Weil ich nicht so glücklich gewesen bin eine Ant- wort auf den Brief zu erhalten, den ich an dem vierzehenten dieses Monaths zu schreiben mir die Freyheit nahm: so will ich hoffen, daß mein Brief nicht richtig überkommen sey. Denn die- ses würde mir bey weiten so empfindlich nicht seyn, als wenn ich dencken müßte, daß meine Frau Base mich einer Antwort unwürdig schätzten.
Jn dieser Hoffnung lege ich eine Abschrift mei- nes vorigen Briefes bey, weil es mir nicht mög- lich ist meine Gemüths-Fassung besser, als damahls geschehen ist, auszudrücken. Jch bitte Sie gehor- samst, den Jnhalt desselben so viel als Jhnen mög- lich ist zu unterstützen.
Jetzund ist es noch in meiner Gewalt das zu hal- ten, was ich in dem Briefe verspreche: es würde mich sehr bekümmern, wenn man mich in solche Umstände stürtzte, die meine Aussöhnung ohnmög- lich machten.
Wenn es mir erlaubet wäre an Sie zu schreiben und ich Hoffnung hätte, daß Sie mir antworten würden: so sollte es mir nicht schwer seyn, Sie zu überzeugen, daß ich nicht vorsätzlich gesündiget habe, ob gleich ein strenger und liebloser Richter mir den Mangel der Ueberlegung würde zuschreiben können. Sie zum wenigsten würden Mitleid mit mir haben, wenn Sie alles wüsten, was ich sagen könnte, und wie sehr es mir zu Hertzen gehe, daß ich die Werthachtung aller meiner Freunde ver- schertzet habe.
Jch
Hochgeehrteſte Frau Baſe.
Donnerſtags den 12. Aprill
Weil ich nicht ſo gluͤcklich geweſen bin eine Ant- wort auf den Brief zu erhalten, den ich an dem vierzehenten dieſes Monaths zu ſchreiben mir die Freyheit nahm: ſo will ich hoffen, daß mein Brief nicht richtig uͤberkommen ſey. Denn die- ſes wuͤrde mir bey weiten ſo empfindlich nicht ſeyn, als wenn ich dencken muͤßte, daß meine Frau Baſe mich einer Antwort unwuͤrdig ſchaͤtzten.
Jn dieſer Hoffnung lege ich eine Abſchrift mei- nes vorigen Briefes bey, weil es mir nicht moͤg- lich iſt meine Gemuͤths-Faſſung beſſer, als damahls geſchehen iſt, auszudruͤcken. Jch bitte Sie gehor- ſamſt, den Jnhalt deſſelben ſo viel als Jhnen moͤg- lich iſt zu unterſtuͤtzen.
Jetzund iſt es noch in meiner Gewalt das zu hal- ten, was ich in dem Briefe verſpreche: es wuͤrde mich ſehr bekuͤmmern, wenn man mich in ſolche Umſtaͤnde ſtuͤrtzte, die meine Ausſoͤhnung ohnmoͤg- lich machten.
Wenn es mir erlaubet waͤre an Sie zu ſchreiben und ich Hoffnung haͤtte, daß Sie mir antworten wuͤrden: ſo ſollte es mir nicht ſchwer ſeyn, Sie zu uͤberzeugen, daß ich nicht vorſaͤtzlich geſuͤndiget habe, ob gleich ein ſtrenger und liebloſer Richter mir den Mangel der Ueberlegung wuͤrde zuſchreiben koͤnnen. Sie zum wenigſten wuͤrden Mitleid mit mir haben, wenn Sie alles wuͤſten, was ich ſagen koͤnnte, und wie ſehr es mir zu Hertzen gehe, daß ich die Werthachtung aller meiner Freunde ver- ſchertzet habe.
