Jch schmeichle mir, daß es noch möglich sey das Hertz der Meinigen wieder zu gewinnen. Was aber auch vor ein unbedungener Rathschluß zu Harlo- weburg gefasset seyn mag, so bitte ich Sie ver- sagen Sie mir eine eintzige Gefälligkeit nicht. Mel- den Sie mir, ob einige Hoffnung zur Versöhnung übrig ist, ohne daß ich die unerträglichen Bedin- gungen eingehe, die vor meiner Abreise von mir ge- fodert wurden: oder ob ich ohne Gnade unter die Verworfenen gehören soll?
Zum wenigsten verschaffen Sie mir meine Klei- dung nebst dem wenigen Gelde, und den andern Dingen, um die ich in dem Briefe an meine Schwe- ster gebeten habe: damit ich nicht Mangel an den allernöthigsten Bequemlichkeiten leiden möge, oder mich gezwungen sehen möge, einer Person ver- pflichtet zu seyn, der ich jetzund noch am wenigsten verpflichtet seyn wollte. Erlauben Sie mir diese Anmerckung zu machen: Wenn ich vorsätzlich ge- flüchtet wäre, so würde ich zum wenigsten mein Geld und meine Juwelen mitgenommen haben, und ich würde dem Verdruß entgangen seyn, den ich bisher habe übernehmen müssen, und der mir noch künftig bevorstehet, wenn mir meine Sachen nicht geschickt werden.
Wenn Jhnen vergönnet ist, mehrere Nachrich- ten wegen dessen einzuziehen, was ich zu verstehen gegeben habe, so will ich Jhnen mein gantzes Hertz eröffnen und Jhnen alles genau schreiben.
Finden die Meinigen ein Vergnügen daran, daß sie mich kräncken; so kann ich Jhnen die Nachricht
geben
Jch ſchmeichle mir, daß es noch moͤglich ſey das Hertz der Meinigen wieder zu gewinnen. Was aber auch vor ein unbedungener Rathſchluß zu Harlo- weburg gefaſſet ſeyn mag, ſo bitte ich Sie ver- ſagen Sie mir eine eintzige Gefaͤlligkeit nicht. Mel- den Sie mir, ob einige Hoffnung zur Verſoͤhnung uͤbrig iſt, ohne daß ich die unertraͤglichen Bedin- gungen eingehe, die vor meiner Abreiſe von mir ge- fodert wurden: oder ob ich ohne Gnade unter die Verworfenen gehoͤren ſoll?
Zum wenigſten verſchaffen Sie mir meine Klei- dung nebſt dem wenigen Gelde, und den andern Dingen, um die ich in dem Briefe an meine Schwe- ſter gebeten habe: damit ich nicht Mangel an den allernoͤthigſten Bequemlichkeiten leiden moͤge, oder mich gezwungen ſehen moͤge, einer Perſon ver- pflichtet zu ſeyn, der ich jetzund noch am wenigſten verpflichtet ſeyn wollte. Erlauben Sie mir dieſe Anmerckung zu machen: Wenn ich vorſaͤtzlich ge- fluͤchtet waͤre, ſo wuͤrde ich zum wenigſten mein Geld und meine Juwelen mitgenommen haben, und ich wuͤrde dem Verdruß entgangen ſeyn, den ich bisher habe uͤbernehmen muͤſſen, und der mir noch kuͤnftig bevorſtehet, wenn mir meine Sachen nicht geſchickt werden.
Wenn Jhnen vergoͤnnet iſt, mehrere Nachrich- ten wegen deſſen einzuziehen, was ich zu verſtehen gegeben habe, ſo will ich Jhnen mein gantzes Hertz eroͤffnen und Jhnen alles genau ſchreiben.
