyn, als die Fräulein Clarissa
Harlowe?
Was für ein Vergnügen finden Sie
darin, wenn Sie gutes thun können? Wie glück-
lich theilen Sie den Tag zu Jhrer eigenen Besserung
und zum Besten aller derer, die um Sie sind, ein!
Jhr Geschmack an denen schönen Wissenschaften ist
so rein, Sie wissen Jhre Zeit auf eine so ausgesuch-
te Art anzuwenden; Sie verstehen sich auf alle Thei-
le der Haushaltung, die Jhnen nicht unanständig
sind, so vollkommen: daß Jhre Freunde billig wün-
schen müssen, daß Sie so wenig, als möglich ist, von
diesen Beschäfftigungen durch die Liebe, die sich auf
die äussere Gestalt des Geliebten gründet, abgehal-
ten werden mögen.

Jch wünsche, daß Sie die Folgen wohl überlegen
mögen, die aus der vorzüglichen Neigung eines so
erhabenen Frauenzimmers gegen einen Menschen,
dessen Lebens-Art unordentlich ist, entstehen können.
Soll ein so reines Hertz sich mit einem so ausserordent-
lich unreinen Hertzen vereinigen? Ein solcher
Mann, als dieser ist, wird Jhnen täglich neuen

Kum-



let uns ſolche Vollkommenheiten an der bewunder-
ten Perſon vor, die wir dieſſeits der Wolcken vergeb-
lich ſuchen werden: hingegen entdecket das Frauen-
zimmer nicht den geringſten Mangel an der Perſon,
darauf es ſeine uneingeſchraͤnckte Hoffnung ſetzet, bis
daß es zu ſpaͤte iſt, den Folgen dieſer guͤtigen Leicht-
glaͤubigkeit vorzubeugen.

Geſetzt, daß ein ſolches Frauenzimmer wie Sie
ſind, einen Gemahl waͤhlete, den es an wahren Voll-
kommenheiten uͤbertrifft, wer wuͤrde bey einer ſolchen
Wahl gluͤcklicher ſeyn, als die Fraͤulein Clariſſa
Harlowe?
Was fuͤr ein Vergnuͤgen finden Sie
darin, wenn Sie gutes thun koͤnnen? Wie gluͤck-
lich theilen Sie den Tag zu Jhrer eigenen Beſſerung
und zum Beſten aller derer, die um Sie ſind, ein!
Jhr Geſchmack an denen ſchoͤnen Wiſſenſchaften iſt
ſo rein, Sie wiſſen Jhre Zeit auf eine ſo ausgeſuch-
te Art anzuwenden; Sie verſtehen ſich auf alle Thei-
le der Haushaltung, die Jhnen nicht unanſtaͤndig
ſind, ſo vollkommen: daß Jhre Freunde billig wuͤn-
ſchen muͤſſen, daß Sie ſo wenig, als moͤglich iſt, von
dieſen Beſchaͤfftigungen durch die Liebe, die ſich auf
die aͤuſſere Geſtalt des Geliebten gruͤndet, abgehal-
ten werden moͤgen.

Jch wuͤnſche, daß Sie die Folgen wohl uͤberlegen
moͤgen, die aus der vorzuͤglichen Neigung eines ſo
erhabenen Frauenzimmers gegen einen Menſchen,
deſſen Lebens-Art unordentlich iſt, entſtehen koͤnnen.
Soll ein ſo reines Hertz ſich mit einem ſo auſſerordent-
lich unreinen Hertzen vereinigen? Ein ſolcher
Mann, als dieſer iſt, wird Jhnen taͤglich neuen

Kum-
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[554/0568] let uns ſolche Vollkommenheiten an der bewunder- ten Perſon vor, die wir dieſſeits der Wolcken vergeb- lich ſuchen werden: hingegen entdecket das Frauen- zimmer nicht den geringſten Mangel an der Perſon, darauf es ſeine uneingeſchraͤnckte Hoffnung ſetzet, bis daß es zu ſpaͤte iſt, den Folgen dieſer guͤtigen Leicht- glaͤubigkeit vorzubeugen. Geſetzt, daß ein ſolches Frauenzimmer wie Sie ſind, einen Gemahl waͤhlete, den es an wahren Voll- kommenheiten uͤbertrifft, wer wuͤrde bey einer ſolchen Wahl gluͤcklicher ſeyn, als die Fraͤulein Clariſſa Harlowe? Was fuͤr ein Vergnuͤgen finden Sie darin, wenn Sie gutes thun koͤnnen? Wie gluͤck- lich theilen Sie den Tag zu Jhrer eigenen Beſſerung und zum Beſten aller derer, die um Sie ſind, ein! Jhr Geſchmack an denen ſchoͤnen Wiſſenſchaften iſt ſo rein, Sie wiſſen Jhre Zeit auf eine ſo ausgeſuch- te Art anzuwenden; Sie verſtehen ſich auf alle Thei- le der Haushaltung, die Jhnen nicht unanſtaͤndig ſind, ſo vollkommen: daß Jhre Freunde billig wuͤn- ſchen muͤſſen, daß Sie ſo wenig, als moͤglich iſt, von dieſen Beſchaͤfftigungen durch die Liebe, die ſich auf die aͤuſſere Geſtalt des Geliebten gruͤndet, abgehal- ten werden moͤgen. Jch wuͤnſche, daß Sie die Folgen wohl uͤberlegen moͤgen, die aus der vorzuͤglichen Neigung eines ſo erhabenen Frauenzimmers gegen einen Menſchen, deſſen Lebens-Art unordentlich iſt, entſtehen koͤnnen. Soll ein ſo reines Hertz ſich mit einem ſo auſſerordent- lich unreinen Hertzen vereinigen? Ein ſolcher Mann, als dieſer iſt, wird Jhnen taͤglich neuen Kum-

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/568>, abgerufen am 24.11.2024.