Jch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0380"n="366"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><floatingText><body><salute><hirendition="#c"><hirendition="#fr">Hochgeehrteſte Frau Baſe.</hi></hi></salute><lb/><dateline><hirendition="#et">Donnerſtags den 12. Aprill</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">W</hi>eil ich nicht ſo gluͤcklich geweſen bin eine Ant-<lb/>
wort auf den Brief zu erhalten, den ich an<lb/>
dem vierzehenten dieſes Monaths zu ſchreiben mir<lb/>
die Freyheit nahm: ſo will ich hoffen, daß mein<lb/>
Brief nicht richtig uͤberkommen ſey. Denn die-<lb/>ſes wuͤrde mir bey weiten ſo empfindlich nicht<lb/>ſeyn, als wenn ich dencken muͤßte, daß meine Frau<lb/>
Baſe mich einer Antwort unwuͤrdig ſchaͤtzten.</p><lb/><p>Jn dieſer Hoffnung lege ich eine Abſchrift mei-<lb/>
nes vorigen Briefes bey, weil es mir nicht moͤg-<lb/>
lich iſt meine Gemuͤths-Faſſung beſſer, als damahls<lb/>
geſchehen iſt, auszudruͤcken. Jch bitte Sie gehor-<lb/>ſamſt, den Jnhalt deſſelben ſo viel als Jhnen moͤg-<lb/>
lich iſt zu unterſtuͤtzen.</p><lb/><p>Jetzund iſt es noch in meiner Gewalt das zu hal-<lb/>
ten, was ich in dem Briefe verſpreche: es wuͤrde<lb/>
mich ſehr bekuͤmmern, wenn man mich in ſolche<lb/>
Umſtaͤnde ſtuͤrtzte, die meine Ausſoͤhnung ohnmoͤg-<lb/>
lich machten.</p><lb/><p>Wenn es mir erlaubet waͤre an Sie zu ſchreiben<lb/>
und ich Hoffnung haͤtte, daß Sie mir antworten<lb/>
wuͤrden: ſo ſollte es mir nicht ſchwer ſeyn, Sie<lb/>
zu uͤberzeugen, daß ich nicht vorſaͤtzlich geſuͤndiget<lb/>
habe, ob gleich ein ſtrenger und liebloſer Richter<lb/>
mir den Mangel der Ueberlegung wuͤrde zuſchreiben<lb/>
koͤnnen. Sie zum wenigſten wuͤrden Mitleid mit<lb/>
mir haben, wenn Sie alles wuͤſten, was ich ſagen<lb/>
koͤnnte, und wie ſehr es mir zu Hertzen gehe, daß<lb/>
ich die Werthachtung aller meiner Freunde ver-<lb/>ſchertzet habe.</p><fwplace="bottom"type="catch">Jch</fw><lb/></body></floatingText></div></div></body></text></TEI>
[366/0380]
Hochgeehrteſte Frau Baſe.
Donnerſtags den 12. Aprill
Weil ich nicht ſo gluͤcklich geweſen bin eine Ant-
wort auf den Brief zu erhalten, den ich an
dem vierzehenten dieſes Monaths zu ſchreiben mir
die Freyheit nahm: ſo will ich hoffen, daß mein
Brief nicht richtig uͤberkommen ſey. Denn die-
ſes wuͤrde mir bey weiten ſo empfindlich nicht
ſeyn, als wenn ich dencken muͤßte, daß meine Frau
Baſe mich einer Antwort unwuͤrdig ſchaͤtzten.
Jn dieſer Hoffnung lege ich eine Abſchrift mei-
nes vorigen Briefes bey, weil es mir nicht moͤg-
lich iſt meine Gemuͤths-Faſſung beſſer, als damahls
geſchehen iſt, auszudruͤcken. Jch bitte Sie gehor-
ſamſt, den Jnhalt deſſelben ſo viel als Jhnen moͤg-
lich iſt zu unterſtuͤtzen.
Jetzund iſt es noch in meiner Gewalt das zu hal-
ten, was ich in dem Briefe verſpreche: es wuͤrde
mich ſehr bekuͤmmern, wenn man mich in ſolche
Umſtaͤnde ſtuͤrtzte, die meine Ausſoͤhnung ohnmoͤg-
lich machten.
Wenn es mir erlaubet waͤre an Sie zu ſchreiben
und ich Hoffnung haͤtte, daß Sie mir antworten
wuͤrden: ſo ſollte es mir nicht ſchwer ſeyn, Sie
zu uͤberzeugen, daß ich nicht vorſaͤtzlich geſuͤndiget
habe, ob gleich ein ſtrenger und liebloſer Richter
mir den Mangel der Ueberlegung wuͤrde zuſchreiben
koͤnnen. Sie zum wenigſten wuͤrden Mitleid mit
mir haben, wenn Sie alles wuͤſten, was ich ſagen
koͤnnte, und wie ſehr es mir zu Hertzen gehe, daß
ich die Werthachtung aller meiner Freunde ver-
ſchertzet habe.
Jch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/380>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.