Finden die Meinigen ein Vergnuͤgen daran, daß ſie mich kraͤncken; ſo kann ich Jhnen die Nachricht
geben
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><floatingText><body><pbfacs="#f0381"n="367"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Jch ſchmeichle mir, daß es noch moͤglich ſey das<lb/>
Hertz der Meinigen wieder zu gewinnen. Was aber<lb/>
auch vor ein unbedungener Rathſchluß zu <hirendition="#fr">Harlo-<lb/>
weburg</hi> gefaſſet ſeyn mag, ſo bitte ich Sie ver-<lb/>ſagen Sie mir eine eintzige Gefaͤlligkeit nicht. Mel-<lb/>
den Sie mir, ob einige Hoffnung zur Verſoͤhnung<lb/>
uͤbrig iſt, ohne daß ich die unertraͤglichen Bedin-<lb/>
gungen eingehe, die vor meiner Abreiſe von mir ge-<lb/>
fodert wurden: oder ob ich ohne Gnade unter die<lb/>
Verworfenen gehoͤren ſoll?</p><lb/><p>Zum wenigſten verſchaffen Sie mir meine Klei-<lb/>
dung nebſt dem wenigen Gelde, und den andern<lb/>
Dingen, um die ich in dem Briefe an meine Schwe-<lb/>ſter gebeten habe: damit ich nicht Mangel an den<lb/>
allernoͤthigſten Bequemlichkeiten leiden moͤge, oder<lb/>
mich gezwungen ſehen moͤge, einer Perſon ver-<lb/>
pflichtet zu ſeyn, der ich jetzund noch am wenigſten<lb/>
verpflichtet ſeyn wollte. Erlauben Sie mir dieſe<lb/>
Anmerckung zu machen: Wenn ich vorſaͤtzlich ge-<lb/>
fluͤchtet waͤre, ſo wuͤrde ich zum wenigſten mein<lb/>
Geld und meine Juwelen mitgenommen haben, und<lb/>
ich wuͤrde dem Verdruß entgangen ſeyn, den ich<lb/>
bisher habe uͤbernehmen muͤſſen, und der mir noch<lb/>
kuͤnftig bevorſtehet, wenn mir meine Sachen nicht<lb/>
geſchickt werden.</p><lb/><p>Wenn Jhnen vergoͤnnet iſt, mehrere Nachrich-<lb/>
ten wegen deſſen einzuziehen, was ich zu verſtehen<lb/>
gegeben habe, ſo will ich Jhnen mein gantzes Hertz<lb/>
eroͤffnen und Jhnen alles genau ſchreiben.</p><lb/><p>Finden die Meinigen ein Vergnuͤgen daran, daß<lb/>ſie mich kraͤncken; ſo kann ich Jhnen die Nachricht<lb/><fwplace="bottom"type="catch">geben</fw><lb/></p></body></floatingText></div></div></body></text></TEI>
[367/0381]
Jch ſchmeichle mir, daß es noch moͤglich ſey das
Hertz der Meinigen wieder zu gewinnen. Was aber
auch vor ein unbedungener Rathſchluß zu Harlo-
weburg gefaſſet ſeyn mag, ſo bitte ich Sie ver-
ſagen Sie mir eine eintzige Gefaͤlligkeit nicht. Mel-
den Sie mir, ob einige Hoffnung zur Verſoͤhnung
uͤbrig iſt, ohne daß ich die unertraͤglichen Bedin-
gungen eingehe, die vor meiner Abreiſe von mir ge-
fodert wurden: oder ob ich ohne Gnade unter die
Verworfenen gehoͤren ſoll?
Zum wenigſten verſchaffen Sie mir meine Klei-
dung nebſt dem wenigen Gelde, und den andern
Dingen, um die ich in dem Briefe an meine Schwe-
ſter gebeten habe: damit ich nicht Mangel an den
allernoͤthigſten Bequemlichkeiten leiden moͤge, oder
mich gezwungen ſehen moͤge, einer Perſon ver-
pflichtet zu ſeyn, der ich jetzund noch am wenigſten
verpflichtet ſeyn wollte. Erlauben Sie mir dieſe
Anmerckung zu machen: Wenn ich vorſaͤtzlich ge-
fluͤchtet waͤre, ſo wuͤrde ich zum wenigſten mein
Geld und meine Juwelen mitgenommen haben, und
ich wuͤrde dem Verdruß entgangen ſeyn, den ich
bisher habe uͤbernehmen muͤſſen, und der mir noch
kuͤnftig bevorſtehet, wenn mir meine Sachen nicht
geſchickt werden.
Wenn Jhnen vergoͤnnet iſt, mehrere Nachrich-
ten wegen deſſen einzuziehen, was ich zu verſtehen
gegeben habe, ſo will ich Jhnen mein gantzes Hertz
eroͤffnen und Jhnen alles genau ſchreiben.
Finden die Meinigen ein Vergnuͤgen daran, daß
ſie mich kraͤncken; ſo kann ich Jhnen die Nachricht
geben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/381>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.