Das, sagte er, könnte er nicht versprechen. Er würde suchen von Singleton und von meinem Bruder Nachricht einzuziehen: und wenn er keinen Grund fände meinetwegen in Sorgen zu seyn, so wollte er alsobald nach der Grafschaft Berck reisen, und sich bemühen, seine Fräulein Base die Char- lotte mitzubringen. Er hoffe, daß dieses sein Glück näher bringen würde, als es jetzt zu seyn schie- ne. Jch antwortete: ich würde die Gesellschaft die- ser Fräulein für ein sehr grosses Glück und Ehre halten
Es war mir dieses Anerbiethen desto lieber, weil es von freyen Stücken geschahe.
Er bat mich sehr einen Banck-Zettul anzunehmen: ich verbat es aber. Hierauf bot er mir seinen Die- ner den Wilhelm in seiner Abwesenheit zur Auf- wartung an: ich könnte diesen auch an ihn schicken, wenn sich etwas neues zutrüge. Hierein willigte ich.
Er nahm einen sehr ehrerbiethigen Abschied, und küssete mir bloß die Hand. Die Banck-Note ließ er unvermerckt auf dem Tische liegen. Sie können aber versichert seyn, daß er sie wider bekommen wird.
Jch bin jetzt besser mit ihm zufrieden, als vorhin. Wenn wir Zweifel gegen eine Person gehabt haben, und die Zweifel werden gehoben, so wird ein billiges Hertz gleichsam zur Genugthuung vor dem vorigen Argwohn über alles, was sich gut auslegen läßt, die allerbeste Deutung machen. Jch mercke in- sonderheit dieses mit Vergnügen an, daß, so frey er auch von seinen Basen redet, er doch immer mit Zärtlichkeit von ihnen spricht. Wenn eine Manns-
Person
Das, ſagte er, koͤnnte er nicht verſprechen. Er wuͤrde ſuchen von Singleton und von meinem Bruder Nachricht einzuziehen: und wenn er keinen Grund faͤnde meinetwegen in Sorgen zu ſeyn, ſo wollte er alſobald nach der Grafſchaft Berck reiſen, und ſich bemuͤhen, ſeine Fraͤulein Baſe die Char- lotte mitzubringen. Er hoffe, daß dieſes ſein Gluͤck naͤher bringen wuͤrde, als es jetzt zu ſeyn ſchie- ne. Jch antwortete: ich wuͤrde die Geſellſchaft die- ſer Fraͤulein fuͤr ein ſehr groſſes Gluͤck und Ehre halten
Es war mir dieſes Anerbiethen deſto lieber, weil es von freyen Stuͤcken geſchahe.
Er bat mich ſehr einen Banck-Zettul anzunehmen: ich verbat es aber. Hierauf bot er mir ſeinen Die- ner den Wilhelm in ſeiner Abweſenheit zur Auf- wartung an: ich koͤnnte dieſen auch an ihn ſchicken, wenn ſich etwas neues zutruͤge. Hierein willigte ich.
Er nahm einen ſehr ehrerbiethigen Abſchied, und kuͤſſete mir bloß die Hand. Die Banck-Note ließ er unvermerckt auf dem Tiſche liegen. Sie koͤnnen aber verſichert ſeyn, daß er ſie wider bekommen wird.
Jch bin jetzt beſſer mit ihm zufrieden, als vorhin. Wenn wir Zweifel gegen eine Perſon gehabt haben, und die Zweifel werden gehoben, ſo wird ein billiges Hertz gleichſam zur Genugthuung vor dem vorigen Argwohn uͤber alles, was ſich gut auslegen laͤßt, die allerbeſte Deutung machen. Jch mercke in- ſonderheit dieſes mit Vergnuͤgen an, daß, ſo frey er auch von ſeinen Baſen redet, er doch immer mit Zaͤrtlichkeit von ihnen ſpricht. Wenn eine Manns-
Perſon
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Das, ſagte er, koͤnnte er nicht verſprechen. Er
wuͤrde ſuchen von Singleton und von meinem
Bruder Nachricht einzuziehen: und wenn er keinen
Grund faͤnde meinetwegen in Sorgen zu ſeyn, ſo
wollte er alſobald nach der Grafſchaft Berck reiſen,
und ſich bemuͤhen, ſeine Fraͤulein Baſe die Char-
lotte mitzubringen. Er hoffe, daß dieſes ſein
Gluͤck naͤher bringen wuͤrde, als es jetzt zu ſeyn ſchie-
ne. Jch antwortete: ich wuͤrde die Geſellſchaft die-
ſer Fraͤulein fuͤr ein ſehr groſſes Gluͤck und Ehre halten
Es war mir dieſes Anerbiethen deſto lieber, weil
es von freyen Stuͤcken geſchahe.
Er bat mich ſehr einen Banck-Zettul anzunehmen:
ich verbat es aber. Hierauf bot er mir ſeinen Die-
ner den Wilhelm in ſeiner Abweſenheit zur Auf-
wartung an: ich koͤnnte dieſen auch an ihn ſchicken,
wenn ſich etwas neues zutruͤge. Hierein willigte ich.
Er nahm einen ſehr ehrerbiethigen Abſchied, und
kuͤſſete mir bloß die Hand. Die Banck-Note ließ er
unvermerckt auf dem Tiſche liegen. Sie koͤnnen
aber verſichert ſeyn, daß er ſie wider bekommen
wird.
Jch bin jetzt beſſer mit ihm zufrieden, als vorhin.
Wenn wir Zweifel gegen eine Perſon gehabt haben,
und die Zweifel werden gehoben, ſo wird ein billiges
Hertz gleichſam zur Genugthuung vor dem vorigen
Argwohn uͤber alles, was ſich gut auslegen laͤßt,
die allerbeſte Deutung machen. Jch mercke in-
ſonderheit dieſes mit Vergnuͤgen an, daß, ſo frey
er auch von ſeinen Baſen redet, er doch immer mit
Zaͤrtlichkeit von ihnen ſpricht. Wenn eine Manns-
Perſon
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/484>, abgerufen am 21.11.2024.
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