dern könnte. Vielleicht betriegen Sie sich. Sie hoffen, daß es nicht ohnmöglich sey, Jhren guten Nahmen, und die Wohlgewogenheit der Jhrigen wieder zu erlangen. Beydes zusammen werden Sie nie wieder erhalten; und schwerlich eins von beyden. Alle die Personen, die Sie beleidiget haben, d. i. alle Jhre Anverwanten die Sie ehe- mahls liebeten, müssen erst unter einen Hut gebracht werden, ehe sie wieder angenommen werden kön- nen. Jst es möglich, daß dieses jemahls geschehe, nachdem Jhre Vergehung einem jeden in die Au- gen leuchtet?
Es würde Jhnen leyd thun, schreiben Sie, wenn Sie zu solchen Veränderungen gezwungen würden, die die Aussöhnung unmöglicher machten. Jst es nun erst Zeit für Sie, dergleichen zu befürchten? Jetzt ist es ohnmöglich, an eine Versöhnung zu ge- dencken, wenn sie auch künstig möglich werden könn- te. Man muß erst sehen, was aus Jhrer vorigen Uebereilung für Früchte entstehen. Es ist nicht ohnmöglich, daß noch Blut darüber vergossen wird. Wird der Mensch in dessen Gewalt Sie sich befin- den, Sie ohne sich zur Wehre zu setzen fahren las- sen? Wenn er dieses nicht will, so mag ich an die Folgen nicht gedencken. Will er es aber thun, so scheue ich mich an das vorhergehende, und an die Ursachen die ihn dazu bewegen, zu gedencken. Jch will den Gedancken verbannen, weil mir Jhr tu- gendhaftes Hertz bekannt ist. Allein ich frage Sie, sind Sie nicht von allem Schutz entblösset? Sind Sie nicht unverheyrathet? Haben Sie nicht selbst,
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dern koͤnnte. Vielleicht betriegen Sie ſich. Sie hoffen, daß es nicht ohnmoͤglich ſey, Jhren guten Nahmen, und die Wohlgewogenheit der Jhrigen wieder zu erlangen. Beydes zuſammen werden Sie nie wieder erhalten; und ſchwerlich eins von beyden. Alle die Perſonen, die Sie beleidiget haben, d. i. alle Jhre Anverwanten die Sie ehe- mahls liebeten, muͤſſen erſt unter einen Hut gebracht werden, ehe ſie wieder angenommen werden koͤn- nen. Jſt es moͤglich, daß dieſes jemahls geſchehe, nachdem Jhre Vergehung einem jeden in die Au- gen leuchtet?
Es wuͤrde Jhnen leyd thun, ſchreiben Sie, wenn Sie zu ſolchen Veraͤnderungen gezwungen wuͤrden, die die Ausſoͤhnung unmoͤglicher machten. Jſt es nun erſt Zeit fuͤr Sie, dergleichen zu befuͤrchten? Jetzt iſt es ohnmoͤglich, an eine Verſoͤhnung zu ge- dencken, wenn ſie auch kuͤnſtig moͤglich werden koͤnn- te. Man muß erſt ſehen, was aus Jhrer vorigen Uebereilung fuͤr Fruͤchte entſtehen. Es iſt nicht ohnmoͤglich, daß noch Blut daruͤber vergoſſen wird. Wird der Menſch in deſſen Gewalt Sie ſich befin- den, Sie ohne ſich zur Wehre zu ſetzen fahren laſ- ſen? Wenn er dieſes nicht will, ſo mag ich an die Folgen nicht gedencken. Will er es aber thun, ſo ſcheue ich mich an das vorhergehende, und an die Urſachen die ihn dazu bewegen, zu gedencken. Jch will den Gedancken verbannen, weil mir Jhr tu- gendhaftes Hertz bekannt iſt. Allein ich frage Sie, ſind Sie nicht von allem Schutz entbloͤſſet? Sind Sie nicht unverheyrathet? Haben Sie nicht ſelbſt,
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dern koͤnnte. Vielleicht betriegen Sie ſich. Sie
hoffen, daß es nicht ohnmoͤglich ſey, Jhren guten
Nahmen, und die Wohlgewogenheit der Jhrigen
wieder zu erlangen. Beydes zuſammen werden
Sie nie wieder erhalten; und ſchwerlich eins von
beyden. Alle die Perſonen, die Sie beleidiget
haben, d. i. alle Jhre Anverwanten die Sie ehe-
mahls liebeten, muͤſſen erſt unter einen Hut gebracht
werden, ehe ſie wieder angenommen werden koͤn-
nen. Jſt es moͤglich, daß dieſes jemahls geſchehe,
nachdem Jhre Vergehung einem jeden in die Au-
gen leuchtet?
Es wuͤrde Jhnen leyd thun, ſchreiben Sie, wenn
Sie zu ſolchen Veraͤnderungen gezwungen wuͤrden,
die die Ausſoͤhnung unmoͤglicher machten. Jſt es
nun erſt Zeit fuͤr Sie, dergleichen zu befuͤrchten?
Jetzt iſt es ohnmoͤglich, an eine Verſoͤhnung zu ge-
dencken, wenn ſie auch kuͤnſtig moͤglich werden koͤnn-
te. Man muß erſt ſehen, was aus Jhrer vorigen
Uebereilung fuͤr Fruͤchte entſtehen. Es iſt nicht
ohnmoͤglich, daß noch Blut daruͤber vergoſſen wird.
Wird der Menſch in deſſen Gewalt Sie ſich befin-
den, Sie ohne ſich zur Wehre zu ſetzen fahren laſ-
ſen? Wenn er dieſes nicht will, ſo mag ich an die
Folgen nicht gedencken. Will er es aber thun, ſo
ſcheue ich mich an das vorhergehende, und an die
Urſachen die ihn dazu bewegen, zu gedencken. Jch
will den Gedancken verbannen, weil mir Jhr tu-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/403>, abgerufen am 25.11.2024.
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