Mädchen eines Sinnes sind, so wird ihnen ein Schock Teuffels nichts anhaben.
Mein liebes Kind that auch ungemein fremde und blöde, als die Witwe bey dem Aussteigen es bewillkommen wollte. Jch hätte gedacht, daß Dolemans Brief die Fräulein schon zum voraus darauf bereitet hätte, eine Frau mit einem Kerls- Gesichte zu sehen.
Weil ich eben an den Brief gedencke, so frage ich dich: willst du mir nicht Glück wünschen?
Glück? Wozu?
Glück zu meiner Verheyrathung. Gesagt und gethan ist bey mir einerley, wenn ich es will. Wir sind ein Paar Eheleute: allein wir gehen noch nicht mit einander zu Bette. Jch habe mich durch ein heiliges Gelübde zu dieser Enthaltsamkeit verpflich- ten müssen, bis sie mit den Jhrigen ausgesöhnet ist. So ist das Frauenzimmer unseres Hauses berichtet. Sie haben diese Nachrichten früher als meine Ge- liebte. Und das ist wunderbar genug! wirst du sagen.
Allein wie soll ich die Nachricht meinem Kinde beybringen, ohne es völlig zu erzürnen? Doch ist sie nicht hier? in der Sinclairs Hause? Wenn sie mich nur hören will, so soll sie mit meinen Grün- den zufrieden seyn.
Sie wird ohne Zweifel darauf bestehen, daß ich sie verlassen und am allerwenigsten mit ihr unter einem Dache bleiben soll. Die Umstände haben sich seit der Zeit, da ich dieses versprach, geändert. Jch habe alle ledige Zimmer gemiethet, und meine Absicht muß mir glücken.
Jch
Maͤdchen eines Sinnes ſind, ſo wird ihnen ein Schock Teuffels nichts anhaben.
Mein liebes Kind that auch ungemein fremde und bloͤde, als die Witwe bey dem Ausſteigen es bewillkommen wollte. Jch haͤtte gedacht, daß Dolemans Brief die Fraͤulein ſchon zum voraus darauf bereitet haͤtte, eine Frau mit einem Kerls- Geſichte zu ſehen.
Weil ich eben an den Brief gedencke, ſo frage ich dich: willſt du mir nicht Gluͤck wuͤnſchen?
Gluͤck? Wozu?
Gluͤck zu meiner Verheyrathung. Geſagt und gethan iſt bey mir einerley, wenn ich es will. Wir ſind ein Paar Eheleute: allein wir gehen noch nicht mit einander zu Bette. Jch habe mich durch ein heiliges Geluͤbde zu dieſer Enthaltſamkeit verpflich- ten muͤſſen, bis ſie mit den Jhrigen ausgeſoͤhnet iſt. So iſt das Frauenzimmer unſeres Hauſes berichtet. Sie haben dieſe Nachrichten fruͤher als meine Ge- liebte. Und das iſt wunderbar genug! wirſt du ſagen.
Allein wie ſoll ich die Nachricht meinem Kinde beybringen, ohne es voͤllig zu erzuͤrnen? Doch iſt ſie nicht hier? in der Sinclairs Hauſe? Wenn ſie mich nur hoͤren will, ſo ſoll ſie mit meinen Gruͤn- den zufrieden ſeyn.
Sie wird ohne Zweifel darauf beſtehen, daß ich ſie verlaſſen und am allerwenigſten mit ihr unter einem Dache bleiben ſoll. Die Umſtaͤnde haben ſich ſeit der Zeit, da ich dieſes verſprach, geaͤndert. Jch habe alle ledige Zimmer gemiethet, und meine Abſicht muß mir gluͤcken.
Jch
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Maͤdchen eines Sinnes ſind, ſo wird ihnen ein
Schock Teuffels nichts anhaben.
Mein liebes Kind that auch ungemein fremde
und bloͤde, als die Witwe bey dem Ausſteigen
es bewillkommen wollte. Jch haͤtte gedacht, daß
Dolemans Brief die Fraͤulein ſchon zum voraus
darauf bereitet haͤtte, eine Frau mit einem Kerls-
Geſichte zu ſehen.
Weil ich eben an den Brief gedencke, ſo frage
ich dich: willſt du mir nicht Gluͤck wuͤnſchen?
Gluͤck? Wozu?
Gluͤck zu meiner Verheyrathung. Geſagt und
gethan iſt bey mir einerley, wenn ich es will. Wir
ſind ein Paar Eheleute: allein wir gehen noch nicht
mit einander zu Bette. Jch habe mich durch ein
heiliges Geluͤbde zu dieſer Enthaltſamkeit verpflich-
ten muͤſſen, bis ſie mit den Jhrigen ausgeſoͤhnet iſt.
So iſt das Frauenzimmer unſeres Hauſes berichtet.
Sie haben dieſe Nachrichten fruͤher als meine Ge-
liebte. Und das iſt wunderbar genug! wirſt du
ſagen.
Allein wie ſoll ich die Nachricht meinem Kinde
beybringen, ohne es voͤllig zu erzuͤrnen? Doch iſt
ſie nicht hier? in der Sinclairs Hauſe? Wenn
ſie mich nur hoͤren will, ſo ſoll ſie mit meinen Gruͤn-
den zufrieden ſeyn.
Sie wird ohne Zweifel darauf beſtehen, daß ich
ſie verlaſſen und am allerwenigſten mit ihr unter
einem Dache bleiben ſoll. Die Umſtaͤnde haben
ſich ſeit der Zeit, da ich dieſes verſprach, geaͤndert.
Jch habe alle ledige Zimmer gemiethet, und meine
Abſicht muß mir gluͤcken.
Jch
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/454>, abgerufen am 22.12.2024.
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