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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

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nünftig. Bey diesen Einsichten würde sie gewiß ei-
ne gute Frau seyn. (Der unterthänige Diener von
unsrer Sara ist ein vornehmer Kaufmann, der mit
Tüchern handelt, und die Hochzeit wird bald vor
sich gehen.)

Jch habe ihr von dir und von den drey andern
Herren eine Beschreibung gemacht, damit sie begie-
rig werden möchte, euch morgen zu sehen. Euer gu-
tes und böses habe ich ihr erzählt, um mich zu erhe-
ben, und zu verhüten, daß sie sich nicht allzu sehr ver-
wundern mag, wenn sie euch zu sehen bekommt,
wie auch um sie zum voraus zu lehren, was für Ge-
sellschaft sie erwarten muß, wenn sie mir gefällig
seyn will.

Sie wird ihre Anmerckungen über einen jeden un-
ter euch machen, und daraus werde ich sehen können,
was mir erlaubt oder nicht erlaubt ist, wenn ich sie
gewinnen will: was ihr gefällt und was ihr mißfäl-
lig ist. Unterdessen, daß sie eure seichten Köpfe er-
gründet, werde ich ihr Hertz ergründen, und wis-
sen, worauf ich hoffen soll.

Jn drey Wochen miethen wir ein anderes Haus:
ich müßte sehr unglücklich seyn, wenn unser Krieg
nicht schon in drey Wochen entschieden wäre. Viel-
leicht siege ich in drey Tagen. Habe ich es nicht so
weit gebracht, daß sie in dem Hause für meine Frau
gehalten wird? Und daß ich Tag und Nacht im
Hause bleiben darf? Welches Frauenzimmer ist mir
nicht zu Theil geworden, wenn es mit mir unter ei-
nem Dache gewohnt hat? Bedencke in was für ei-
nem Hause ich bin: unter was für Leuten:

unter



nuͤnftig. Bey dieſen Einſichten wuͤrde ſie gewiß ei-
ne gute Frau ſeyn. (Der unterthaͤnige Diener von
unſrer Sara iſt ein vornehmer Kaufmann, der mit
Tuͤchern handelt, und die Hochzeit wird bald vor
ſich gehen.)

Jch habe ihr von dir und von den drey andern
Herren eine Beſchreibung gemacht, damit ſie begie-
rig werden moͤchte, euch morgen zu ſehen. Euer gu-
tes und boͤſes habe ich ihr erzaͤhlt, um mich zu erhe-
ben, und zu verhuͤten, daß ſie ſich nicht allzu ſehr ver-
wundern mag, wenn ſie euch zu ſehen bekommt,
wie auch um ſie zum voraus zu lehren, was fuͤr Ge-
ſellſchaft ſie erwarten muß, wenn ſie mir gefaͤllig
ſeyn will.

Sie wird ihre Anmerckungen uͤber einen jeden un-
ter euch machen, und daraus werde ich ſehen koͤnnen,
was mir erlaubt oder nicht erlaubt iſt, wenn ich ſie
gewinnen will: was ihr gefaͤllt und was ihr mißfaͤl-
lig iſt. Unterdeſſen, daß ſie eure ſeichten Koͤpfe er-
gruͤndet, werde ich ihr Hertz ergruͤnden, und wiſ-
ſen, worauf ich hoffen ſoll.

Jn drey Wochen miethen wir ein anderes Haus:
ich muͤßte ſehr ungluͤcklich ſeyn, wenn unſer Krieg
nicht ſchon in drey Wochen entſchieden waͤre. Viel-
leicht ſiege ich in drey Tagen. Habe ich es nicht ſo
weit gebracht, daß ſie in dem Hauſe fuͤr meine Frau
gehalten wird? Und daß ich Tag und Nacht im
Hauſe bleiben darf? Welches Frauenzimmer iſt mir
nicht zu Theil geworden, wenn es mit mir unter ei-
nem Dache gewohnt hat? Bedencke in was fuͤr ei-
nem Hauſe ich bin: unter was fuͤr Leuten:

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[492/0506] nuͤnftig. Bey dieſen Einſichten wuͤrde ſie gewiß ei- ne gute Frau ſeyn. (Der unterthaͤnige Diener von unſrer Sara iſt ein vornehmer Kaufmann, der mit Tuͤchern handelt, und die Hochzeit wird bald vor ſich gehen.) Jch habe ihr von dir und von den drey andern Herren eine Beſchreibung gemacht, damit ſie begie- rig werden moͤchte, euch morgen zu ſehen. Euer gu- tes und boͤſes habe ich ihr erzaͤhlt, um mich zu erhe- ben, und zu verhuͤten, daß ſie ſich nicht allzu ſehr ver- wundern mag, wenn ſie euch zu ſehen bekommt, wie auch um ſie zum voraus zu lehren, was fuͤr Ge- ſellſchaft ſie erwarten muß, wenn ſie mir gefaͤllig ſeyn will. Sie wird ihre Anmerckungen uͤber einen jeden un- ter euch machen, und daraus werde ich ſehen koͤnnen, was mir erlaubt oder nicht erlaubt iſt, wenn ich ſie gewinnen will: was ihr gefaͤllt und was ihr mißfaͤl- lig iſt. Unterdeſſen, daß ſie eure ſeichten Koͤpfe er- gruͤndet, werde ich ihr Hertz ergruͤnden, und wiſ- ſen, worauf ich hoffen ſoll. Jn drey Wochen miethen wir ein anderes Haus: ich muͤßte ſehr ungluͤcklich ſeyn, wenn unſer Krieg nicht ſchon in drey Wochen entſchieden waͤre. Viel- leicht ſiege ich in drey Tagen. Habe ich es nicht ſo weit gebracht, daß ſie in dem Hauſe fuͤr meine Frau gehalten wird? Und daß ich Tag und Nacht im Hauſe bleiben darf? Welches Frauenzimmer iſt mir nicht zu Theil geworden, wenn es mit mir unter ei- nem Dache gewohnt hat? Bedencke in was fuͤr ei- nem Hauſe ich bin: unter was fuͤr Leuten: unter

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/506>, abgerufen am 22.11.2024.